Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrenskostenhilfe: Kinder des Annehmenden im Adoptionsverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. In Verfahren, die auf eine Annahme als Kind gerichtet sind, sind die Kinder des Annehmenden nicht notwendigerweise zu beteiligen. Ihnen ist daher regelmäßig keine Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen.
2. Ihr Anspruch auf rechtliches Gehör wird durch das Anhörungsrecht gemäß § 193 FamFG gewährleistet.
3. Zur Wahrnehmung ihrer Anhörungspflichten nach § 193 FamFG können die Kinder des Annehmenden keine Verfahrenskostenhilfe beanspruchen.
Normenkette
BGB § 1745; FamFG §§ 7, 76, 188, 193
Verfahrensgang
AG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 21.08.2023; Aktenzeichen 49 F 1630/22) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Verfahrenskostenhilfe begehrenden Antragsteller ... und ... gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Freiburg vom 21.08.2023 (49 F 1630/22) wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Beschwerdeführer ... und ... wenden sich gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe in einem Adoptionsverfahren.
Die Beschwerdeführer sind die minderjährigen Kinder des ... (im folgenden Annehmender) aus dessen früherer Ehe mit ihrer Mutter, .... Im vorliegenden Verfahren beantragt der Annehmende die Annahme des minderjährigen Kindes ... (im Folgenden Anzunehmende). Die Eltern der Anzunehmenden sind ... sowie ..., die jetzige Ehefrau des Annehmenden.
Das Amtsgericht hat Termin zur Anhörung auf den 18.10.2023 bestimmt. Zu dem Termin sind die Beschwerdeführer geladen.
Mit Schriftsatz vom 12.07.2023 hat Rechtsanwalt ... für die von ihrer Mutter vertretenen Beschwerdeführer die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe unter seiner Beiordnung beantragt. Zur Begründung ist ausgeführt, dass nach § 1745 BGB die Annahme nicht ausgesprochen werden darf, wenn ihr überwiegende Interessen der Kinder des Annehmenden oder des Anzunehmenden entgegenstehen oder wenn zu befürchten ist, dass Interessen des Anzunehmenden durch Kinder des Annehmenden gefährdet werden. Die Anhörung der Kinder des Annehmenden gehöre nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unabhängig davon, ob sie zu einer Beteiligtenstellung in formeller Hinsicht führe, zum Schutzbereich des Art. 103 GG. Soweit ihre Anhörung dazu führen könne, dass dem Adoptionsantrag nicht entsprochen werde, hätten sie Anspruch auf interessengerechte Vertretung. Die Versagung von Verfahrenskostenhilfe sei daher mit Art. 3 GG (Rechtsschutzgleichheit) nicht in Einklang zu bringen.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 21.08.2023 hat das Amtsgericht den Antrag der Beschwerdeführer abgelehnt, da es der beabsichtigten Rechtsverfolgung an der erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussicht fehle. Da sie nicht Beteiligte des Adoptionsverfahrens seien, könnten sie zur Wahrnehmung ihrer Anhörungsmöglichkeiten keine Verfahrenskostenhilfe beanspruchen.
Gegen diese Entscheidung wenden sich die Beschwerdeführer mit ihrer am 28.08.2023 beim Amtsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde vom selben Tag. Zur Begründung wird auf die Akten des Familiengerichts und die Schriftsätze im Familienverfahren verwiesen.
Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde der Beschwerdeführer mit Beschluss vom 11.09.2023 nicht abgeholfen und die Akten dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Beschwerdeführer ist unbegründet. Den Beschwerdeführern kann keine Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden, weil sie nicht Beteiligte des Adoptionsverfahrens sind.
1. Gemäß § 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann einem Beteiligten Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe setzt demnach voraus, dass der Antragsteller Verfahrensbeteiligter ist (OLG Düsseldorf vom 20.12.2010 - II-8 WF 282/10, juris Rn. 4; Johannsen/Henrich/Althammer/Markwardt, Familienrecht, 7. Auflage 2020, § 76 Rn. 4; Zöller/Schutzky, ZPO, 34. Auflage 2022, § 76 Rn. 5).
2. Das trifft auf die Beschwerdeführer nicht zu. Als Kinder des Annehmenden sind sie im Adoptionsverfahren zwar gemäß § 193 Satz 1 FamFG anzuhören. Verfahrensbeteiligte werden sie hierdurch jedoch nicht (§ 7 Abs. 6 FamFG). Ihnen kann daher keine Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden (OLG Brandenburg vom 05.09.2019 - 9 WF 207/19, juris Rn. 4; Sternal/Giers, FamFG, 21. Auflage 2023, § 193 Rn. 2; Prütting/Helms/Keuter, 6. Auflage 2023, § 188 Rn. 4; Bahrenfuss/Socha, FamFG, 3. Auflage 2017, § 188 Rn. 6; Krenzler/Borth/Grziwotz/Siede, Anwalts-Handbuch Familienrecht, 2. Auflage 2012, Kapitel 4 Rn. 151; a.A.: BeckOK/Bursche/Perleberg-Kölbel, FamFG, Stand: 01.08.2023, § 7 Rn. 16).
a) Für Adoptionssachen im Sinne von § 186 Nr. 1 FamFG ist in § 188 Abs. 1 Nr. 1 FamFG ausdrücklich bestimmt, wer in dem Verfahren zu beteiligen ist. Dies sind der Annehme...