Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Zuständigkeit des Einzelrichters im Beschwerdeverfahren bei Nichtabhilfeentscheidung einer Kammer
Leitsatz (amtlich)
Im Beschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht ist die Einzelrichterin/der Einzelrichter zuständig, wenn die angefochtene Entscheidung von einer Einzelrichterin/einem Einzelrichter erlassen wurde, die Nichtabhilfeentscheidung aber vom voll besetzten Spruchkörper (Anschluss an OLG Frankfurt, Beschluss vom 29. Oktober 2003 - 1 W 70/03 -, Rn. 1, juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25. September 2002 - 24 W 29/02 -, Rn. 5, juris).
Normenkette
ZPO § 348 Abs. 2, § 568 Abs. 1 S. 1, § 572
Verfahrensgang
LG Heidelberg (Beschluss vom 24.04.2024; Aktenzeichen 8 O 12/24) |
Tenor
Im Beschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht ist die Einzelrichterin/der Einzelrichter zuständig, wenn die angefochtene Entscheidung von einer Einzelrichterin/einem Einzelrichter erlassen wurde, die Nichtabhilfeentscheidung aber vom voll besetzten Spruchkörper (Anschluss an OLG Frankfurt, Beschluss vom 29. Oktober 2003 - 1 W 70/03 -, Rn. 1, juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25. September 2002 - 24 W 29/02 -, Rn. 5, juris).
Für die Entscheidung im Beschwerdeverfahren ist der Einzelrichter zuständig.
Gründe
1. Die Entscheidung des Senats beruht auf einer analogen Anwendung des § 348 Absatz 2 ZPO. Der Gesetzgeber hat nicht bedacht, dass auch bei der Anwendung des § 568 Absatz 1 Satz 1 ZPO Zweifel darüber auftreten können, ob die originäre Zuständigkeit des Einzelrichters im Beschwerdeverfahren begründet ist. Die Lücke ist durch eine entsprechende Anwendung des § 348 Absatz 2 ZPO zu schließen. Danach hat das Kollegium durch bindenden und unanfechtbaren Beschluss diese Frage zu entscheiden. Denn aus der Regelung des § 348 Absatz 2 ZPO geht hervor, daß Zweifelsfragen zur internen Zuständigkeit vom Kollegialorgan geklärt werden müssen. Darauf, ob diese Zweifelsfragen erstmalig in der ersten Instanz oder beim Beschwerdegericht auftreten, kommt es nicht an (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 2003 - X ARZ 175/03 -, BGHZ 156, 147, Rn. 15).
2. In Rechtsprechung und Schrifttum wird unterschiedlich beurteilt, ob im Beschwerdeverfahren der Einzelrichter oder der Senat zuständig ist, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter, die Nichtabhilfeentscheidung aber - insbesondere nach einem Besetzungswechsel wegen Eintritts der Voraussetzungen des § 348 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO - von dem voll besetzten Spruchkörper getroffen worden ist (für Zuständigkeit des Einzelrichters etwa OLG Frankfurt, Beschluss vom 29. Oktober 2003 - 1 W 70/03 -, Rn. 1, juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25. September 2002 - 24 W 29/02 -, Rn. 5, juris; Feskorn in: Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 568 ZPO, Rn. 3; für Zuständigkeit des Senats etwa OLG Saarbrücken NJOZ 2007, 3825, beck-online; KG, Beschluss vom 16. November 2010 - 2 W 202/10 -, Rn. 6 f., juris).
3. Der Senat entscheidet die Streitfrage dahin, dass in solchen Fällen in der Beschwerdeinstanz der Einzelrichter zuständig ist. Hierfür streitet in erster Linie der Wortlaut des § 568 Absatz 1 Satz 1 ZPO, der die originäre Zuständigkeit des Einzelrichters davon abhängig macht, wer die "angefochtene Entscheidung" erlassen hat. Es kommt hinzu, dass das Nichtabhilfeverfahren verfahrensrechtlich bereits nicht mehr der ersten Instanz, sondern dem Beschwerdeverfahren zuzurechnen ist. Das ergibt sich daraus, dass dieses Verfahren in § 572 Absatz 1 ZPO geregelt ist; diese Vorschrift ist mit der amtlichen Überschrift "Gang des Beschwerdeverfahrens" versehen. Für die dem § 572 Absatz 1 ZPO vergleichbare Regelung im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit - § 68 Absatz 1 Satz 1 FamFG - hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass der erste Rechtszug mit dem Erlass des erstinstanzlichen Beschlusses endet (BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2020 - BLw 1/19 -, juris).
Fundstellen