Leitsatz (amtlich)
1. Ein Erwerber eines vom "Dieselskandal" betroffenen Fahrzeugs hat keinen Anspruch auf Deliktszinsen gemäß § 849 BGB (Anschluss an BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 354/19 -, juris Rn. 17 ff.).
2. Ein Anspruch auf Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins gem. §§ 291, 288 Abs. 1 BGB ab Rechtshängigkeit steht dem Erwerber eines solchen Fahrzeugs nicht nur aus dem ausgeurteilten Schadensersatzbetrag zu, sondern aus einem Betrag, der der Differenz aus dem Kaufpreis und dem zu diesem Zeitpunkt im Wege des Vorteilsausgleichs anzurechnenden Nutzungsersatzanspruch entspricht, und sich sodann - sofern nichts Abweichendes vorgetragen ist - täglich linear verringert.
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird - unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel - das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 6. Juni 2019 - 1 O 16/19 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert und neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.252,10 EUR
- nebst Zinsen vom 14. Februar 2019 bis 5. Juli 2019 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. aus einem Betrag von 16.005,66 EUR, der sich ab 14. Februar 2019 bis 5. Juli 2019 Tag für Tag linear auf 13.152,10 EUR ermäßigt,
- nebst weiterer Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. aus 5.252,10 EUR seit 6. Juli 2019
zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 41% und die Beklagte 59%.
III. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts - soweit es aufrechterhalten bleibt - sind vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 22.300 EUR festgesetzt. Davon entfallen auf die Berufung der Beklagten 14.080,67 EUR, der Rest entfällt auf die Berufung des Klägers.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers im Zusammenhang mit dem Kauf eines von dem sog. "Abgasskandal" betroffenen Fahrzeugs.
Die Beklagte stellte unter der Bezeichnung "EA 189" einen Dieselmotor mit der Abgasnorm Euro 5 her, in dessen Motorsteuerung eine zuvor in Kooperation mit der R. B. GmbH entwickelte Software zur Abgassteuerung installiert wurde. Diese Software verfügt über zwei unterschiedliche Betriebsmodi, welche die Abgasrückführung steuern. In dem im Hinblick auf den Stickoxidausstoß optimierten "Modus 1", der beim Durchfahren des für die amtliche Bestimmung der Fahrzeugemissionen maßgeblichen Neuen Europäischen Fahrzyklus (nachfolgend: NEFZ) automatisch aktiviert wird, kommt es zu einer höheren Abgasrückführungsrate, wodurch die gesetzlich geforderten Grenzwerte für Stickoxidemissionen eingehalten werden. Bei im normalen Straßenverkehr anzutreffenden Fahrbedingungen ist der partikeloptimierte "Modus 0" aktiviert, der zu einer geringeren Abgasrückführungsrate und damit zu einem höheren Stickoxidausstoß führt.
Der o.g. Dieselmotor wurde auf Veranlassung des Vorstands der Beklagten nicht nur in diversen Fahrzeugtypen der Beklagten, sondern auch in solchen der zum V.-Konzern gehörenden Unternehmen verbaut.
Mit Kaufvertrag vom 6. März 2015 erwarb der Kläger bei der W. G. GmbH (im Folgenden: Verkäuferin) ein gebrauchtes Fahrzeug der Marke V. Jetta (Anlage K 1). Das Fahrzeug, das die Fahrzeugidentifikationsnummer ... erhalten hatte, wurde dem Kläger nach Bezahlung des Gesamtpreises von 22.300 EUR brutto übergeben und wies einen Kilometerstand von 22.500 auf. In dem Fahrzeug ist auf Veranlassung des Vorstandes der Beklagten ein Dieselmotor des o.g. Typs EA 189 mit 2,0 Liter Hubraum verbaut, dessen Motorsteuerung im Zeitpunkt der Übergabe die o.g. Software zur Abgassteuerung enthielt.
Mit Bescheid vom 15. Oktober 2015 verfügte das Kraftfahrtbundesamt (im Folgenden: KBA) gegenüber der Beklagten "zur Gewährleistung der Vorschriftsmäßigkeit der [...] Typengenehmigung [...] des Typs EA 189 EU5" die "unzulässigen Abschalteinrichtungen" zu entfernen und drohte damit, andernfalls "die Typengenehmigung ganz oder teilweise zu widerrufen oder zurückzunehmen". Zugleich wurde die Beklagte verpflichtet, den technischen Nachweis zu führen, dass nach Entfernen der als unzulässig eingestuften Abschalteinrichtung alle technischen Anforderungen der relevanten Einzelrechtsakte der Richtlinie 2007/46/EG erfüllt werden.
Im Laufe des Jahres 2016 bestätigte das KBA der Beklagten gegenüber für das streitgegenständliche Modell, dass die in Reaktion auf den Bescheid vom 15. Oktober 2015 von der Beklagten entwickelten technischen Maßnahmen (konkret: ein Softwareupdate) geeignet sind, die Vorschriftsmäßigkeit herzustellen.
Der Kläger hat das von dem KBA für das hier in Streit stehende Fahrzeug freigegebene Softwareupdate vor Klageerhebung am 9. September 2016 aufspielen lassen.
Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 5. November 2018 (Anlage K13) forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung ua zur Anerkennung seiner Schadensersatzansprüche auf.
Mit seiner am 31. Dezember 2018 e...