Leitsatz (amtlich)

Der Anerkennung der Entscheidung eines ukrainischen Gerichts über die Annahme eines minderjährigen Kindes steht nicht entgegen, dass in der Entscheidung zugleich eine Änderung des Geburtsdatums des Kindes um sechs Monate ausgesprochen wird. Eine solche Änderung des Geburtsdatums im Zusammenhang mit der Annahme als Kind ist nicht mit wesentlichen Grundsätze des deutschen Rechts, insb. den Grundrechten, unvereinbar.

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Beschluss vom 11.12.2002; Aktenzeichen 11 T 490/02)

 

Tenor

1. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) wird der Beschluss des LG Karlsruhe vom 11.12.2002 – 11 T 490/02 – aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und erneuten Entscheidung – einschl. einer eventuellen Kostenentscheidung – an das LG Karlsruhe zurückverwiesen.

2. Der Wert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind deutsche Staatsangehörige und miteinander verheiratet. Zum Ehenamen haben sie den Geburtsnamen des Mannes „R.” bestimmt. Der Beteiligte zu 3) wurde in der Ukraine geboren.

Mit Beschluss vom 28.9.2001 hat das Kreisamtsgericht in S. im Gebiet S., Ukraine, dem Antrag der Beteiligten zu 1) und 2) auf Adoption des Beteiligten zu 3) entsprochen. In diesem Beschluss wird zugleich ausgesprochen, dass der Vorname des Kindes in „C.”, der Nachname in „R.” geändert wird. In einer am 16.3.1999 ausgestellten ukrainischen Geburtsurkunde des Beteiligten zu 3) ist er mit seinem ursprünglichen Vor und Nachnamen bezeichnet und der 18.9.1998 als Geburtsdatum genannt. In einer weiteren, am 1.10.2001 ausgestellten Geburtsurkunde ist er als C. R. bezeichnet, sind die Beteiligten zu 1) und 2) als seine Eltern aufgeführt und wird als sein Geburtsdatum der 18.3.1999 angegeben.

Die Beteiligten zu 1) und 2) haben geltend gemacht, das Geburtsdatum des Beteiligten zu 3) sei durch den Beschluss des Kreisamtsgerichts vom 18.9.1998 auf den 18.3.1999 geändert worden. Eine solche Änderung des Geburtsdatums sehe Art. 112 des Ehe- und Familienkodex der Ukraine zur Sicherung des Adoptionsgeheimnisses vor. Mit diesem Geburtsdatum sei der Beteiligte zu 3 nun auch in das Familienbuch einzutragen.

Der Standesbeamte lehnte die Eintragung dieses Geburtsdatums ab und vertrat die Auffassung, einzutragen sei das wirkliche Geburtsdatum, der 18.9.1998. Eine willkürliche Änderung des Geburtsdatums sei dem deutschen Recht fremd.

Auf Antrag der Beteiligten zu 1) und 2) hat das AG Karlsruhe den Standesbeamten angewiesen, bei der Eintragung in das Familienbuch den Beteiligten zu 3) mit dem Geburtsdatum 18.3.1999 einzutragen. Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 4) hat das LG Karlsruhe den Beschluss des AG aufgehoben und den Standesbeamten angewiesen, den Beteiligten zu 3) mit dem Geburtsdatum 18.9.1998 einzutragen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2), welcher die Beteiligte zu 4) entgegentritt.

II. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§ 49 PStG, § 29 Abs. 2 FGG). Das Rechtsmittel hat auch in der Sache (vorläufigen) Erfolg. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts beruht auf unzureichender Tatsachenfeststellung; der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Behandlung und erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.

1. Der Tatsachenfeststellung des Beschwerdegerichts liegen unzureichende Ermittlungen zugrunde.

a) Die tatsächlichen Feststellungen des Beschwerdegerichts unterliegen nach § 27 Abs. 1 S. 2 FGG i.V.m. § 559 ZPO im Verfahren der weiteren Beschwerde nur einer beschränkten Überprüfung auf Rechtsfehler. Die Tatsachenfeststellung des Beschwerdegerichts ist rechtsfehlerhaft, wenn ihr unzureichende Ermittlungen zugrunde liegen, d.h. die Pflicht zur Amtsermittlung (§ 12 FGG) verletzt ist. Als unzureichend sind die Ermittlungen des Sachverhalts auch dann anzusehen, wenn das Gericht Widersprüchen, Unklarheiten oder Lücken nicht hinreichend nachgegangen ist (vgl. Meyer/Holz in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 27 Rz. 44).

b) Das Beschwerdegericht hat in seiner Entscheidung festgestellt, mit dem Beschluss des Kreisamtsgerichts in S./Ukraine sei das Geburtsdatum des Beteiligten zu 3) vom 18.9.1998 auf den 18.3.1999 geändert worden. Diese Feststellung wird durch die bei den Akten befindlichen Unterlagen nicht ausreichend getragen. Die Übersetzung des Beschlusses des Kreisamtsgerichts, die sich bei den Akten befindet, ist insoweit nicht eindeutig. Dort heißt es:

„Den Familiennamen des minderjährigen Kindes O., V.V. ist auf R., den Vornamen auf C. zu ändern; das Geburtsdatum und den Geburtsort: 18.3.1999 und Stadt M. Gebiet S. – ohne Änderung lassen.”

Nach dieser Formulierung der Übersetzung ist zweifelhaft, ob das Kreisamtsgericht nicht nur eine Änderung des Vor- und Nachnamens des Beteiligen zu 3, sondern auch eine Änderung des Geburtsdatums beschlossen hat. Sie könnte auch dahin verstanden werden, da...

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