Entscheidungsstichwort (Thema)
Umgangsrecht für ein in einer Lebenspartnerschaft geborenes Kind nach Trennung der Partnerinnen
Leitsatz (amtlich)
Der Lebenspartnerin, die nicht die Mutter des in der Lebenspartnerschaft geborenen Kindes ist, steht ein Umgangsrecht mit dem Kind nicht unter den Voraussetzungen von § 1684 BGB, sondern nach § 1685 BGB zu.
Normenkette
BGB §§ 1684-1685
Tenor
Der Antrag der Antragstellerin auf Verfahrenskostenhilfe für den zweiten Rechtszug wird abgelehnt.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um die Voraussetzungen des Umgangsrechts einer Lebenspartnerin mit dem Kind der anderen Lebenspartnerin.
Die Antragstellerin, geb. am ... 1958, und die Antragsgegnerin, geb. am ... 1969, haben am 21.4.2005 eine Lebenspartnerschaft begründet. Aufgrund gemeinsamen Entschlusses der Lebenspartnerinnen gebar die Antragsgegnerin nach Insemination einer Samenspende eines befreundeten Mannes am 12.7.2006 das Kind Y. Der Vater hat die Vaterschaft wie zuvor verabredet nicht anerkannt. Y. wuchs in der Lebenspartnerschaft auf, bis die Lebenspartnerinnen sich am 14.7.2009 nach heftigen, teilweise körperlichen Auseinandersetzungen trennten. Die Antragstellerin hat bereits drei große Kinder.
Im vorliegenden Verfahren begehrt die Antragstellerin Umgang mit Y. wöchentlich von Freitag 13:00 Uhr bis Sonntag 18:00 Uhr.
In dem angefochtenen Beschluss vom 2.6.2010 hat das AG den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Umgangsrecht der Antragstellerin diene nicht dem Kindeswohl i.S.v. § 1685 Abs. 2 BGB. Grundsätzlich gehöre der Umgang mit einer Bezugsperson zwar zum Kindeswohl. Ein Ausschluss dürfe auch nur dann stattfinden, wenn konkrete Gefährdungsmomente festzustellen seien, weswegen vorliegend der Antragstellerin der Umgang nur dann versagt werden könne, wenn dies aus Gründen des Kindeswohls zwingend geboten sei. Dies sei vorliegend jedoch der Fall. Das Gericht habe aus eigener Wahrnehmung in zwei Anhörungsterminen sowie aufgrund des Berichts des bestellten Verfahrensbeistandes, Frau S., die Überzeugung gewonnen, dass die Antragstellerin der Meinung sei, eigentlich die Mutter des Kindes zu sein, und dass das Kind an sich ihr gehöre. Diese Äußerungen ließen die Vermutung zu, dass die Antragstellerin die Abstammung des Kindes und seine leibliche Herkunft nicht respektiere, sondern vielmehr ablehne. Eine solche Ablehnung schade dem Kind in hohem Maße. Ein Umgangsrecht sei auch deswegen nicht förderlich, weil zwischen den beteiligten Lebenspartnerinnen eine extrem angespannte Situation herrsche, die sich in verbalen und körperlichen Auseinandersetzungen äußere. Hiervon habe das Gericht sich in den beiden Terminen einen äußerst lebhaften Eindruck verschafft. Der Verfahrensbeistand habe darüber hinaus ausgeführt, die Antragstellerin habe bei einem begleiteten Umgangstermin versucht, Y. mit materiellen Angeboten und dem Erinnern an Spielsachen und Tieren zu ködern. Sie habe Y. versichert, dass er "bald wieder nach Hause" komme. Insgesamt sei bei einem derart extrem konfliktbehafteten Verhältnis der beiden Beteiligten ein Umgang des Kindes mit beiden Beteiligten gleichsam ein Gang durch ein Minenfeld, weil Y. die jeweils ablehnende Haltung des einen Beteiligten ggü. dem anderen Beteiligten kenne. Die Antragstellerin stelle den Aufenthaltsort des Kindes in Frage. Sie mache insgesamt einen Besitzanspruch an Y. geltend. Dies schade dem Wohl des Kindes sehr. So lange nicht eindeutig zu erkennen sei, dass sowohl der Aufenthalt als auch Sorgerecht des alleinsorgeberechtigten Elternteils respektiert werden, könne kein Umgang stattfinden. Dem Kindeswohl dienlich sei ein Umgang erst, wenn dem Kind klar sei, dass es sich emotional an den alleinsorgeberechtigten Elternteil gewöhnen darf und kann.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin, für die sie Verfahrenskostenhilfe beantragt.
Zur Begründung der Beschwerde führt die Antragstellerin aus, die Regelung des Umgangs habe nicht gem. § 1685 BGB, sondern gem. § 1684 BGB zu erfolgen. Denn die Antragstellerin sei für Y. Elternteil im Sinne dieser Vorschrift. Y. sei in eine Lebenspartnerschaft hinein geboren worden. Y. sei daher Kind der Lebenspartnerinnen, also auch der Antragstellerin. In § 1684 BGB könne es nicht darauf ankommen, ob die Eltern des Kindes gleichen oder verschiedenen Geschlechts seien. Wären die beteiligten Lebenspartnerinnen bei der Geburt nicht verpartnert, sondern verheiratet gewesen, wäre die Antragstellerin automatisch rechtlich Elternteil von Y. geworden. Dies müsse auch im Fall der Lebenspartnerschaft gelten. Der biologische Vater spiele im Leben Y. s keine Rolle. Y. habe stattdessen eine Mami und eine Mama. Als solche seien die Beteiligten eine Familie gewesen. Diese gelebte Familie stehe gem. Art. 6 GG unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes. AG und Verfahrensbeistand hätten insoweit die Realität gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften verkannt. Es komme nicht darauf an, dass Y. möglichst seine lei...