Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostentragungspflicht bei Klagerücknahme wegen Unzulässigkeit infolge erst nach Einreichung aber noch vor Zustellung der Klage erfolgter Eröffnung des Insolvenzverfahrens; beschränkte Erbenhaftung
Leitsatz (amtlich)
1. Wird eine gegen den Erben gerichtete Klage erst nach Einreichung aber noch vor Zustellung der Klage dadurch unzulässig, dass über den Nachlass des Erblassers das Insolvenzverfahren eröffnet wird, so hat der Erbe die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, wenn er den Kläger nach Ankündigung der Klageerhebung nicht darüber informiert hat, dass und wann er bereits Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat.
2. In einem solchen Fall handelt es sich bei den Prozesskosten nicht um Nachlassverbindlichkeiten, sondern um eigene Verbindlichkeiten des Erben.
3. Bei streitiger Entscheidung nach § 269 Abs. 3 ZPO geht die Kostenvergünstigung nach KV 1211 Nr. 1 verloren.
Normenkette
ZPO § 269 Abs. 3 S. 3, § 780 Abs. 1; InsO § 87; BGB § 1967 Abs. 2, § 1975; KV 1211 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Offenburg (Beschluss vom 31.07.2006; Aktenzeichen 2 O 95/06) |
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des LG Offenburg vom 31.7.2006 - 2 O 95/06 - wird zurückgewiesen, soweit ihr nicht bereits durch Beschluss des LG vom 14.9.2006 abgeholfen worden ist.
Die Beklagten tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Beschwerdewert wird auf 4.264 EUR festgesetzt.
Gründe
I.1. Die beiden Beklagten sind die Alleinerben ihres am 3.8.2004 verstorbenen Vaters, der sich am 26.9.2001 ggü. der klagenden Bank für Verbindlichkeiten einer von ihm geführten GmbH - über deren Vermögen durch Beschluss des AG Offenburg vom 30.12.2005 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde - bis zum Betrag von 82.000 DM (= 41.925,35 EUR) selbstschuldnerisch verbürgt hatte. Nachdem die Klägerin die Beklagten unter dem 10.11.2005 und dem 5.12.2005 zur Zahlung des Bürgschaftsbetrags bis zum 30.11. bzw. 20.12.2005 aufgefordert hatte, haben diese mit Anwaltsschreiben vom 29.12.2005 die beschränkte Erbenhaftung geltend gemacht und erklärt, dass Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den bei Berücksichtigung der klägerischen Forderung überschuldeten Nachlass gestellt werde, falls die Klägerin auf ihrer Forderung bestehe. Daraufhin hat die Klägerin mit Schreiben vom 30.12.2005 mitgeteilt, dass sie an ihrer Forderung festhalte und dass die Klage erhoben werde, wenn der Bürgschaftsbetrag nicht bis zum 10.1.2006 bezahlt worden sei. Mit Anwaltsschreiben vom 30.1.2006 hat die Klägerin dem Anwalt der Beklagten angekündigt, dass die Forderung durch gerichtlichen Mahnbescheid weiterbetrieben werde.
2. Mit am 8.3.2006 beim LG eingegangenem Anwaltsschriftsatz vom 7.3.2006 hat die Klägerin gegen die Beklagten Klage auf Zahlung von 40.903,35 EUR nebst Zinsen erhoben. Die Klageschrift wurde den Beklagten jeweils am 15.3.2006 zugestellt. Bereits zuvor, mit Beschluss vom 9.3.2006, hatte das AG Offenburg auf Antrag der Beklagten vom 10.1.2006 das Insolvenzverfahren über den Nachlass des Erblassers eröffnet. Aus diesem Grunde hat die Klägerin die Klage mit Schriftsatz vom 13.4.2006 zurückgenommen und zugleich beantragt, die Kosten des Rechtsstreits den Beklagten aufzuerlegen (§ 269 Abs. 4, Abs. 3 S. 3 ZPO). Die Beklagten haben demgegenüber die Auffassung vertreten, keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben zu haben, und beantragt, die Kosten der Klägerin aufzuerlegen.
3. Durch Beschluss vom 31.7.2006, der den Beklagten am 2.8.2006 zugestellt wurde, hat das LG die Kosten des Rechtsstreits den Beklagten auferlegt. Dagegen richtet sich die am selben Tag als Fax-Schreiben beim LG eingegangene sofortige Beschwerde der Beklagten vom 16.8.2006. Mit Beschluss vom 14.9.2006 hat das LG der sofortigen Beschwerde lediglich dahingehend teilweise abgeholfen, dass den Beklagten als Erben die Beschränkung ihrer Haftung bzgl. der bis zum 3.8.2004 entstandenen Verfahrenskosten auf den Nachlass des an diesem Tage verstorbenen Erblassers vorbehalten wird.
II. Das statthafte (§§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 269 Abs. 5 ZPO) und auch sonst zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg: Das LG hat richtig entschieden.
1. Gemäß § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO bestimmt sich die Kostentragungspflicht dann, wenn der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen ist und die Klage daraufhin zurückgenommen wird, unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen. Danach sind die Kosten in der Regel dem Beklagten aufzuerlegen, wenn die bei Einreichung der Klage noch bestehende Erfolgsaussicht vor Zustellung weggefallen ist und der Beklagte die Klageerhebung provoziert hatte. Dies ist insb. dann der Fall, wenn er sich im Verzug befand (allgemeine Meinung in Rechtsprechung und Literatur, etwa OLG München v. 10.12.2004 - 19 W 2836/04, OLGReport München 2005, 57 f., 58; Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl. 2005, § 269 Rz. 16; Musielak/Foerste, ZPO, 4. Aufl. 2005, § 269 Rz. 13).
2. Danach entspricht es - wie das LG zu Recht ausgeführt ha...