Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Wirksamkeit eines Konkurrenzverbotes im Rahmen eines Mietvertrags über Gewerberäume und zur Frage des Übergangs der Rechte auf einen Grundstückskäufer
Leitsatz (amtlich)
1. Eine in einem Mietvertrag über Ladenräume enthaltene Konkurrenzklausel kann nach § 138 BGB mit Blick auf die nach Art. 12 GG (Berufsfreiheit) zu beachtende Wertentscheidung der Verfassung sittenwidrig sein, wenn der Mieter mit der Übernahme des Geschäftes an den bisherigen Betreiber und Eigentümer eine Ablöse für den Goodwill bezahlt. In diesem Fall scheidet auch eine geltungserhaltende Reduktion nach § 139 BGB aus.
2. Die Frage, ob die Rechte und Pflichten aus einer in einem Mietvertrag über Ladenräume enthaltenen Konkurrenzklausel nach §§ 578 Abs. 2, 566 Abs. 1 BGB auf den Erwerber des Grundstücks übergehen, ist danach zu beurteilen, ob nach den Umständen des Einzelfalls die Wettbewerbsabrede integraler Bestandteil des Mietvertrags ist.
Normenkette
BGB § 138 Abs. 1, §§ 139, 566 Abs. 1, § 578 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 24.09.2004; Aktenzeichen 10 O 457/04) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Karlsruhe v. 24.9.2004 - 10 O 457/04 - im Kostenpunkt aufgehoben, im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Widerklage wird abgewiesen.
2. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits je zur Hälfte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines vertraglichen Wettbewerbsverbots.
Der Zeuge S. war Eigentümer des Hausanwesens in N. In den zum Hausanwesen gehörigen Ladenräumen betrieb er ein Friseurgeschäft. In der Folgezeit eröffnete der Zeuge S. in P. einen neuen Salon und verpachtete das Geschäft in N. zeitweilig.
Im Jahr 1994 vereinbarten die Klägerin, die zuvor in D. ein Friseurgeschäft betrieben hatte, und der Zeuge S. die Übernahme des Friseursalons. Die Klägerin kaufte zum Preis von 60.000 DM das Inventar sowie den Kundenstamm. Der Goodwill wurde im Vertrag mit 10 % des Kaufpreises veranschlagt. Daneben schlossen der Zeuge S. und die Klägerin einen Mietvertrag. Als Mietzweck wurde der Betrieb eines Friseursalons in die Urkunde aufgenommen. Die Bruttomiete belief sich auf 1.552,50 DM. Die Mietzeit wurde auf 10 Jahre befristet, wobei der Mietbeginn auf den 1.8.1994 festgesetzt wurde. Unter § 16 des schriftlichen Mietvertrags wurden unter der Überschrift "Schlussbemerkung" folgende Regelungen getroffen:
Der Vertrag tritt nur in Kraft, wenn gleichzeitig der Kaufvertrag über den Friseursalon abgeschlossen und von beiden Vertragspartnern vor Mietbeginn erfüllt wird.
Während der Dauer dieses Vertrages und bis drei Jahre danach darf keiner der Vertragspartner einen Friseursalon in N., Ö., E., E., W., W., W. und P. betreiben oder sich an einem solchen beteiligen.
Hiervon ausgenommen ist die Filiale in J., welche bereits jetzt vom Vermieter bzw. dessen Gesellschaft betrieben wird.
Sollte der Vermieter das Haus verkaufen, so hat die Vermieterin ein Vorkaufsrecht.
Im Übrigen wird auf den Inhalt des schriftlichen Mietvertrags v. 11.7.1994 (Anl., AS. 1. ff.) Bezug genommen.
Am 1.8.1994 erwarben die Beklagten das Hausanwesen vom Zeugen S.. In der Folgezeit verabredeten die Parteien eine Ergänzung zum Mietvertrag, wobei sie neben einer Anpassung der Mietfläche erklärten, dass der bisherige Mietvertrag weiter gelte. Auf den Inhalt der schriftlichen Vereinbarung v. 13.1.1997 (Anl., AS. 9 ff.) wird Bezug genommen.
Die Klägerin kündigte zum 31.7.2004 das Mietverhältnis und eröffnete unter der Adresse M. in N. einen neuen Friseursalon. Sie räumte das Ladengeschäft in N.; die Räume stehen seitdem leer. Beide Hausanwesen befinden sich im Ortsteil Ö., in dem ca. 3.000 bis 4.000 Einwohner beheimatet sind. Die gesamte Gemeinde N. hat ca. 14.000 Einwohner. Im Ortsteil Ö. gibt es ein weiteres Friseurgeschäft, in der Teilgemeinde N. existieren vier weitere Salons.
Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des LG Karlsruhe v. 24.9.2004 (Bd. I, AS. 81 ff.) wird Bezug genommen.
Ursprünglich beantragte die Klägerin:
Es wird festgestellt, dass die Klägerin im Verhältnis zu den Beklagten nicht verpflichtet ist, in den Gemeinden N., Ö., E., E., W., W., W. und P. den Betrieb eines Friseursalons zu unterlassen.
Die Beklagte beantragten: Die Klage wird abgewiesen.
Die Beklagten haben aber im Rahmen einer Widerklage gleichzeitig den Antrag gestellt:
1. Die Klägerin wird verurteilt, es bis zum 31.7.2007 zu unterlassen, einen Friseursalon in den Orten N., Ö., E., E., W., W., W. und P. zu betreiben oder sich an einem solchen zu beteiligen.
2. Der Klägerin wird angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 200.000 Eu...