Leitsatz (amtlich)

Belehrung über die Rechtsfolgen des Widerrufs unter Beachtung der fernabsatzrechtlichen Belehrungspflichten gemäß § 312d Abs. 2 und 5 BGB a.F.

In Fällen, in denen nach der in Textform dokumentierten tatsächlichen Vertragsgestaltung der Eintritt dieser Widerrufsfolge von vornherein ausgeschlossen ist, kann es dahinstehen, ob eine unzutreffende Belehrung über die Voraussetzungen der Wertersatzpflicht gem. § 312d Abs. 6 BGB a.F. die Widerrufsbelehrung insgesamt "verunklart" (BGH, Urteil vom 24.01.2017 - XI ZR 183/15, juris Rn. 28 ff.) und sie damit insgesamt nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt. In diesen Fällen ist ein Belehrungsdefizit in keinem denkbaren Fall geeignet, den Verbraucher von der Ausübung des Widerrufsrechts abzuhalten.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des von den Klägern erklärten Darlehenswiderrufs und die hieraus abzuleitenden Rückabwicklungsansprüche.

Im Wege des Fernabsatzes schlossen die Parteien am 21.04./28.04.2010 einen Darlehensvertrag über 190.000 EUR mit der Nr. ... zur Finanzierung einer Immobilie (Anlage K 1). Zur Sicherheit bestellten die Kläger der Beklagten am 09.08.2010 eine Buchgrundschuld (Anlage B 2). Die Beklagte erteilte den Klägern folgende formularmäßige Widerrufsbelehrung:

Widerrufsrecht

Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Der Lauf der Frist beginnt einen Tag nachdem Ihnen

ein Exemplar dieser Widerrufserklärung und

eine Vertragsurkunde, Ihr schriftlicher Darlehensantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder Ihres Darlehensantrages

zur Verfügung gestellt, sowie die für den Vertrag geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen und die Informationen, zu denen wir nach den Vorschriften über Fernabsatzverträge (§ 312c Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1, 2 und 4 BGB-InfoV) verpflichtet sind, in Textform mitgeteilt wurden, nicht jedoch vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrages. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs ..."

(...)

Widerrufsfolgen

Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Zinsen (z.B. Zinsen) herauszugeben. ... Dies kann dazu führen, dass Sie die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen

...

Finanzierte Geschäfte

Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag, mit dem Sie Ihre Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind, oder wenn wir uns bei Vorbereitung oder Abschluss des Darlehensvertrages der Mitwirkung Ihres Vertragspartners bedienen. Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstückes oder grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn wir zugleich auch ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind oder wenn wir über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinausgehen und Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördern, indem wir uns dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu eigen machen, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernehmen oder den Veräußerer einseitig begünstigen. Können Sie auch den anderen Vertrag widerrufen, so müssen Sie den Widerruf gegenüber Ihrem diesbezüglichen Vertragspartner erklären.

Mehrere Darlehensnehmer ................

Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen und Entgelten bei Vertragsausführung vor Ablauf der Widerrufsfrist

Zur Zahlung von Zinsen und Entgelten bei Vertragsausführung für die vor Ablauf der Widerrufsfrist von uns erbrachten Leistungen sind Sie im Falle eines Widerrufs nur verpflichtet, wenn Sie ausdrücklich zugestimmt haben, dass wir mit der Ausführung des Vertrages vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnen."

Mit Schreiben vom 14.10.2014 (Anlage K 2) machten die Kläger die Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrungen geltend, erklärten den Widerruf ihrer Vertragserklärungen und verlangten Rücklabwicklung ihrer Vertragsleistungen bis zum 31.10.2014. Die Beklagte wies auch den von dem Prozessbevollmächtigten der Kläger unter dem 11.12.2014 wiederholten Widerruf zurück.

Die Kläger haben erstinstanzlich Feststellung begehrt, 1. dass sich der Darlehensvertrag infolge Widerrufs in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat, 2. dass sie der Beklagten nur noch 94.272,19 EUR schulden, 3. dass die Beklagte sich mit der Rückabwicklung des Darlehensvertrages in Verzug befinde und deswegen Schadensersatz schulde. Ferner haben sie Verurteilung zur Erteilung einer löschungsfähigen Quittung für die Grundschuld Zug um Zug gegen Zahlung der Restvaluta von 94.272,19 EUR und zur Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 3.971,51 EUR verlangt.

Die Beklagte hat erstinstanzlich i...

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