rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Duldung der Nutzung einer Einheit als Büro- und Wohnraum
Leitsatz (amtlich)
1. Eine mit dem Wortlaut der Teilungserklärung nicht übereinstimmende Nutzung des Sondereigentums ist zulässig, sofern durch sie kein anderer Wohnungseigentümer mehr gestört oder beeinträchtigt wird als durch eine Nutzung entsprechend der Zweckbestimmung.
2. Es kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass die Wohnnutzung einer in der Teilungserklärung als Ausstellungsraum beschriebenen Teileigentumseinheit für die übrigen Wohneigentümer belastender – weil intensiver – als eine zweckentsprechende Nutzung ist.
Normenkette
WEG §§ 8, 15; BGB § 1004
Tatbestand
I.
Die Beteiligten zu 2–7 bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Beteiligte zu 1 ist die frühere Eigentümerin der Teileigentumseinheit Nr. 6, der Beteiligte zu 2 der jetzige Sondereigentümer. Auf dem Grundstück befinden sich drei Gebäude, ein „Herrenhaus”, ein „Gesindehaus” und ein Nebengebäude. Diese drei Gebäude, die in einem Halbkreis angeordnet sind, schließen eine Hofanlage mit Springbrunnen und Begrünung ein. Im Erdgeschoss des Nebengebäudes befindet sich die dem Beteiligten zu 2 gehörende Sondereigentumseinheit Nr. 6. In der Teilungserklärung ist diese wie folgt beschrieben:
„Miteigentumsanteil von 160,4/1000, verbunden mit dem Sondereigentum an dem Ausstellungsraum Nr. 6 im Nebengebäude mit Abstellraum im Zwischengeschoss, Nebenraum im Seitenflügel des Gesindehauses, Toilettenräumen, ferner Heizungsraum und Nebenraum im Erdgeschoss des Gesindehauses.”
Die Einheit Nr. 6 wurde vom teilenden Eigentümer, der dem Hobby der Malerei nachging, als Bildergalerie zu Ausstellungszwecken genutzt. Der Beteiligte zu 2, der die Einheit von der Beteiligten zu 1 erwarb, möchte sie zu Wohnzwecken nutzen.
In der Versammlung vom 05.05.1999 lehnte es die Wohnungseigentümergemeinschaft mit Mehrheit ab, einer solchen Nutzungsänderung zuzustimmen. Hiergegen wandte sich zunächst die Beteiligte zu 1 als frühere Eigentümerin, später auch der Beteiligte zu 2 als Erwerber der Teileigentumseinheit Nr. 6 mit einem Antrag auf Beschlussanfechtung, der vor dem Amtsgericht ohne Erfolg geblieben ist. Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts haben die Beteiligten zu 1 und 2 sofortige Beschwerde geführt, wobei der Beteiligte zu 2 im Beschwerdeverfahren zusätzlich beantragt hat, die Antragsgegner zu verpflichten, die Nutzung der Teileigentumseinheit Nr. 6 als Büro- u./o. Wohnraum zuzulassen. Die sofortigen Beschwerden sind – auch was die Antragserweiterung angeht – vom Landgericht zurückgewiesen worden. Mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt der Beteiligte zu 2 weiterhin seine Anträge auf Beschlussanfechtung und Duldung der Nutzung als Büro- und Wohnraum.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige weitere Beschwerde ist unbegründet, soweit der Beteiligte zu 2 den Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft anficht. Im übrigen führt das Rechtsmittel zur – teilweisen – Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
1. Die Ablehnung der Genehmigung der beabsichtigten Nutzungsänderung für die Teileigentumseinheit Nr. 6 durch die Mehrheit der Wohnungseigentümer stellt einen sogenannten Negativbeschluss dar, der nicht anfechtbar ist; denn durch seine Ungültigerklärung käme der vom Beschwerdeführer erstrebte positive Beschluss nicht zustande (BayObLGZ 1974, 172, 175; OLG Zweibrücken ZMR 1999, 429). Soweit sich die weitere Beschwerde gegen die Beschlussfassung der Wohnungseigentümer richtet, muss ihr deshalb der Erfolg versagt bleiben.
2. Rechtlich zulässig ist hingegen der Antrag des Beschwerdeführers gegen die übrigen Wohnungseigentümer auf Duldung der von ihm beabsichtigten Wohnnutzung der Teileigentumseinheit Nr. 6. Auch in der Sache hat dieser Antrag (vorläufigen) Erfolg.
a) Der näheren Bezeichnung eines Teileigentums in der Teilungserklärung (hier als Ausstellungsraum mit Nebenräumen) kommt die gleiche Bedeutung wie einer Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter im Sinne von § 15 Abs. 1 WEG zu (BGHZ 73, 145, 147). Das Teileigentum darf grundsätzlich zu keinem anderen Zweck genutzt werden. Zulässig ist jedoch eine mit dem Wortlaut nicht übereinstimmende Nutzung, sofern durch sie kein anderer Wohnungseigentümer mehr gestört oder beeinträchtigt wird als durch eine Nutzung entsprechend der Zweckbestimmung (BayObLG WuM 1991, 707; Der Wohnungseigentümer 1994, 153).
b) Art und Maß der zulässigen, von der eigentlichen Zweckbestimmung abweichenden Nutzung können folglich nur bestimmt werden, wenn die bei bestimmungsgemäßer Nutzung denkbaren Störungen und Beeinträchtigungen als Vergleichsmaßstab feststehen. Dies wiederum setzt die Ermittlung der von der Teilungserklärung gedeckten Verwendung des Sondereigentums und der damit für die übrigen Wohnungseigentümer verbundenen Belastungen voraus. Ausgangspunkt der Überlegungen muss dabei die Auslegung der Teilungserklärung sein.
c) Das Landgericht hat angeno...