Leitsatz (amtlich)
1. Sind Ehegatten am Abschluss eines Verbrauchervertrags beteiligt, so können sie ein Widerrufsrecht grundsätzlich nur gemeinsam ausüben.
2. Aus dem vom Gesetz festgelegten Umfang der Prozessvollmacht (§ 81 ZPO) folgt eine Vertretungsmacht zur Ausübung des Widerrufsrechts nicht.
Verfahrensgang
LG Mosbach (Urteil vom 12.08.2014; Aktenzeichen 1 O 250/13) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Mosbach vom 12.08.2014 - 1 O 250/13 - wird, soweit sie sich gegen die Abweisung des Hauptantrags zu 1) richtet, als unzulässig verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
5. Der Streitwert für die erste und zweite Instanz wird einheitlich auf bis 13.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten darüber, ob der beklagten Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung zusteht und ob die Klägerin Darlehensverträge, die sie zusammen mit ihrem mittlerweile geschiedenen Ehemann in den Jahren 2004 bis 2007 mit der Beklagten abgeschlossen hat, wirksam widerrufen hat.
Die Klägerin schloss gemeinsam mit ihrem damaligen Ehemann zu den nachfolgenden Zeitpunkten insgesamt sechs Darlehensverträge bei der Beklagten zur Finanzierung des Kaufs und der Modernisierung einer Immobilie ab:
Abschlussdatum |
Valuta |
Belehrung |
Oktober 2004 |
40.000 EUR |
Anlage K3 |
Oktober 2004 |
30.000 EUR |
Anlage K3 |
Oktober 2004 |
25.000 EUR |
Anlage K3 |
Januar 2005 |
20.000 EUR |
Anlage K3 |
September 2006 |
25.000 EUR |
Anlage K5 |
Juli 2007 |
5.000 EUR |
Anlage K5 |
Der Klägerin und ihrem Ehemann wurde dabei jeweils eine Widerrufsbelehrung ausgehändigt, die bei den ersten vier Verträgen dem Stand Oktober 2002 (Anlage K3, AS I 27) und bei den weiteren Verträgen dem Stand August 2005 (Anlage K5, AS I 97) entsprach. Vor der Veräußerung der mit den Darlehen finanzierten Immobilien im April 2013 belief sich die offene Darlehensvaluta auf ca. 134.000 EUR.
Mit Anwaltsschreiben vom 01.10.2013 erklärte die Klägerin den Widerruf sämtlicher sechs Darlehensverträge. Die Klägerin machte dabei geltend, die Beklagte habe sie nicht korrekt über ihr Widerrufsrecht belehrt, da die ihr ausgehändigte Widerrufsbelehrung sowohl hinsichtlich ihrer äußeren Gestaltung als auch inhaltlich von der Musterwiderrufsbelehrung gemäß § 14 BGB-InfoV a.F. abweiche. Die Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist sei zudem fehlerhaft. Im Schriftsatz vom 17.02.2014 (AS I 93) erklärte der nunmehr in neuer Kanzlei tätige Prozessbevollmächtigte der Klägerin darüber hinaus im Namen des geschiedenen Ehemannes der Klägerin den Widerruf unter Verweis auf eine Untervollmacht für die K. Rechtsanwälte und unter Vorlage einer von M. H. am 25.10.2013 der K. Rechtsanwälte erteilten Vollmacht in Sachen H./S. T.. Mit Schreiben vom 26.02.2014 (Anlagen B1 und B2, AS I 109, 111) hat die Beklagte den Widerruf wegen fehlender Beifügung von Originalvollmachten zurück- und darauf hingewiesen, dass - unstreitig - keine Untervollmacht vorgelegen habe. Der geschiedene Ehemann der Klägerin widerrief zudem mit Schreiben vom 04.03.2014 (Anlage B3, AS I 113) die Vollmacht vom 25.10.2013, verbat sich deren Weiterverwendung ausdrücklich und teilte mit, er werde auch für die Kanzlei C. keine neue Vollmacht unterzeichnen.
In der mündlichen Verhandlung vom 25.04.2014 legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin eine Prozessvollmacht vom 24.04.2014 in der Sache M. H./S. T. vor, die vom geschiedenen Ehemann der Klägerin unterschrieben war (AS I 123). Hierauf gestützt erklärte er wiederum den Widerruf der streitgegenständlichen Darlehensverträge namens des M. H. Die Ausstellung der Prozessvollmacht vom 24.04.40214 erfolgte unstreitig aufgrund folgenden Sachverhalts: Die Klägerin hat am 24.04.2014 die Unterzeichnung der Prozessvollmacht von ihrem geschiedenen Ehemann mit der Drohung verlangt, dass sie ihm sonst Schwierigkeiten im Umgang mit dem ehegemeinschaftlichen Kind machen und sie ihn außerdem mit einem Prozessverfahren wegen der Darlehen überziehen werde. Allein dann, wenn er die Prozessvollmacht unterzeichne, würde sie davon Abstand nehmen, ihm Schwierigkeiten bei der Ausübung des Umgangsrechts zu machen und vom Klageverfahren Abstand nehmen. Mit Schreiben vom 03.05.2014 (AS I 125) widerrief M. H. gegenüber den Klägervertretern auch die am 24.04.2014 unterzeichnete Prozessvollmacht.
Die Klägerin hat vorgetragen, aufgrund der fehlerhaften bzw. unvollständigen Widerrufsbelehrung sei das Widerrufsrecht nicht erloschen und die Darlehensverträge seien wirksam widerrufen worden. Jeder Verbraucher könne seine eigene, auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung gesondert widerrufen. Zur Wirksamkeit des Wid...