Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer Gerichtsstandsbestimmung wegen Streitgenossenschaft (§ 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO) ergibt sich das "im Rechtszug zunächst höhere Gericht" (§ 36 Abs. 1 S. 1 ZPO) allein aus den allgemeinen Gerichtsständen der Streitgenossen; dies gilt auch dann, wenn in der Hauptsache eine Klage bei einem anderen Gericht anhängig gemacht worden ist, bei dem keiner der Streitgenossen seinen allgemeinen Gerichtsstand hat.
2. Richtet sich in einem derartigen Fall die Zuständigkeit im Bestimmungsverfahren nach § 36 Abs. 2 ZPO (hypothetische BGH-Zuständigkeit), so kann auch das "zuerst mit der Sache befasste Gericht" (§ 36 Abs. 2 ZPO) nur ein solches Gericht sein, bei dem einer der Streitgenossen seinen allgemeinen Gerichtsstand hat.
3. Ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand steht einer Gerichtsstandsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO dann nicht entgegen, wenn das als zuständig in Betracht kommende Gericht, das mit der Sache schon befasst war, eine andere Auffassung zur Frage der Zuständigkeit vertritt; die Rechtsauffassung dieses Gerichts ist im Verfahren gem. § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO nicht zu überprüfen (Bestätigung von OLG Karlsruhe v. 20.5.2003 - 15 AR 10/03, OLGReport Karlsruhe 2004, 257).
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Beschluss vom 29.12.2004; Aktenzeichen 1 O 2/05) |
Tenor
Als zuständiges Gericht für die beabsichtigte Klage des Antragstellers gem. Schriftsatz vom 29.12.2004 im Verfahren des LG Wuppertal - 1 O 2/05 - wird das LG Bielefeld bestimmt.
Gründe
I. Der Antragsteller hat beim LG Wuppertal - 1 O 2/05 - Prozesskostenhilfe beantragt für eine beabsichtigte Klage, mit der er die Antragsgegner auf Schadensersatz in Anspruch nehmen möchte. Die Antragsgegnerin Ziff. 1 hat im Prozesskostenhilfeverfahren die örtliche Zuständigkeit des LG Wuppertal gerügt. Das LG Wuppertal hat über die Prozesskostenhilfe noch nicht entschieden. Mit Verfügung vom 13.6.2005 hat das LG Wuppertal seine Rechtsauffassung zur örtlichen Zuständigkeit in einem Aktenvermerk wie folgt festgehalten: Die Kammer sieht ihre örtliche Zuständigkeit bezüglich der gegen die Beklagte zu 1) gerichteten bzw. beabsichtigten Klage aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegeben. Auf die Ausführungen des Senats (des OLG Düsseldorf) im Beschl. v. 11.5.2005 (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.5.2005 - I-5 Sa 24/05) wird insofern Bezug genommen.
Der Antragsteller bittet mit seinen Schriftsätzen vom 7.7.2005 (Beiakte, AS. 353) und vom 8.8.2005 (Beiakte, AS. 368) das OLG Karlsruhe, um Bestimmung eines für die beabsichtigte Klage gegen beide Antragsgegner gemeinsam zuständigen Gerichts. Der Antragsteller stellt diesen Antrag im Hinblick auf mehrere rechtliche Hinweise des LG Wuppertal und des - zwischenzeitlich mit der Sache befassten - OLG Düsseldorf. Der Antragsteller meint jedoch in rechtlicher Hinsicht, dass an sich das LG Wuppertal für das Verfahren gegen beide Antragsgegner zuständig sei gem. § 29 Abs. 1 ZPO (Gerichtsstand des Erfüllungsorts).
Die Antragsgegnerin Ziff. 1 hält das LG Wuppertal für örtlich unzuständig, soweit sie selbst betroffen ist. Die Antragsgegnerin Ziff. 1 meint, es komme nur das LG Bielefeld, in dessen Bezirk sie ihren Sitz habe, als zuständiges Gericht in Betracht. Die Antragsgegnerin Ziff. 2 vertritt die Auffassung, das LG Wuppertal sei für die Klage gegen beide Antragsgegner zuständig. Für den Fall, dass der Senat sich dieser Auffassung nicht anschließen sollte, bittet die Antragsgegnerin Ziff. 2 aus Gründen der Prozessökonomie um eine Bestimmung des LG Bielefeld als örtlich zuständiges Gericht.
II. Gemäß § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO war das LG Bielefeld als örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen.
1. Das OLG Karlsruhe ist für die Entscheidung im Bestimmungsverfahren zuständig gem. § 36 Abs. 2 ZPO.
a) Die Zuständigkeit des "im Rechtszuge zunächst höheren Gerichts" in § 36 Abs. 1 ZPO knüpft bei einer Gerichtsstandsbestimmung bei Streitgenossenschaft (§ 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO) an die allgemeinen Gerichtsstände der Streitgenossen auf Beklagtenseite an. Das heißt: Es ist zu untersuchen, wo die Antragsgegner, die vom Antragsteller mit einer Klage in Anspruch genommen werden sollen, ihren allgemeinen Gerichtsstand haben. Für diese (verschiedenen) Gerichte des allgemeinen Gerichtsstands der Antragsgegner ist sodann das "im Rechtszug zunächst höhere Gericht" als bestimmendes Gericht festzustellen. Hat der Antragsteller - wie es der Gesetzesformulierung in § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO entspricht - noch keine Klage anhängig gemacht, ergibt sich die dargelegte Bestimmung des "im Rechtszuge zunächst höheren Gerichts" unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut: Wenn noch kein Rechtsstreit anhängig ist, kann sich das "im Rechtszuge zunächst höhere Gericht" im Rahmen von § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO nur auf die "verschiedenen Gerichte" beziehen, bei denen die Antragsgegner ihren allgemeinen Gerichtsstand haben.
§ 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO wird allerdings analog auch in solchen Fällen angewandt, in denen der Antragsteller bereits bei einem Gericht eine Klage (ode...