Entscheidungsstichwort (Thema)

Bindungswirkung eines im Urkundenprozess ergangenen Vorbehaltsurteils für ein Nachverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Ein im Urkundenprozess ergangenes Vorbehaltsurteil entfaltet auch insoweit Bindungswirkung für das Nachverfahren, als das Gericht den Stundungseinwand des Schuldners als „nicht urkundlich belegt” zurückweist, weil es eine von mehreren Unterschrift des Gläubigers auf einer – vollständig vorgelegten – Urkunde übersieht und deshalb zu dem unzutreffenden Ergebnis gelangt, der Gläubiger habe die Stundungsvereinbarung nur als Geschäftsführer einer anderen Vertragspartei und nicht auch im eigenen Namen abgeschlossen.

 

Normenkette

ZPO § 599 Abs. 1; InsO § 135 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Baden-Baden (Urteil vom 31.07.2009; Aktenzeichen 4 O 108/08 KfH)

BGH (Urteil vom 19.12.2007; Aktenzeichen XII ZR 13/06)

BGH (Urteil vom 20.07.2005; Aktenzeichen VIII ZR 342/03)

BGH (Urteil vom 10.02.2004; Aktenzeichen XI ZR 36/03)

BGH (Urteil vom 24.10.2003; Aktenzeichen V ZR 24/03)

BGH (Entscheidung vom 13.03.1989; Aktenzeichen II ZR 193/88)

BGH (Urteil vom 19.11.1984; Aktenzeichen II ZR 102/84)

BGH (Entscheidung vom 26.10.1981; Aktenzeichen II ZR 70/81)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 31. Juli 2009 – 4 O 108/08 KfH – dahin abgeändert, dass das Vorbehaltsurteil vom 11. März 2009 insoweit aufgehoben und die Klage insoweit abgewiesen wird, als Zinsen für die Zeit vor dem 1. Januar 2008 zugesprochen bzw. verlangt worden sind. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn die Gegenseite nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des aus dem Urteil jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger verlangt von der beklagten Kommanditgesellschaft die Rückgewähr eines seine Kommanditeinlage übersteigenden Finanzierungsbeitrags.

Auf einer außerordentlicher Gesellschafterversammlung am 19.10.1996 verpflichteten sich der Kläger und sein Bruder C. K. als Kommanditisten, der Beklagten jeweils 1.250.000 DM (639.114,85 EUR) als Kapitalrücklage zur Verfügung zu stellen, weil die Sparkasse Offenburg die Gewährung eines Darlehens von der Einbringung weiteren Eigenkapitals in dieser Höhe abhängig gemacht hatte. Die eingebrachten Beträge sollten im Rahmen der Gewinnverteilung vorab mit 6% verzinst werden. Sie wurden zunächst auf speziellen Darlehenskonten der beiden Kommanditisten gebucht und in der Bilanz als „Gesellschafter-Darlehen” passiviert. Am 1. Februar 1999 wurde ein neuer Gesellschaftsvertrag geschlossen. Er enthält folgende Bestimmungen:

§ 3 Gesellschafter, Kapitalanteile, Einlagen, Haftsummen

(1)

(…)

(2)

Kommanditisten sind

a)

Herr C. K. (…) mit einer Einlage von DM 150.000,–

b)

Herr J. K. (…) mit einer Einlage von DM 150.000,–

(3)

Die vorgenannten Einlagen der Gesellschafter sind fest; sie können nur durch Änderung des Gesellschaftsvertrags geändert werden. Sie bilden das Festkapital der Gesellschaft im Sinne des Vertrags.

(4)

(…)

§ 4 Gesellschafterkonten

(1)

Für jeden Gesellschafter wird ein Kapitalkonto, ein Verrechnungskonto, ein Darlehenskonto und ein Verlustvortragskonto geführt.

(2)

Auf dem Kapitalkonto werden die Einlagen gemäß § 3 verbucht. Es ist unverzinslich.

(3)

Auf dem Verrechnungskonto werden die Gewinnanteile der Gesellschafter, soweit sie nicht zum Ausgleich der Verlustvortragskonten benötigt werden, die Einlagen und Entnahmen der Gesellschafter sowie sonstige Verrechnungsposten verbucht. Dieses Konto wird mit einem jeweiligen Aktiv- oder Passivsaldo in Höhe von 4% über dem jeweiligen Bundesbankdiskontzinssatz verzinst. Entfällt der Bundesbankdiskontzinssatz, so tritt an seine Stelle der Diskontsatz oder ein analoger Zinssatz der Europäischen Zentralbank.

(4)

Auf dem Darlehenskonto werden die Beträge verbucht, die der Gesellschaft darlehensweise überlassen werden. (…)

(5)

Verluste werden den Gesellschaftern anteilig auf den Verlustvortragskonten zugewiesen. (…)

§ 10 Entnahmen

(1)

Jeder Gesellschafter darf Guthaben auf seinem Verrechnungskonto jederzeit entnehmen. Überziehungen der Verrechnungskonten bedürfen eines zustimmenden Beschlusses der Gesellschafter.

(2)

(…)

Seither werden die Finanzierungsbeiträge auf einem Kapitalrücklagenkonto gebucht, als Eigenkapital unter „II. Rücklagen” neben „III. Verrechnungskonten der Gesellschafter” in die Bilanz eingestellt und mit vier Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verzinst. Am 4. April 2001 unterzeichneten der Kläger und sein Bruder im Hinblick auf weitere von der Sparkasse O. gewährte bzw. weitergeleitete Kredite die folgende „Verpflichtungserklärung”:

Sämtliche Ansprüche, die uns im Falle der Auseinandersetzung, des Ausscheidens oder einer sonstigen Änderung des Beteiligungsverhältnisses z...

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