Leitsatz (amtlich)
1. Die Notbestellung eines weiteren Vorstandsmitglieds für einen Verein ist nach § 29 BGB nicht dringend geboten, wenn ein einzelvertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied vorhanden ist. Die Regelung dient nicht dazu, in vereinsinterne Streitigkeiten einzugreifen. Sollte keine Mitgliederversammlung einberufen werden, steht den Vereinsmitgliedern ein Vorgehen nach § 37 BGB zur Verfügung.
2. Die Notbestellung ist auch im konkreten Fall nicht für die Beschlussfähigkeit der Mitgliederversammlung erforderlich, weil die Auslegung der Vereinssatzung dazu führt, dass die Anwesenheit des einzig verbliebenen Vorstandsmitglieds ausreicht.
Normenkette
BGB §§ 25-26, 29, 32, 37; FamFG §§ 23, 374 Nr. 5; ZPO §§ 240, 249
Tenor
1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 3 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Mannheim - Registergericht - vom 18. März 2024 - VR (...) - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
3. Der Geschäftswert im Beschwerdeverfahren beträgt 5.000 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1 bis 3 erstreben die gerichtliche Bestellung des Beteiligten zu 1 zum Mitglied des Vorstands des Golfclubs H. e.V.
Die Vereinssatzung enthält in § 11 eine Regelung zu der Mitgliederversammlung. Sie lautet auszugsweise:
(10) Die Mitgliederversammlung ist beschlussfähig ist, wenn mindestens zwei Vorstandsmitglieder und ein Zehntel aller stimmberechtigten Mitglieder anwesend sind. Die Beschlussfassung erfolgt mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Enthaltungen und ungültige Stimmen werden dabei nicht berücksichtigt.
(13) Sind zu einer wirksam einberufenen Versammlung weniger als ein Zehntel aller stimmberechtigten Mitglieder erschienen, so ist vom Vorstand eine zweite Mitgliederversammlung einzuberufen, die ohne Berücksichtigung der Mindestteilnehmeranzahl beschlussfähig ist. Die Einberufung hierzu kann als Eventualeinladung zugleich mit der Einberufung zur ersten Versammlung verbunden werden.
Die Vereinssatzung enthält in § 12 eine Regelung für den Vorstand. Sie lautet auszugsweise:
(1) Der Vorstand besteht aus dem Vorsitzenden (Präsidenten), dem stellvertretenden Vorsitzenden (Vizepräsident) und aus höchstens sechs weiteren Mitgliedern, von denen je ein Mitglied das Amts des Schriftführers, des Schatzmeisters, des Sportwarts, des Platzwarts, des Gesellschaftswarts und des Jugendwarts führen soll.
§ 14 regelt den Vorstand nach § 26 BGB und lautet auszugsweise:
(1) Den Vorstand im Sinne des § 26 BGB bilden der Vorsitzende (Präsident) und der stellvertretende Vorsitzende (Vizepräsident).
(2) Sie sind jeweils einzeln zur Vertretung des Clubs berechtigt.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Vereinssatzung vom 17.6.2019 Bezug genommen.
Der Vorstand des Vereins besteht derzeit nur noch aus dem Vorsitzenden, der im Jahr 2022 gewählt wurde und im Vereinsregister eingetragen ist.
Auf Antrag des Vorsitzenden bestellte das Insolvenzgericht in dem Verfahren über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Vereins im Jahr 2023 einen vorläufigen Insolvenzverwalter. Durch Beschluss des Insolvenzgerichts vom 30. Oktober 2023 - 101 IN (...) - ging die Prozessführungsbefugnis für Aktiv- und Passivprozesse des Vereins nach § 240 Abs. 2 ZPO auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über (Veröffentlichung des Beschlusses im Insolvenzregister), eine weitere Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder dessen Ablehnung ist noch nicht ergangen.
Soweit der Vorsitzende des Vereins beim Amtsgericht die gerichtliche Bestellung eines weiteren Vorstandsmitglieds beantragt hat, hat das Amtsgericht ihm mitgeteilt, es bestehe kein Grund für die Bestellung eines weiteren Vorstandsmitglieds, weil der Vorsitzende einzelvertretungsberechtigt und die einzuberufende Mitgliederversammlung weiterhin beschlussfähig sei.
Im vorliegenden Verfahren haben die Beteiligten zu 1 bis 3 die gerichtliche Bestellung des Beteiligten zu 1 zu einem weiteren Vorstandsmitglied des Vereins beantragt. Sie haben insbesondere geltend gemacht, die gerichtliche Bestellung eines Notvorstands sei unabdingbar für die Beschlussfähigkeit der Mitgliederversammlung nach § 11 Absatz 10 der Satzung.
Sie haben weiter geltend gemacht, die Bestellung eines weiteren Vorstands sei erforderlich, weil der Vorsitzende eine ordnungsgemäße Geschäftsführung des Vereins verweigere und keine ordentliche Mitgliederversammlung einberufe. Der vorläufige Insolvenzverwalter benötige Informationen, die der Vorsitzende nicht erteile.
Der Vorsitzende des Vereins habe am 29. Januar 2024 eine außerordentliche Mitgliederversammlung zur Auflösung des Vereins einberufen. Zu dieser Versammlung seien viele Mitglieder des Vereins nicht eingeladen worden. Der Beteiligten zu 2 sei die Teilnahme an der Mitgliederversammlung mit dem Hinweis verwehrt worden, sie sei kein ordentliches Vereinsmitglied mehr, obwohl sie der Auffassung sei, ordentliches Mitglied zu sein. Der Vorsitzende habe festgestellt, dass die für die Auflösung erforderliche Hälfte der stimmberechtigten ...