Leitsatz (amtlich)
Ein Zwischenurteil über die Leistung von Prozesskostensicherheit steht einer Ermäßigung der gerichtlichen Verfahrensgebühren entgegen (im Anschluss an OLG Düsseldorf v. 9.3.1999 - 10 W 19/99, OLGReport Düsseldorf 1999, 232 = MDR 1999, 764; a.A. OLG München v. 11.11.2002 - 11 W 2171/02, OLGReport München 2003, 111 = MDR 2003, 115).
Verfahrensgang
LG Mannheim (Aktenzeichen 7 O 317/00) |
Tatbestand
Die Klägerin hatte Klage wegen Patent- und Gebrauchsmusterverletzung erhoben. Das LG hatte im Wege des Zwischenurteils über die Prozesskostensicherheit entschieden. Die Klägerin nahm später die Klage zurück. Das Gericht stellte ihr drei Gerichtsgebühren in Rechnung. Die Klägerin ist der Auffassung, ihr komme aufgrund der Rücknahme die Ermäßigung auf eine Gerichtsgebühr zugute, das Zwischenurteil über die Leistung von Prozesskostensicherheit stehe dem nicht entgegen. Ihre Erinnerung gegen den Kostenansatz blieb beim LG erfolglos. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das LG hat zu Recht angenommen, dass der Erlass des Zwischenurteils der Kammer über die Prozesskostensicherheit einer Ermäßigung der Verfahrensgebühr von 3,0 auf 1,0 Gebühren entgegensteht.
1. Gemäß § 72 Nr. 1 GKG n.F. ist auf den am 7.8.2000 anhängig gewordenen Rechtsstreit das Gerichtskostengesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 15.12.1975 anzuwenden. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Übergangsbestimmung des § 72 GKG um eine abschließende Sonderregelung handelt mit der Folge, dass der Beurteilung des Falles das Gerichtskostengesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 15.12.1975, zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 5 des Gesetzes vom 12.3.2004, zugrunde zu legen ist, oder ob neben der Übergangsbestimmung des § 72 GKG auch die Übergangsvorschrift des § 71 GKG zur Anwendung kommt, mit der Folge, dass auf das am Tag der Anhängigmachung des Rechtsstreits am 7.8.2000 geltende Recht abzustellen ist, d.h. das Gerichtskostengesetz in der Änderungsfassung, die es durch das Kostenrechtsänderungsgesetz 1994 erhalten hat. Denn in jedem Fall steht der Erlass des Zwischenurteils der Kammer über die Prozesskostensicherheit einer Gebührenermäßigung entgegen.
2. Nach dem Gerichtskostengesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 15.12.1975, zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 5 des Gesetzes vom 12.3.2004, ermäßigte sich die Verfahrensgebühr im Falle der Beendigung des gesamten Verfahrens durch Klagerücknahme vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung gem. Nr. 1211 KV nur dann, wenn nicht bereits ein "sonstiges Urteil" vorausgegangen war. Nach dem am 7.8.2000 geltenden Recht ermäßigte sich die Verfahrensgebühr im Falle der Beendigung des gesamten Verfahrens durch Rücknahme der Klage vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung gem. Nr. 1202 KV dann, wenn nicht bereits "ein Urteil" vorausgegangen war. Das von der Kammer erlassene Zwischenurteil über die Prozesskostensicherheit fällt sowohl unter den Begriff des sonstigen Urteils im Sinne der Nr. 1211 als auch des Urteils im Sinne der Nr. 1202 KV.
a) Bei der Auslegung des Begriffs "sonstiges Urteil" bzw. "Urteil" ist vom Wortlaut der jeweiligen Bestimmung auszugehen. Dieser bietet keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass Zwischenurteile nicht von diesen Begriffen erfasst wären. Die Bestimmung in Nr. 1202 KV differenziert in keiner Weise nach Gegenstand und Art des Urteils. Die Bestimmung in Nr. 1211 KV betrachtet nur die vor dem Begriff "sonstiges Urteil" aufgeführten Urteile - Anerkenntnis-, Verzichts- und Urteile, die nach § 313a Abs. 2 ZPO keinen Tatbestand und keine Entscheidungsgründe enthalten müssen, als einer Gebührenermäßigung nicht entgegenstehend.
b) Bei der Auslegung der Begriffe "sonstiges Urteil" bzw. "Urteil" ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Ermäßigungstatbestände der Nr. 1202 bzw. 1211 KV Ausnahmen vom Grundsatz der Nr. 1201 bzw. 1210 KV vorsehen, und deshalb grundsätzlich eng auszulegen sind (vgl. OLG Nürnberg v. 16.1.1997 - 3 W 4219/96, MDR 1997, 400; OLG Oldenburg v. 15.3.1999 - 1 W 18/99, NJW-RR 1999, 942; OLG Koblenz v. 20.7.2004 - 14 W 470/04, MDR 2005, 119; Hartmann, Kostengesetze, 29. Aufl., KV 1202 Rz. 2; derselbe, Kostengesetze, 31. Aufl., KV 1211 Rz. 2; derselbe, Kostengesetze, 37. Aufl., KV 1211 Rz. 2; a.A. OLG München v. 11.11.2002 - 11 W 2171/02, OLGReport München 2003, 111 = MDR 2003, 115). Die Ermäßigungstatbestände der Nr. 1202 bzw. 1211 KV stellen auf einfach fassbare Voraussetzungen ab und dienen insofern der Prozesswirtschaftlichkeit (vgl. OLG Koblenz a. a. O; Hartmann a. a. O). Diese Gesichtspunkte erfordern eine praktisch handhabbare Auslegung und stehen einer in den Bestimmungen nicht geregelten Differenzierung nach Gegenstand und Art des Urteils entgegen (vgl. OLG Düsseldorf v. 9.3.1999 - 10 W 19/99, OLGReport Düsseldorf 1999, 232 = MDR 1999, 764; a.A. OLG München v. 11.11.2002 - 11 W 2171/02, OLGReport München 2003, 111 = MDR 2003, 115).
c) Auch der Gesetzesbegründung z...