Leitsatz (amtlich)
1. Der Wohnungseigentümer kann grundsätzlich auch einen Beschluss anfechten, dem er in der Eigentümerversammlung selbst zugestimmt hat.
2. Zu den Anforderungen an die Aufgliederung der Kostenposition „Hausmeister/Putzhilfe” in der Jahresabrechnung und im Wirtschaftsplan.
Normenkette
WEG § 23 Abs. 4, § 28 Abs. 1, 3, § 43 Abs. 1 Nr. 4
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Aktenzeichen 11 T 563/00) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des LG Karlsruhe vom 8.1.2002 – 11 T 563/00 – wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen und dem Antragsteller die ihm im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert wird für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde auf 4.600 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten sind Miteigentümer der Wohnungseigentumsanlage B. in Karlsruhe. Der Antragsteller ist Eigentümer der Wohnung Nr. 47. Die Antragsgegner sind die übrigen Wohnungseigentümer.
In der Eigentümerversammlung vom 24.5.2000 wurden u.a. folgende Beschlüsse gefasst:
TOP 4: Abrechnung und Rechnungslegung für das Wirtschaftsjahr 1998/99
TOP 5: Beschluss über den Wirtschaftsplan 1999/2000.
Die Rechnungslegung für das Wirtschaftsjahr wurde mehrheitlich, gegen die Stimmen des Antragstellers, gebilligt. Der Wirtschaftsplan 1999/2000 wurde einstimmig beschlossen.
Der Antragsteller hat die Beschlüsse der Eigentümerversammlung zu TOP 4 bis 7 angefochten. Er beanstandet hinsichtlich der TOP 4 und 5 jeweils die Abrechnungs – bzw. Kostenposition „Hausmeister/Putzhilfe”. Unter dieser Position waren in der Abrechnung für 1998/99 21.931,35 DM ausgewiesen, im Vorschlag für den Wirtschaftsplan 1999/2000 23.500 DM. Der Antragsteller meint, die in diese Position eingestellten Kosten müssten weiter aufgegliedert werden. Es müsse ersichtlich sein, welche Personen Bezüge in welcher Höhe erhielten.
Das AG hat den Antrag in vollem Umfang zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das LG die Beschlüsse zu TOP 4 und 5 hinsichtlich der Abrechnungs- bzw. Kostenposition „Hausmeister/Putzhilfen” für ungültig erklärt. Im Übrigen wurde das Rechtsmittel des Antragstellers zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wenden sich die Antragsgegner mit der sofortigen weiteren Beschwerde.
II. Das Rechtsmittel ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
1. Zu Recht hat das LG ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers auch hinsichtlich der Anfechtung des Beschlusses zu TOP 5 bejaht. Das Rechtsschutzbedürfnis besteht grundsätzlich auch für den Eigentümer, der dem angefochtenen Beschluss zugestimmt hat (BayObLG v. 10.3.1994 – 2Z BR 136/93, ZMR 1994, 279 [280]; v. 10.1.1997 – 2Z BR 35/96, BayObLGReport 1997, 25 [26] = NJW-RR 1997, 715 [717]; OLG Hamm v. 24.3.1997 – 15 W 314/96, OLGReport Hamm 1997, 970 = NJW-RR 1997, 970; Staudinger/Wenzel, Vorbem. zu §§ 43 ff. WEG Rz. 64; Merle in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl., § 43 Rz. 102, jew. m.w.N.). Denn das Anfechtungsrecht dient nicht allein dem persönlichen Interesse des anfechtenden Wohnungseigentümers oder dem Minderheitenschutz, sondern auch dem Interesse der Gemeinschaft an einer ordnungsgemäßen Verwaltung.
Eine Anfechtungsbefugnis des Wohnungseigentümers besteht allerdings nicht, wenn die Gültigkeit des Beschlusses nur wegen eines Verfahrensmangels in Frage gestellt wird und der Antragsteller dem Beschluss zugestimmt hatte, obwohl ihm der Verfahrensmangel schon in der Versammlung bekannt war. Ficht der Wohnungseigentümer in einem solchen Fall den Beschluss an, setzt er sich mit seinem früheren Verhalten in Widerspruch. Die Geltendmachung des Anfechtungsrechts ist dann als rechtsmissbräuchlich und damit als unzulässig anzusehen (BayObLG v. 2.4.1992 – 2Z BR 4/92, BayObLGZ 1992, 79 [83] = BayObLGReport 1993, 2; v. 7.4.1988 – BReg. 2 Z 156/87, NJW-RR 1988, 1168; OLG Düsseldorf DWE 1989, 28).
Um einen solchen Fall des Rechtsmissbrauchs handelte es sich auch in dem der Entscheidung des OLG Köln vom 27.1.1992 (OLG Köln DWE 1992, 165) zugrundeliegenden Sachverhalt, weswegen eine Vorlage der weiteren Beschwerde gem. § 28 Abs. 2 FGG an den BGH nicht geboten ist. In dem vom OLG Köln entschiedenen Fall ging es um die Frage, ob sich die Anzahl der Stimmen in der Wohnungseigentümerversammlung dadurch geändert hatte, dass durch eine Neuaufteilung aus ursprünglich drei von sieben Wohnungseigentumseinheiten vier solcher Einheiten entstanden waren. Die dortigen Antragsteller, Eigentümer der vier neuen Miteigentumsanteile, die für sich nicht nur drei, sondern vier Stimmrechte beanspruchten, hatten in einer nach der Neuaufteilung stattfindenden Eigentümerversammlung der Beschlussfassung in einigen Fällen zugestimmt, in anderen dagegen nicht. Trotzdem hatten sie sämtliche Beschlüsse angefochten. Da die Anfechtung – soweit aus dem in der Veröffentlichung der Entscheidung mitgeteilt...