Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob sich die Wandlungsbefugnis des Neuwagenkäufers bei einer mangelhaften Navigationsanlage nur auf diese oder auf das gesamte Fahrzeug erstreckt.
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Heidelberg vom 23.1.2001 – 7 O 160/00 – im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen geändert.
Das Versäumnisurteil des LG Heidelberg vom 15.8.2000 wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger zu Händen seines Prozessbevollmächtigten DM 1.980,00 nebst Zinsen i.H.v. 5 % über den Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank – höchstens jedoch 8 % – seit 19.5.2000 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe der in den PKW Toyota Yaris mit der Fahrgestellnummer J. eingebauten Navigationsanlage.
Im Übrigen werden das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 9/10 und die Beklagte 1/10.
Hiervon sind die durch die Säumnis der Beklagten im Termin vom 15.8.2000 entstandenen Kosten ausgenommen, die in vollem Umfang die Beklagte zu tragen hat.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Beschwer beider Parteien liegt unter DM 60.000,00.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg. Die Beklagte ist nur zur Wandlung des mangelhaften Navigationsgerätes verpflichtet.
1. Der Senat teilt die Auffassung des LG, dass dem Kläger nach – unstreitig – vier fehlgeschlagenen Nachbesserungsversuchen ein weiterer Versuch nicht mehr zumutbar war, so dass das zunächst ausgeschlossene Wandelungsrecht des Klägers nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten wieder aufgelebt ist. Das sieht im Grunde auch die Beklagte nicht anders, die zwar einerseits meint, dem Kläger sei ein weiterer Versuch noch zumutbar gewesen, aber andererseits in ihrer Berufungsbegründung einräumt, das Wandelungsbegehren des Klägers sei – hinsichtlich der Navigationsanlage – „wohl begründet”.
2. Der Kläger kann aber nicht die Wandelung des gesamten Kaufvertrages beanspruchen. Während nach § 469 S. 2 BGB bei mehreren als zusammengehörig verkauften Sachen eine Gesamtwandelung unter der Voraussetzung stattfindet, dass die mangelhafte Sache nicht ohne Nachteil von der mangelfreien getrennt werden kann, schließt der vom LG nicht herangezogene § 470 S. 2 BGB bei einer mangelhaften Nebensache die Wandelung auch der Hauptsache aus. Diese Vorschrift ist gegenüber § 469 BGB vorrangig (Palandt/Putzo, BGB, 60. Aufl., § 470 Rz. 1; Erman/Grunewald, BGB, 10. Aufl., § 470 Rz. 2). Der vom Kläger erworbene PKW und die Navigationsanlage stehen im Verhältnis von Haupt- und Nebensache.
Für das Verhältnis zweier Gegenstände als Haupt- und Nebensache wird teilweise darauf abgestellt, ob die eine Sache (Nebensache) nicht ohne die andere (Hauptsache) gekauft worden wäre (z.B. Palandt/Putzo, BGB, 60. Aufl., § 470 Rz. 2 m.w.N.). Das führt hier zur Einordnung der Navigationsanlage als Nebensache, denn es liegt fern, dass jemand ein Fahrzeug erwirbt, nur um eine Navigationsanlage einsetzen zu können.
Stellt man darauf ab, dass eine Hauptsache ihren Wert und ihre Tauglichkeit für den gewöhnlichen oder vertraglich vorausgesetzten Gebrauch auch dann behält, wenn die mitverkaufte Nebensache von ihr getrennt wird, während eine Nebensache für sich alleine ohne die mitverkaufte Hauptsache in ihrem Wert beeinträchtigt oder für den gewöhnlichen oder vertraglich vorausgesetzten Gebrauch nicht tauglich ist (OLG Köln v. 22.4.1998 – 13 U 110/97, OLGReport Köln 1999, 276; OLG Düsseldorf v. 27.10.1995 – 22 U 75/95, NZV 1996, 196 = OLGReport Düsseldorf 1996, 53; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 7. Aufl., Rz. 693), so ergibt sich, dass das Fahrzeug des Klägers auch ohne die Navigationsanlage weder in seinem Wert noch in seiner Gebrauchstauglichkeit gemindert ist. Sein Zweck als Fortbewegungsmittel kann es auch ohne Navigationsanlage erfüllen. Diese entgegen erfüllt ihren Zweck erst i.V.m. dem Fahrzeug, in das sie eingebaut ist.
Verbreitet ist schließlich die Auffassung, dass mitverkauftes Zubehör im Rechtssinne in der Regel eine Nebensache darstellt (Palandt/Putzo, BGB, 60. Aufl., § 470 Rz. 1; Jauernig/Vollkommer, BGB, 9. Aufl., § 470 Rz. 1; Westermann in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., § 470 Rz. 2; Erman/Grunewald, BGB, 10. Aufl., § 470 Rz. 1). Eine Navigationsanlage ist aber nicht nur im Sprachgebrauch des Automobilhandels, sondern auch nach § 97 Abs. 1 S. 1 BGB im Rechtssinne Zubehör, weil sie infolge der Trennungsmöglichkeit nicht wesentlicher Bestandteil (§ 93 BGB) des Fahrzeuges wird, in das sie eingebaut ist.
Schließlich könnte bei mehreren, in einem einheitlichen Vertrag verkauften Sachen auch das Verhältnis der Preise der Einzelsachen einen Anhaltspunkt für die Einstufung als Haupt- oder Nebensache liefern. Hier stand einem Fahrzeuggrundpreis von 21.689 DM ein Preis von 1.980 DM für die Navigationsanlage gegenüber.
Da hier somit alle de...