Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung des gerichtlichen Sachverständigen: Wegfall des Anspruchs bei unterlassenem Hinweis auf den Auslagenvorschuss übersteigende Kosten
Leitsatz (amtlich)
Für die Entscheidung nach § 8a Abs. 4 JVEG kommt es nicht darauf an, ob eine Partei von ihrem Beweisantritt im Falle der Kenntnis von den durch die Begutachtung entstehenden Kosten Abstand genommen hätte.
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Staatskasse wird der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 05.04.2018, Az. 10 O 605/11, abgeändert. Die Vergütung des Sachverständigen B. für seine Gutachtertätigkeit wird auf insgesamt 2.898,28 Euro festgesetzt. Der weitergehende Vergütungsantrag des Sachverständigen wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde der Beklagten zu 3 wird als unzulässig verworfen.
3. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Sachverständige Diplom-Ingenieur B. wurde durch Beschluss vom 27. September 2013 in Verbindung mit dem Beschluss vom 27. März 2013 beauftragt, ein Gutachten zur Lage einer Stützmauer zu erstatten. Mit Schreiben vom 7. Oktober 2013 teilte der Sachverständige mit, dass der vorgegebene Kostenvorschuss voraussichtlich eingehalten werden könne. Der Sachverständige stellte nach Erstattung seines Gutachtens am 17. Januar 2014 eine Rechnung über 4.060,32 Euro (AS. 709). Er wies auf die Überschreitung des Auslagenvorschusses hin und teilte mit, zwar übersteige die Abrechnung den Kostenvorschuss wesentlich; dies sei aber erst während der Einsichtnahmen und Messungen vor Ort deutlich geworden; er habe das Gericht deshalb nicht mehr rechtzeitig darauf hinweisen können, da ein Abbruch und die Wiederaufnahme wesentlich teurer gekommen wären (AS. 707). An den Sachverständigen wurde die von ihm in Rechnung gestellte Vergütung ausgezahlt (AS. 713).
Nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens hat die Beklagte zu 3 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss Rechtsmittel eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Kostenrechnungen der Sachverständigen Dr. F. und B. würden jeweils die erforderlichen Auslagenvorschüsse übersteigen. Der Bezirksrevisor gab eine Stellungnahme ab und wies darauf hin, dass der Sachverständige B. durch die Geschäftsstelle zur Rückzahlung des Betrags von 2.060,23 Euro aufzufordern sei (AS. 1029). Der Sachverständige wurde am 1. Dezember 2018 zur Rückzahlung dieses Betrages aufgefordert.
Der Sachverständige legte gegen die Rückzahlungsaufforderung mit Schreiben vom 22. Dezember 2017 "Widerspruch" ein (AS. 1067 f.). Er hat vorgetragen, die Messungen am Objekt seien wesentlich schwieriger und umfangreicher gewesen, als nach dem Aktenstudium zu vermuten gewesen sei. Am Ende der örtlichen Vermessung sei der Kostenrahmen erheblich überschritten gewesen; ein rechtzeitiger Hinweis an das Gericht sei zu dieser Zeit nicht mehr möglich gewesen. Ein Abbruch der Vermessungen wäre nicht sinnvoll gewesen, da mit den bis dahin erbrachten Messungen keine Beurteilung des streitgegenständlichen Sachverhalts möglich gewesen wäre. Der Bezirksrevisor gab eine Stellungnahme ab (AS. 1077 ff.).
Das Landgericht hat durch Beschluss vom 5. April 2018 die dem Sachverständigen B. zu gewährende Entschädigung auf 4.060,32 Euro festgesetzt. Das Schreiben des Sachverständigen vom 22. Dezember 2017 sei als Antrag auf gerichtliche Festsetzung nach § 4 JVEG auszulegen. Eine Rückforderung des über den Auslagenvorschuss hinausgehenden Betrags in Höhe von 2.060,32 Euro scheide im konkreten Fall aus, weil das Gericht aufgrund des weiteren Verfahrenslaufs davon überzeugt sei, dass es auch bei pflichtgemäßer Anzeige des Sachverständigen nach § 407a Abs. 4 Satz 2 ZPO zu einer Fortsetzung der Tätigkeit des Sachverständigen gekommen wäre. Das Gericht folge der Ansicht, dass eine für die Parteien erhebliche Überschreitung des Kostenvorschusses nur angenommen werden könne, wenn die rechtzeitige Anzeige des Sachverständigen zu einem Abbruch oder einer Einschränkung des Gutachtenauftrags geführt hätte. Hier ergebe sich aus dem Verhalten der Parteien, dass eine Begutachtung durch den Sachverständigen B. fortgesetzt worden wäre; denn nach Eingang des Gutachtens des Sachverständigen B. habe der Kläger noch weitere Auslagenvorschüsse für die Begutachtung durch andere Sachverständige in Höhe von 4.900,00 Euro geleistet.
Mit Schreiben vom 10. April 2018 hat die Staatskasse gegen den Beschluss des Landgerichts vom 5. April 2018 Beschwerde eingelegt. Darauf, dass die Parteien auch bei Kenntnis der tatsächlichen Kosten des Gutachtens vom 17. Januar 2014 die Begutachtung uneingeschränkt fortgesetzt hätten, wovon auch die Staatskasse ausgehe, komme es nach dem Inkrafttreten des § 8a JVEG nicht mehr an. Nach der herrschenden Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung und Kommentarliteratur, der sich die Staatskasse anschließe, nach der Gesetzesbegründung und nach dem Wortlaut des § 8a Abs. 4 JVEG komme es allein darauf an, dass der Sachverständige schuldhaft die erhebliche Überschreitung des Ausl...