Leitsatz (amtlich)

1. Holt ein Haftpflichtversicherer vorgerichtlich ein Gutachten ein, um die Haftungsfrage zu klären, so sind die dadurch entstehenden Kosten nicht ohne Weiteres (erstattungsfähige) Prozesskosten im späteren Haftpflichtprozess des Versicherungsnehmers. Bedenken bestehen insb. dann, wenn es bei dem Gutachtenauftrag für den Haftpflichtversicherer zunächst vorrangig um die Frage ging, ob der Schadensersatzanspruch des Gläubigers außergerichtlich reguliert werden soll.

2. Im Regelfall kommt es für die Abgrenzung der Prozesskosten bei einem vorgerichtlichen Gutachten darauf an, ob der Gegner - bei Erstattung des Gutachtens - bereits Klage angedroht hatte, oder ob der Versicherungsnehmer zu diesem Zeitpunkt bereits seinem Anwalt einen unbedingten Klageauftrag erteilt hatte.

 

Verfahrensgang

LG Heidelberg (Beschluss vom 26.06.2006; Aktenzeichen 2 O 234/04)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Heidelberg vom 26.6.2006 - 2 O 234/04 - wie folgt abgeändert:

Der Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin vom 13.4.2006 (Festsetzung außergerichtlicher Sachverständigenkosten i.H.v. insgesamt 6.688,67 EUR) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.554,90 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin hat als Subunternehmerin der Beklagten Gründungsarbeiten bei einem Bauvorhaben in W. und bei einem Bauvorhaben in U. durchgeführt. Mit ihrer Klage vom 13.8.2004 hat die Klägerin von der Beklagten die Bezahlung des vereinbarten Werklohns für ihre Arbeiten i.H.v. insgesamt 12.113,11 EUR nebst Zinsen verlangt. Die Beklagte hat im Rechtsstreit die Aufrechnung mit Gegenforderungen erklärt, weil die Werkleistungen der Klägerin mangelhaft gewesen seien. Die Klägerin habe insb. durch Fehler bei der Ausführung ihrer Arbeiten in U. Schäden an Nachbargrundstücken verursacht. Das LG Heidelberg hat mit Urteil vom 28.3.2006 der Klage in vollem Umfang stattgegeben und die Kosten des Verfahrens der Beklagten auferlegt. Das LG kam nach Durchführung einer Beweisaufnahme zu dem Ergebnis, dass der Klägerin keine Fehler bei der Ausführung ihrer Arbeiten vorzuwerfen seien.

Mit Schriftsatz vom 13.4.2006 hat die Klägerin beantragt, die Kosten mehrerer außergerichtlicher Sachverständigengutachten i.H.v. 6.688,67 EUR gegen die Beklagte festzusetzen. Die Rechtspflegerin des LG Heidelberg hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 26.6.2006 diese außergerichtlichen Sachverständigenkosten teilweise, nämlich i.H.v. 2.554,90 EUR nebst Zinsen, zuerkannt. Der Betrag betrifft das Gutachten des Sachverständigen X. vom 30.4.2004 (Anlage K 6). Im Übrigen hat die Rechtspflegerin den Kostenfestsetzungsantrag zurückgewiesen, da die über diesen Betrag hinausgehenden Aufwendungen für Privatgutachten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig gewesen seien (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten. Sie ist der Auffassung, die von der Klägerin geltend gemachten Kosten für ein vorgerichtliches Privatgutachten seien - entgegen der Auffassung der Rechtspflegerin des LG Heidelberg - zur Gänze nicht erstattungsfähig. Der Klägerin seien durch Privatgutachten zum einen überhaupt keine Kosten entstanden; denn das von der Klägerin angegebene Gutachten des Sachverständigen X. vom 30.4.2004 (Anlage K6) habe nicht die Klägerin, sondern deren Haftpflichtversicherung, die... Versicherung AG, in Auftrag gegeben. Der... Versicherung AG sei es allein darum gegangen, ihre Verpflichtungen im Rahmen des Versicherungsvertrages mit der Klägerin zu klären; das Gutachten habe nicht der Abwehr von Ansprüchen der Beklagten gedient. Zum anderen hätten vor dem Gutachtenauftrag Ansprüche von Nachbarn des Bauvorhabens in U. im Raum gestanden und nicht etwa Ansprüche der Beklagten, so dass auch insoweit ein Bezug des Privatgutachtens zum vorliegenden Rechtsstreit fehle. Das von der Rechtspflegerin im Kostenfestsetzungsbeschluss berücksichtigte Gutachten vom 30.4.2004 sei auch nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen.

Die Klägerin tritt der sofortigen Beschwerde entgegen. Es sei zwar richtig, dass die... Versicherung AG - als Haftpflichtversicherer der Klägerin - das Gutachten vom 30.4.2004 in Auftrag gegeben habe. Die Versicherung habe insoweit jedoch im Namen und mit Wirkung für ihre Versicherungsnehmerin - die Klägerin - gehandelt, so dass die Kosten des Privatgutachtens bei der Klägerin entstanden seien. Anlass des Gutachtens seien nicht etwa Schadensersatzansprüche von Nachbarn des Bauvorhabens gewesen, sondern die Ankündigung von Schadensersatzansprüchen durch die Beklagte. Es sei für die Klägerin und für die...Versicherung AG darum gegangen, durch das Gutachten "die Berechtigung des Gegenanspruchs der Beklagten zu prüfen und insoweit hierzu Stellung zu nehmen" (Schriftsatz des Klägervertreters vom 24.11.2006, S. 2, A...

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