Leitsatz (amtlich)

"Über die anerkannten Regeln der Technik hinausgehende Vorgaben des Herstellers, die nicht die Produktsicherheit betreffen, muss der Unternehmer bei der Verwendung eines Produkts jedenfalls dann nicht ohne weiteres einhalten, wenn er die ihnen zugrunde liegenden Belastungsgrenzen (hier: Höchstgewicht eines Fensterflügels) nicht ausschöpft."

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 09.03.2007; Aktenzeichen 3 O 288/06)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 21.04.2011; Aktenzeichen VII ZR 130/10)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 9.3.2007 - 3 O 288/06 - wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsrechtszugs.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn die Gegenseite nicht vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des aus dem Urteil jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt von der beklagten Fensterherstellerin Schadensersatz wegen mangelhaft hergestellter Rundbogenfenster.

Die Klägerin, ein in P. ansässiges Fensterbauunternehmen, war von einer Wohnbaugesellschaft mit dem Austausch der Fenster in dem Hausanwesen Z.-straße 1 bis 5 in P. beauftragt worden. Am 30.5.2001 bestellte sie für dieses Bauvorhaben 34 maßgefertigte PVC-Rundbogenfenster aus dem Lieferprogramm der Beklagten zum Preis von netto 48.377 DM. Die Beklagte bestätigte den Auftrag am 11.6.2001 unter Beifügung ihrer Allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen. Darin heißt es u.a.:

IV. Liefertermin - Abnahme

(...) 6. Der Besteller ist verpflichtet, die gelieferten Elemente bei Ankunft auf evtl. Lieferschäden und sichtbare Mängel zu überprüfen. Die Lieferung gilt als abgenommen, wenn der Besteller nicht binnen einer Ausschlussfrist von fünf Tagen Mängelrügen erhebt oder Lieferschäden anzeigt.

Die Rundbogenfenster wurden im Juli 2001 geliefert, von der Klägerin eingebaut und bezahlt. Mit Schreiben vom 31.7.2001 beanstandete die Klägerin die Schwergängigkeit sämtlicher Dreh-Kipp- und Drehflügel und erklärte, dass eine Abnahme so nicht erfolgen könne. In der Folgezeit kam es zu zahlreichen Reklamationen wegen der Schwergängigkeit und weiterer Funktionsbeeinträchtigungen, die jeweils vom Kundendienst der Beklagten bearbeitet wurden. Die Klägerin forderte die Beklagte mehrfach unter Fristsetzung zur vollständigen Mängelbeseitigung auf, zuletzt mit Schreiben vom 3.6.2004. Die Beklagte hielt dem mit Schreiben vom 8.6.2004 entgegen, sie sehe keine Veranlassung die bereits abgelaufene Gewährleistung für die bemängelten Beschlagteile zu verlängern. Daraufhin erhob die Klägerin nach Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens Klage auf Schadensersatz in Höhe der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten und Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden.

Das LG, auf dessen Urteil wegen der weiteren Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Klage nach Anhörung des im selbständigen Beweisverfahrens beauftragten Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) Gerhard R. mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe die behaupteten Mängel nicht bewiesen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren in vollem Umfang weiter. Außerdem will sie erreichen, dass die Ersatzpflicht der Beklagten auch für die Schäden aus der Erfüllung ihrer eigenen Nachbesserungs- und Schadensersatzverpflichtungen festgestellt wird. Sie rügt insbesondere, das LG habe die Beweislast für die Mängel verkannt und das von ihr vorgelegte Privatgutachten des Sachverständigen Prof. Dr. h. c. Klaus L. übergangen. Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil. Wegen des Weiteren Sach- und Streitstands im zweiten Rechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschriften vom 3.9.2007 (II 61), 5.11.2008 (II 259), 27.1.2010 (II 381) und 28.4.2010 (II 419) Bezug genommen, wegen der Antragstellung auf die Sitzungsniederschriften vom 5.11.2008 (II 259), 27.1.2010 (II 381) und 28.4.2010 (II 419). Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines ergänzenden Gutachtens des Sachverständigen R. gemäß Beweisbeschluss vom 25.9.2007 (II 69), durch Einholung eines weiteren Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. Werner St. gemäß Beweisbeschluss vom 19.11.2008, durch Vernehmung des Sachverständigen St. gemäß Beweisbeschluss vom 16.9.2009 (II 365) und durch Vernehmung des Zeugen Werner M. gemäß Verfügung vom 8.2.2010 (II 403). Wegen des Beweisergebnisses wird auf die Sonderbände mit den Gutachten vom 11.6.2008 und vom 15.6.2009 sowie auf die Sitzungsniederschriften vom 27.1.2010 (II 383) und vom 28.4.2010 (II 419). verwiesen. Die Akten des selbständigen Beweisverfahrens (LG Karlsruhe 2 OH 12/04) lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II. Die Berufung ist zulässig. Das gilt auch für den ergänzenden Feststellungsantrag, der das umfassende Feststellungsbegehren erster Ins...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge