Leitsatz (amtlich)
1. Eine an der Grundstücksgrenze errichtete Mauer verliert ihren Charakter als tote Einfriedung i.S.d. § 11 NRG BW nicht dadurch, dass auf dem Grundstück des Errichtenden der Boden bis an die Oberkante der Mauer durch Aufschüttung erhöht wird und die Mauer (nunmehr) das Nachbargrundstück nach §§ 9, 10 NRG gegen Schädigungen, die von der Erhöhung ausgehen, sichert.
2. In einem solchen Fall ist die Höhe der toten Einfriedung vom verbliebenen natürlichen Bodenniveau am Mauerfuß an der Grundstücksgrenze (also auf der zum Nachbargrundstück weisenden Seite) zu messen.
Normenkette
Nachbarrechtsgesetz BW § 11
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 26.03.2007; Aktenzeichen 5 O 275/06) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Mannheim vom 26.3.2007 (Az. 5 O 275/06) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziff. 1 der Urteilsformel klarstellend wie folgt neu formuliert wird:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die entlang der Grenze der Grundstücke der Parteien (Flurstücknummern und in W.) errichtete Mauer auf eine Höhe von 1,50m zu kürzen, zu entfernen oder mit der Mauer einen Grenzabstand entsprechend der Mehrhöhe einzuhalten, die über 1,50m hinausgeht.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die in W. lebenden Parteien sind Nachbarn. Sie streiten um eine an der Grundstücksgrenze errichtete Mauer und eine hinter dieser Mauer vorgenommene Aufschüttung auf dem Grundstück der Beklagten.
Auf dem Grundstück der Kläger steht eine bis an die Grenze zum Grundstück der Beklagten heranreichende Garage. An der Grundstücksgrenze haben die Beklagten auf ihrem Grundstück eine hinter der Außenwand der Garage verlaufende, aber straßen- und gartenseitig über die Garage hinausreichende Mauer errichtet. Wegen des gartenseitig abfallenden Grundstücks überragt die Mauer in diesem Bereich das natürliche Bodenniveau um bis zu 2m. Zwischen der Mauer und ihrer Terrasse haben die Beklagten ihr Grundstück dergestalt aufgeschüttet, dass der Boden von der Terrasse bis dicht unter die Oberkante der Mauer weitgehend eben verläuft.
Die Kläger haben in erster Instanz u.a. beantragt:
1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die entlang der Grenze der Grundstücke der Parteien (Flurstück-Nummern und in W.) errichtete Mauer auf eine Höhe von 1,50m zu kürzen, zu entfernen oder sonst zurückzuversetzen, wie sie 1,50m übersteigt; (...)
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Im Rechtsstreit erster Instanz ist Beweis erhoben worden durch Einnahme eines Augenscheins und durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Das LG Mannheim hat mit dem angefochtenen Urteil dem Antrag Ziff. 1 stattgegeben und die weitergehende Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Kläger haben ihre Berufung, mit der sie über das erstinstanzliche Urteil hinaus die Verurteilung der Beklagten auch nach Antrag Ziff. 4 erstrebten, in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
Die Beklagten erstreben mit ihrer Berufung weiterhin die vollständige Abweisung der Klage. Sie machen geltend, die von ihnen errichtete Mauer sei als Stützmauer und nicht als Grenzmauer einzustufen; sie verhindere, dass Erdreich vom Grundstück der Beklagten auf das der Kläger gelange. Zudem sei das Beseitigungsverlangen der Kläger schikanös. Diese hätten unmittelbar an der Mauer eine größere Aufschüttung entfernt, über die eine auf dem Grundstück der Kläger befindliche Treppe habe betreten werden können. Von der Oberkante dieser Aufschüttung aus gemessen habe die Mauer an jeder Stelle eine Höhe von unter 1,50m gehabt. Erst im Verlauf des Rechtsstreits hätten die Kläger diese Aufschüttung, die seit mehr als 10 Jahren bestanden habe, wieder beseitigt.
Die Kläger verteidigen die Verurteilung der Beklagten nach Antrag Ziff. 1. Sie bestreiten, im Verlauf des Rechtsstreits durch Abtragung von Erdreich die Höhendifferenz der beiden Grundstücke verändert zu haben. Richtig sei lediglich, dass nach der Erstellung des Gutachtens vor der Garagentür eine Erdaufschüttung entfernt wurde; an dieser Stelle solle eine Treppe errichtet werden.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Zutreffend hat das LG den Klagantrag Ziff. 1 für begründet erachtet.
1. Die Beklagten haben auf ihrem Grundstück unstreitig eine Erhöhung des Bodens ggü. dem natürlichen Bodenniveau vorgenommen. Diese Aufschüttung wird ggü. dem Grundstück der Kläger durch die streitgegenständliche, an der Grundstücksgrenze verlaufende Mauer abgefangen.
Eine solche Aufschüttung ist, wie sich aus § 9 NRG BW ergibt, grundsätzlich zulässig. Wer den Boden erhöht, ist sogar verpflichtet, für eine Absicherung des Nachbargrundstücks gegen Schädigungen durch Absturz oder Pressung des Bodens zu sorgen, § 9 Abs. 1 S. 1 NRG BW. Eine typische Sicherungsmaßnahme ist die Errichtung einer Stützmauer, §§ 9 Abs....