Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbung mit Testergebnissen ohne Angabe der Fundstelle unlauter; Gleichstellung von Fehlen der Fundstelle mit nicht eindeutigem, gut erkennbarem Hinweis auf Fundstelle
Normenkette
UWG § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 2, 3 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Offenburg (Urteil vom 13.05.2011; Aktenzeichen 5 O 23/11) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Offenburg vom 13.5.2011 - Az. 5 O 23/11 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen abgeändert:
Die Verfügungsbeklagte wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der persönlich haftenden Gesellschafterin, untersagt, im geschäftlichen Verkehr für das Smartphone "NOKIA 5230" mit der Wiedergabe von Testurteilen zu werben, ohne die Fundstelle der Veröffentlichung des Tests in deutlich lesbarer Druckgröße wiederzugeben, sofern dies geschieht wie folgt:
Für die Leser von ...
Top Smart-Phone von NOKIA ...
mit Deutschlands niedrigster Grundgebühr
(Abbildung entfernt)
2. Die Beklagte hat die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens in beiden Instanzen zu tragen.
Gründe
I. Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte hinsichtlich der hier geltend gemachten konkreten Verletzungsform zu. Die Werbung der Beklagten in der Werbewurfsendung "..." der Ausgabe vom 17.3.2011 auf Seite 18 für das Smartphone "NOKIA 5230" mit dem Testurteil der Stiftung Warentest ist unlauter i.S.v. §§ 3 Abs. 1, Abs. 2, 5a Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1, 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG.
1. Unlauter ist die Werbung mit Testergebnissen ohne Angabe der Fundstelle (vgl. BGH GRUR 1991, 679 - Fundstellenangabe). Der fehlenden Fundstelle steht es gleich, wenn der Verbraucher auf Grund der Gestaltung der Werbung nicht leicht und eindeutig auf die Fundstelle hingewiesen wird (vgl. BGH GRUR 2010, 248 - Rz. 29 ff. - Kamerakauf im Internet). In diesen Zusammenhang gehört die Lesbarkeit der Angabe. Erforderlich ist, dass die Textfassung ohne besondere Konzentration und Anstrengung möglich ist (vgl. BGH GRUR 1987, 301 6-Punkt-Schrift; GRUR 1988, 68 - Lesbarkeit I; GRUR 1993, 52 - Lesbarkeit IV). Diesen Grundsatz hat der BGH zur Lesbarkeit der Pflichtangaben im Rahmen der Heilmittelwerbung aufgestellt. Er beansprucht auch Geltung bei einer notwendigen Verbraucherinformation in der hier vorliegenden Fallgestaltung (vgl. KG GRUR 2011, 278). Ohne besondere Konzentration und Anstrengung ist im Regelfall nur eine Schrift zu lesen, deren Größe 6-Punkt nicht unterschreitet. Allerdings kann auf Grund besonderer Umstände ausnahmsweise auch eine unterhalb der 6-Punkt-Grenze liegende Schriftgröße die Anforderung erfüllen (BGH, a.a.O.).
Zu beachten ist aber, dass Werbung, die sich an das breite Publikum wendet, wie hier, auch für diejenigen lesbar sein muss, die im medizinischen Sinne nicht 100 % sehfähig sind, aber in Publikumszeitschriften an sich die übliche Schriftgröße noch ohne besondere Konzentration und Anstrengung lesen können (BGH GRUR 1988, 68 - Lesbarkeit I). Denn auch dieser Verbraucherkreis gehört zu den zu berücksichtigenden Durchschnittsverbrauchern.
2. Die streitgegenständliche Werbung wird den vorstehenden Grundsätzen nicht gerecht. Die Fundstellenangabe im Testurteil der Stiftung Warentest unterschreitet die 6-Punkt-Schwelle. Dieser Umstand wird nicht durch sonstige, die Lesbarkeit fördernde Umstände, wie Besonderheiten der Wort- und Zeilenanordnung, Gliederung, Papier oder Farbe kompensiert. Der schwarze Schriftzug hebt sich von dem matten, hellgrauen Hintergrund nur wenig ab. Aus der gedrängten und wenig strukturiert wirkenden Anordnung der Zeilen tritt die Fundstellenangabe nicht hervor. Hieran ändert auch der gegenüber dem Umfeld geringfügig fettere Druck nichts. Hinzu kommt, dass der Hinweis, es seien "10 Multimedia-Handys und 18 Smart-Phones im Test" gewesen, derart klein und konturenarm abgedruckt ist, dass eine Reihe von Lesern diesen Text nur mit höchster Konzentration und Mühe entziffern kann. Einem Teil der Leserschaft gelingt dies gar nicht. Bei Verbrauchern, die wegen dieser im allgemeinen als ärgerlich und unnötig erachteten Anstrengung weitere Bemühungen der Entzifferung abbrechen, wird dann nur das gut lesbare Testergebnis "gut (2,2)" haften bleiben. Gerade dieser Effekt belegt plastisch die Unlauterkeit einer solchen Werbung.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Revision ist gem. § 542 Abs. 2 ZPO nicht statthaft.
Fundstellen
MDR 2012, 484 |
K&R 2012, 217 |
IPRB 2013, 10 |