Leitsatz (amtlich)
Es stellt eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht dar, wenn eine in den Boden eingelassene Pflanzeninsel entfernt und das hierdurch entstehende Erdloch mit einem Durchmesser von 60 cm und einem Niveauunterschied von mindestens 10 cm zur Straßendecke nicht abgesichert oder gekennzeichnet wird.
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 29. Mai 2018 - 11 O 238/17 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt neu gefasst:
1.1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 211,06 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.01.2018 zu zahlen.
1.2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von EUR 1.500,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.01.2018 zu zahlen.
1.3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens in Höhe von 50% alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die der Klägerin aus dem Unfallereignis vom 13.05.2017 noch entstehen werden, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist oder übergehen wird.
1.4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von EUR 334,75 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.01.2018 zu zahlen.
1.5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
3. Die Klägerin trägt 64% der Kosten des Rechtsstreits, die Beklagte trägt 36% der Kosten.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten geltend. Sie begehrt in der Hauptsache die Zahlung eines Schmerzensgeldes in einer Größenordnung von nicht unter EUR 5.000,00, materiellen Schadensersatz in Höhe von EUR 422,11 (im Wesentlichen Zuzahlungen, Fahrt- und Attestkosten, Haushaltshilfe) sowie Feststellung einer Ersatzpflicht künftiger materieller und immaterieller Schäden.
Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug sowie der getroffenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat die Klage vollumfänglich abgewiesen. Es hat eine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten durch die Beklagte mit der Begründung verneint, dass die im Innenhof der Wohnanlage eingelassenen Pflanzinseln nicht dem Fußgängerverkehr gewidmet seien. Auch eine besondere Absicherung der Pflanzgrube sei nicht erforderlich gewesen, da demjenigen, der die Pflanzinsel entgegen ihrer Widmung dennoch betrete, eine erhöhte Sorgfalt und Aufmerksamkeit abzuverlangen sei. Bei Anwendung derselben habe die Klägerin einen Sturz vermeiden können, zumal sie aufgrund des Fehlens des Baumes jederzeit mit Unebenheiten in der für den Baum vorgesehen Öffnung habe rechnen müssen. Im Übrigen trete eine etwaige Haftung der Beklagten bei unterstellter Verletzung der Verkehrssicherungspflicht hinter dem weitaus überwiegenden Eigenverschulden der Klägerin vollständig zurück. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt. Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung und beantragt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes im zweiten Rechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, wegen der Antragstellung auf die Sitzungsniederschrift vom 17.01.2019 (II 93).
Der Senat hat die Klägerin ergänzend mündlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird ebenfalls auf die Sitzungsniederschrift vom 17.01.2019 (II 91-93) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin hat teilweise Erfolg.
Die Beklagte hat der Klägerin wegen Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht gemäß §§ 823 Abs. 1, 249, 253 Abs. 2 BGB Schadensersatz zu leisten. Ihre Ersatzpflicht ist jedoch auf einen Anteil von 50% beschränkt, weil bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden der Klägerin mitgewirkt hat.
1. Entgegen der Ansicht des Landgerichts hat die Beklagte die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt, indem sie die mittig in den mit Metallgittern versehenen Pflanzinseln gelegenen Gruben nicht gesichert hat.
a) Zutreffend hat das Landgericht dabei die allgemeinen rechtlichen Voraussetzungen für die Begründung einer Verkehrssicherungspflicht und die im öffentlichen Straßenverkehr zu berücksichtigenden Sicherungserwartungen von Fußgängern dargelegt. Di...