Verfahrensgang

Vergabekammer Baden-Württemberg (Entscheidung vom 04.04.2006; Aktenzeichen 1 VK 9/07)

 

Tenor

  • 1.

    Auf die sofortige Beschwerde der Beigeladenen Ziff. 1 und der Antragsgegnerin wird der Beschluss der Vergabekammer Baden-Württemberg beim Regierungspräsidium Karlsruhe vom 4.4.2006 - 1 VK 9/07 - im Kostenpunkt und im Übrigen insoweit aufgehoben, als der Antragsgegnerin aufgegeben wurde, bei der ggf. neuen Wertung aller Angebote die Angebote der Beigeladenen Ziff. 1 auszuschließen.

    Die weitergehende sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

    Die Kosten des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer trägt die Antragsgegnerin, die der Antragstellerin und der Beigeladenen Ziff. 1 deren zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung vor der Vergabekammer entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten hat.

    Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen Ziff. 1 und der Antragstellerin trägt gleichfalls die Antragsgegnerin.

    Die Beigeladene Ziff. 2 hat ihre notwendigen Auslagen selbst zu tragen.

    Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit des Verfahrens betreffend die Vergabe eines Auftrages, den die Antragsgegnerin wegen des geplanten Neubaus der Kinder- und Frauenklinik im offenen Verfahren europaweit ausgeschrieben hatte. Das Verfahren betrifft das Los 1 (Rohbauarbeiten), hierauf wurden sieben Angebote abgegeben.

Die Beigeladene Ziff. 1, eine Bietergemeinschaft, bestehend aus der im Folgenden: AG) sowie der Fa. (im Folgenden: KG), lag nach Darstellung der Antragsgegnerin im Eröffnungstermin vom 19.12.2006 auf Rang 1. Neben der Antragstellerin und den beiden Beigeladenen haben vier weitere Bieter Angebote für das Los abgegeben. Die Beigeladene Ziff. 2 lag nach Darstellung der Antragsgegnerin mit ihrem Angebot auf Rang 2, die Antragstellerin auf Rang 3 und die Fa. B auf Rang 4.

Dem Angebot der Beigeladenen Ziff. 2 war - anders als dem Angebot der übrigen Beteiligten im Beschwerdeverfahren - keine Urkalkulation beigelegt.

Kurz nach dem Eröffnungstermin, noch am 19.12.2006, teilte die Antragsgegnerin den Bietern per Telefax mit, dass sie beim Angebot der Fa. F AG übersehen habe, dass diese eine Bietergemeinschaft mit der Fa. KG eingegangen sei. Die Antragstellerin rügte daraufhin am 21.12.2006 das Vergabeverfahren und verlangte sinngemäß, dass das Angebot der Beigeladenen Ziff. 1 wegen Unklarheit auszuschließen sei.

Mit Schreiben vom 14.02.2007 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass beabsichtigt sei, der Beigeladenen Ziff. 1 den Zuschlag zu erteilten. Dies wurde von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 19.02.2007 gerügt. Das Angebot der Beigeladenen zu 1 müsse ausgeschlossen werden, da keine ordnungsgemäße Bietergemeinschaftserklärung der Beigeladenen Ziff. 1 vorliege. Zudem seien Angebote auszuschließen, denen keine Urkalkulation beigelegen habe.

Mit Schreiben vom 22.02.2007 lehnte die Antragsgegnerin eine Abhilfe ab. Am 28.02.2007 stellte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer Baden-Württemberg, wobei sie - nach Änderungen - zuletzt beantragt hat (soweit für die Beschwerdeentscheidung noch von Bedeutung),

die Antragsgegnerin zu verpflichten, eine Neubewertung der Angebote unter Berücksichtigung der Maßgaben der Vergabekammer durchzuführen,

hilfsweise

andere geeignete Maßnahmen zu treffen,

festzustellen, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt sei.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

Mit Beschluss der Vergabekammer vom 08.03.2007 wurde die Beigeladene Ziff. 1 zum Verfahren hinzugezogen. Diese hat beantragt, den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

Mit dem angegriffenen Beschluss vom 04.04.2007 (das auf der Ausfertigung aufgestempelte Datum "4. März 2007" ist ein offensichtliches Schreibversehen) hat die Vergabekammer der Antragsgegnerin aufgegeben, sofern die Vergabeabsicht in diesem Vergabeverfahren fortbestehe, die Wertung der Angebote unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen und dabei die Angebote der Beigeladenen Ziff. 1 und Ziff. 2 auszuschließen.

Zur Begründung hat die Vergabekammer im Wesentlichen ausgeführt, dass der Nachprüfungsantrag nur teilweise zulässig sei. Soweit die Antragstellerin gerügt habe, dass eine unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien vorliege, sei sie gem. § 107 Abs. 3 S. 3 GWB präkludiert. Soweit der Nachprüfungsantrag zulässig sei, sei er in der Sache begründet, denn die Wertung der Angebote sei aus mehreren Gründen fehlerhaft, weshalb sie zu wiederholen sei.

Die Vergabekammer sei nicht gehindert gewesen, bei der Wiederholung der Wertung die Angebote der Beigeladenen zu 1 und zu 2 auszuschließen, obwohl dies keiner der Beteiligten (mehr) beantragt habe, denn die Vergabekammer sei nicht an Anträge gebunden (§ 114 Abs. 1 S. 2 GWB).

Das Angebot der Beigeladenen Ziff. 1 sei zwingend auszusch...

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