Leitsatz (amtlich)

1. Schwierige Rechtsfragen zur Risikoaufklärungspflicht einer Finanzierungsbank (hier: in sog. Schrottimmobilien-Fällen), die in vertretbarer Weise auch anders beantwortet werden können, dürfen im Prozesskostenhilfeverfahren nicht unter Vorwegnahme des Hauptsacheverfahrens abschließend entschieden werden.

2. Die Angabe des Vermittlers im sog. Besuchsbericht betreffend die "Vorauszahlung auf die Mietpoolausschüttung von zzt." ist aus der maßgeblichen Sicht der Anleger dahin auszulegen, dass ihnen eine entsprechende Nettozahlung aus dem Mietpool versprochen wird, die sie auf der Einnahmenseite der Renditerechnung ungekürzt einstellen dürfen.

3. Auf der Grundlage des vom BGH bei kreditfinanzierten Anlagenmodellen entwickelten und in ständiger Rechtsprechung vertretenen Haftungskonzepts nach Pflichtenkreisen (Trennungstheorie), das nur ganz ausnahmsweise eine Pflicht der finanzierenden Bank zur Risikoaufklärung anerkennt, liegen die subjektiven Verjährungsvoraussetzungen gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB bei einer in Rede stehenden Aufklärungshaftung des Finanzierungsinstituts aus einem Wissensvorsprung über eine arglistige Täuschung erst vor, wenn die geschädigten Anleger seinerzeit nicht nur die tatsächlichen Umstände gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt haben, aus denen sich ergab, dass sie im Zusammenhang mit dem Anlagegeschäft arglistig getäuscht worden waren, sondern auch zusätzlich noch die Umstände, die den Schluss auf einen insoweit bestehenden Wissensvorsprung der in Anspruch genommenen Bausparkasse zuließen.

4. Die für den Lauf der Verjährungsfrist maßgebliche Kenntnis der Anleger kann daher grundsätzlich nicht vor Ende des Jahres 2004 angesetzt werden, als sie von den maßgebenden Umständen (Wissensvorsprung der Kreditgeberin) im Zusammenhang mit dem von dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen in Auftrag gegebene Gutachten vom 27.11.2001 (BAFin-Bericht) erfahren haben. Die Anleger mussten zuvor nicht in Erwägung ziehen, ein maßgeblicher Organvertreter einer Bausparkasse könnte von planmäßig überhöhten Mietpoolausschüttungen im Zeitpunkt des Abschlusses der Finanzierungsverträge Kenntnis gehabt oder an einem betrügerischen Mietpoolkonzept mitgewirkt haben.

 

Normenkette

ZPO § 114 S. 1; BGB §§ 133, 157, 195, 199 Abs. 1 Nr. 2; EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Beschluss vom 23.04.2008; Aktenzeichen 10 O 550/07)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des LG Karlsruhe vom 23.4.2008 - 10 O 550/07 - aufgehoben.

2. Das Verfahren wird an das LG zur erneuten Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag des Antragstellers zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller verlangt von der Antragsgegnerin (Bausparkasse) aus eigenem und abgetretenem Recht seiner geschiedenen Ehefrau im Wege des Schadensersatzes wegen vorvertraglicher Pflichtverletzungen die Rückabwicklung eines kreditfinanzierten Kaufs einer zu vermietenden Eigentumswohnung.

Der Antragsteller, ein damals 31-jähriger Krankenpfleger, und seine damalige Ehefrau, seinerzeit 26 Jahre alt und von Beruf Krankenschwester, wurden im November 1998 von einem Vertriebsmitarbeiter der Fa. O. Vermögensberatung GmbH, die für die H & B GmbH (künftig H&B) tätig war, geworben, zwecks Steuerersparnis ohne Eigenkapital eine Eigentumswohnung in O., B. Weg 1-7a, zu erwerben. Die H&B vertrieb seit dem Jahre 1990 in großem Umfang von der Antragsgegnerin finanzierte Anlageobjekte. Nach mehreren Gesprächsterminen unterschrieben die Eheleute am 3.12.1998 neben einem Besuchsbericht (Anlage K 22) und neben Immobilien- sowie Finanzvermittlungsverträgen einen Antrag auf Abschluss eines Vorausdarlehens und eine Vollmacht zum Abschluss von zwei Bausparverträgen bei der Antragsgegnerin über 94.000 und 93.000 DM (Anlage K 17). Die Anleger erklärten ebenfalls am 3.12.1998 ihren Beitritt zu der für die Eigentumswohnung bestehenden Mietpoolgemeinschaft, die von der zur H & B Firmengruppe gehörenden Fa. HMG Haus-, Mieten- und Grundstücksverwaltungs-GmbH (künftig HMG) geführt wurde (Anlage K 28). In dem Besuchsbericht vom gleichen Tage war zur Berechnung des monatlichen Aufwands für Zins und Tilgung die "Vorauszahlung auf die Mietpoolausschüttung von z. Zt." mit 468 DM ausgewiesen. Dabei handelt es sich um die in der Beispielberechnung vom 1.12.1998 sog. "Mieteinnahme" (Anlage K 24). Mit notarieller Urkunde vom 7.12.1998 (Anlage K 12) boten die Eheleute der Verkäuferin U. B. GmbH & Co. KG, L., den Abschluss eines Kaufvertrages bezüglich einer 41,32 qm großen bis März/Mai 1999 zu errichtenden Eigentumswohnung zu einem Kaufpreis von 158.688 DM an. Gemäß notarieller Urkunde vom 22.12.1998 nahm die Verkäuferin das Angebot an (Anlage K 13).

Zur Finanzierung des Kaufpreises und sämtlicher Erwerbsnebenkosten (Gesamtaufwand) schlossen der Antragsteller und seine Ehefrau am 22.12./23.12.1998 einen Vertrag über ein Vorausdarlehen im Nennbetrag von 187.000 DM mit der L. Baden-Württemberg, vertreten durch die Antr...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge