Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Anwendung von Art. 5 § 3 KindUG auf nach dem 1.7.1998 errichtete Titel
Normenkette
KindUG Art. 5 § 3
Verfahrensgang
AG Mannheim (Aktenzeichen 30 FH 7/01) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG – FamG – Mannheim v. 20.6.2001 abgeändert und folgendermaßen neu gefasst:
Das Urteil des AG M. v. 24.5.2000 – Az. … – wird gem. Art. 4 § 2 Unterhaltstitelanpassungsgesetz, § 655 ZPO dahin abgeändert, dass mit Wirkung v. 1.3.2001 der Abzug anteiligen Kindergeldes von 135 DM entfällt.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Beschwerdewert: bis 1.800 DM
Gründe
Der Antragsgegner wurde durch Urteil des AG M. v. 24.5.2000 – Az.: … – verurteilt, an die Antragstellerin, seine 1989 geborene Tochter, „den Mindestunterhalt i.H.v. 431 DM monatlich, abzgl. anteiliges Kindergeld i.H.v. 135 DM ab dem 1.6.2000 zu zahlen”.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG antragsgemäß dieses Urteil sowohl gem. Art. 5 § 3 KindUG als auch nach Art. 4 § 2 Unterhaltstitelanpassungsgesetz i.V.m. § 655 ZPO abgeändert und bestimmt, dass der Antragsgegner zu zahlen habe:
„ab 1.3.2001 100 % des jeweiligen Regelbetrages der zweiten Altersstufe nach § 1 RegelbetragsVO
ab 1.8.2001 100 % des jeweiligen Regelbetrages der dritten Altersstufe nach § 1 RegelbetragsVO
Auf den Unterhalt ist das hälftige Kindergeld für ein erstes Kind anzurechnen, soweit dieses zusammen mit dem Unterhalt 135 % des Regelbetrags der jeweiligen Altersstufe übersteigt.”
Die Begründung lautet:
„Nach § 1612b Abs. 5 BGB n.F. unterbleibt eine teilweise oder ganze Anrechnung des Kindergeldes, soweit der Unterhaltspflichtige außerstande ist, Unterhalt i.H.v. 135 % des Regelbetrags nach der Regelbetrag-VO zu leisten.
Somit ist in den Altersstufen derzeit wie folgt Unterhalt zu zahlen:
|
2. Altersstufe ab |
3. Alterstufe ab |
Datum: |
1.3.2001 |
1.8.2001 |
100 % des Regelbetrags nach § 1 RegelbetragsVO |
431,00 DM |
510,00 DM |
Anzurechnender Kindergeldanteil |
0,00 DM |
0,00 DM |
Neuer Unterhalt |
431,00 DM |
510,00 DM” |
Mit seiner sofortigen Beschwerde wendet sich der Antragsgegner hiergegen. Er sei am 24.5.2000 vom AG A. zur Zahlung von 296 DM aufgrund seines Einkommens verurteilt worden, dieses habe sich seit dieser Zeit nicht erhöht; gleichwohl solle er jetzt monatlich 214 DM mehr zahlen.
Das Rechtsmittel hat insoweit Erfolg, als mit dem angefochtenen Beschluss dem Antragsgegner aufgegeben wurde, nunmehr 100 % des jeweiligen Regelbetrages zu zahlen. Insofern hat es dabei zu verbleiben, dass der Antragsgegner nur verurteilt ist, 431 DM monatlich zu zahlen und nicht, wie in dem angefochtenen Beschluss inbegriffen, ab 1.7.2001 444 DM bzw. den jeweiligen noch höheren zukünftigen Regelbetrag. Soweit der Antragsgegner sich dagegen wendet, dass Kindergeld nicht mehr angerechnet wird, hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.
1. Gemäß Art. 5 § 3 des KindUG können Urteile, Beschlüsse und andere Schuldtitel i.S.d. § 794 ZPO, in denen Unterhaltsleistungen für ein minderjähriges Kind nach dem vor dem 1.7.1998 geltenden Recht zuerkannt, festgesetzt oder übernommen sind (vor dem 1.7.1998 erwirkte Titel vgl. Schumacher/Grün, FamRZ 1998, 778 [796]), auf Antrag für die Zeit nach der Antragstellung in einem vereinfachten Verfahren durch Beschluss dahin abgeändert werden, dass die Unterhaltsrente als vom Hundertsatz des jeweiligen Regelbetrags der jeweiligen Altersstufe festgesetzt wird. Das Urteil des AG M. v. 24.5.2000 unterfällt nicht dieser Bestimmung. Denn in ihm sind nicht Unterhaltsleistungen für ein minderjähriges Kind nach dem vor dem 1.7.1998 geltenden Recht festgesetzt worden. Dies ergibt sich schon daraus, dass das Urteil auf die mündliche Verhandlung v. 24.5.2000 ergangen ist und deshalb das nach dem 1.7.1998 geltende materielle Recht anzuwenden war, im Zweifel auch angewendet wurde. Nach dem ab dem 1.7.1998 geltenden materiellen Recht hätte die Antragstellerin – bzw. ihre Mutter als Prozessstandschafterin – von vornherein Unterhalt als vom Hundertsatz eines oder des jeweiligen Regelbetrages nach der RegelbetragsVO verlangen können (§ 1612a Abs. 1 BGB). Wenn dies seinerzeit nicht geschehen ist, kann dies nicht in dem Verfahren nach Art. 5 § 3 KindUG nachgeholt werden, weil hierfür im Gegensatz zu Unterhaltstiteln, die nach dem vor dem 1.7.1998 geltenden Recht errichtet worden sind, kein Bedürfnis besteht.
Hatte bis zum 30.6.1999 ein minderjähriges Kind einen (nur) auf einen Festbetrag lautenden Unterhaltstitel, konnte dieser in einem vereinfachten Verfahren (frühere §§ 641e bis t ZPO) nach den jeweiligen Anpassungsverordnungen abgeändert werden, so dass dieses Kind einen Titel hatte, der in ähnlicher Weise dynamisch war, wie ein nunmehr auf § 1612a BGB beruhender. Da §§ 641 Abs. 1 ff. ZPO aufgehoben sind, kann die Antragstellerin ihren auf einen Festbetrag lautenden Unterhaltstitel nicht mehr in dem dort geregelt gewesenen vereinfachten Verfahren anpassen l...