Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsanwaltsvergütung: Erstattung einer Einigungsgebühr bei Mitwirkung an einer außergerichtlichen Vereinbarung des im Ehescheidungsverfahren im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Anwalts
Leitsatz (amtlich)
Wenn der im Scheidungsverfahren im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Anwalt an einer rein außergerichtlichen Vereinbarung über einen nicht anhängigen Gegenstand mitwirkt, so entsteht dadurch kein Anspruch gegen die Staatskasse auf Erstattung einer Einigungsgebühr gem. Nr. 1000 RVG-VV.
Normenkette
RVG § 48 Abs. 3; VV RVG Nr. 1000
Verfahrensgang
AG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 47 F 47/05) |
Tatbestand
Für einen Antrag auf einverständliche Ehescheidung nebst Durchführung des Versorgungsausgleichs wurde dem Antragsteller mit Beschluss vom 13.4.2006 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung für den ersten Rechtszug bewilligt und RA H. beigeordnet. Weitere Folgesachen waren nicht anhängig.
Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 21.03. waren die Frage der Zerrüttung, und der Versorgungsausgleich. Außerdem wurde klargestellt, dass es bezüglich der beiden Kinder bei der gemeinsamen elterlichen Sorge bleiben solle. Gegen Ende des Protokolls findet sich noch die Erklärung der Parteien, "dass nicht beabsichtigt ist, wechselseitig Zugewinnausgleichsansprüche geltend zu machen". Von weiteren Vereinbarungen ist im Protokoll nicht die Rede. Den Gegenstandswert für das Verfahren setzte das Gericht auf 7.850 EUR (Ehescheidung 5.850 EUR +Versorgungsausgleich 2.000 EUR) fest.
Nachdem das FamG mit Urteil vom 21.3.2006 die Ehe geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt hat, beantragte der Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 27.3.2006, im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe seine Gebühren und Auslagen gegen die Staatskasse auf der Grundlage des Streitwerts von 7.850 EUR i.H.v. 701,80 EUR festzusetzen. Dem wurde mit Auszahlungsanordnung vom selben Tag stattgegeben.
Mit Schriftsatz vom 4.4.2006 reichte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers einen geänderten Kostenfestsetzungsantrag ein, der sich nunmehr auf insgesamt 1.091,56 EUR belief. Zur Begründung trägt er vor, die Parteien hätten am 21.3.2006 eine halbe Stunde vor dem Gerichtstermin außergerichtlich eine Scheidungsfolgenvereinbarung über den Hausrat und den nachehelichen Unterhalt geschlossen, die mit 3.696 EUR zu bewerten sei und für die er nach einer neuen Entscheidung des OLG Köln ebenfalls die Gebühren, insbesondere die Einigungsgebühr gem. Nr. 1000 RVG-VV verlangen könne.
Gegen die ablehnende Verfügung des Kostenbeamten legte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers mit Schriftsatz vom 20.4.2006 Erinnerung ein, die das AG mit Beschluss vom 31.5.2006 zurückwies. Gegen diesen ihm am 2.6.2006 zugestellten Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 6.6.2006.
Entscheidungsgründe
II. Die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers ist gem. §§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 RVG zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Das AG hat zu Recht die Erinnerung gegen die ablehnende Verfügung des Anweisungsbeamten zurückgewiesen. Auch nach Auffassung des Senats ist dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers aus seiner Tätigkeit im Zusammenhang mit dem außergerichtlichen Vergleich ein Anspruch gegen die Staatskasse nicht erwachsen.
1. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erstreckte sich über die Scheidungssache hinaus kraft Gesetzes nur auf den Versorgungsausgleich (§ 624 Abs. 2 ZPO). Eine darüber hinaus gehende Bewilligung wurde nicht beantragt und nicht gewährt.
2. Ein Anspruch gegen die Staatskasse folgt auch nicht aus der Beiordnung gem. § 48 Abs. 3 RVG.
Zwar erstreckt sich nach dieser Vorschrift, die im Wesentlichen mit dem früheren § 123 Abs. 3 BRAGO übereinstimmt, die Beiordnung kraft Gesetzes auf den Abschluss eines Vergleichs ("Vertrages im Sinne der Nr. 1000 des Vergütungsverzeichnisses"), über bestimmte Gegenstände. Da zu diesen Gegenständen auch der Nachehelichenunterhalt und die Regelung des Hausrats gehören, war es grundsätzlich möglich, dass der Prozessbevollmächtigte durch die Mitwirkung an einem Vergleich hierüber einen Anspruch auf Erstattung einer Einigungsgebühr gegen die Staatskasse erwarb, obwohl die Prozesskostenhilfe als solche sich mangels ausdrücklicher Bewilligung darauf nicht erstreckte. Die gesetzliche Erstreckung der Beiordnung scheitert hier aber daran, dass der Vergleich nur außergerichtlich erfolgte und keinen Eingang in das Gerichtsverfahren fand.
a) Allerdings ist die Frage, ob eine außergerichtliche Vereinbarung genügt, um einen Anspruch des Anwalts gegen die Staatskasse auszulösen, oder ob für die Anwendung von § 48 Abs. 3 RVG bzw. § 123 Abs. 3 BRAGO eine gerichtliche Vergleichsprotokollierung nötig ist, schon lang streitig (vgl. zum früheren Meinungsstand OLG Hamburg FamRZ 1991, 469). In der letzten Zeit ist in Rechtsprechung und Literatur eher eine Tendenz dahingehend zu beobachten, außergeri...