Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Entscheidung vom 19.11.2010; Aktenzeichen 5 O 267/10) |
Tenor
I.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 19. November 2010 - 5 O 267/10 - wird zurückgewiesen.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsrechtszugs sowie der Streithilfe im Berufungsrechtszug.
III.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt mit der Klage unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht bei Schnee- und Eisglätte Schadensersatz im Zusammenhang mit einem Sturz auf dem Parkplatz eines von der Beklagten betriebenen Verbrauchermarktes. Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen des Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug sowie der getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren Anspruch in vollem Umfang weiter verfolgt. Die Beklagte und ihre Streithelferin verteidigen das angefochtene Urteil. Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im zweiten Rechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, wegen der Antragstellung auf die Sitzungsniederschrift vom 30.11.2011 (II 139).
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte weder einen vertraglichen Anspruch gem. §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2, 280, 278, 249, 253 Abs. 2 BGB auf Ersatz ihres materiellen und immateriellen Schadens sowie die begehrte Feststellung noch steht ihr ein solcher unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung gem. §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB, 229 StGB, 831 BGB zu.
1. Die Begründung des Landgerichts trägt die Abweisung der Klage allerdings nicht. Denn entgegen dem angefochtenen Urteil hätte die Beklagte vertraglich gem. § 278 BGB für eine schuldhafte Verletzung der Räum- und Streupflicht durch ihren Streithelfer einzustehen.
a) Nach § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB kann es bereits durch die Anbahnung eines Vertrages bzw. nach Nr. 3 durch ähnliche geschäftliche Kontakte zur Begründung eines Schuldverhältnisses mit Schutz- und Rücksichtspflichten im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB kommen. Bereits in diesem Stadium besteht die Pflicht, sich so zu verhalten, dass Körper, Leben, Eigentum und sonstige Rechtsgüter des anderen Teils nicht verletzt werden (Palandt, 71. Auflage, § 311 Rn. 29; MünchKomm/Emmerich, BGB, 5. Auflage, § 311 Rn. 71). Diese Pflicht besteht unabhängig davon, ob es zum Zeitpunkt des Unfalls schon zu konkreten Kaufverhandlungen gekommen war (BGH, NJW 1962, 31). Der Schutz beginnt bei einem Schadensfall im Zusammenhang mit dem Einkauf in einem Warenhaus in dem Moment, in dem sich der Kunde mit dem Ziel eines Vertragsschlusses in die vom Warenhaus beherrschte Sphäre begibt (BGH, a.a.O.). Bei Geschäften, die zu Fuß erreichbar sind, beginnt der Schutz in der Regel mit dem Erreichen des Eingangsbereichs der Verkaufsräume (BGH, NJW 1976, 712; Palandt, a.a.O., Rn. 23). Der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (a.a.O.) lässt sich nicht entnehmen, dass Voraussetzung einer derartigen Haftung in jedem Fall das Betreten der Geschäftsräume ist. Vorausgesetzt wird dort vielmehr, dass es sich um einen zumindest möglichen Kunden handelt in Abgrenzung zu solchen Personen, die keinerlei - auch keine potentiellen - Kaufabsichten hegen. Die aus dem Schuldverhältnis gem. §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB hergeleitete Haftung für die Verletzung von Schutz und Obhutspflichten findet ihre Rechtfertigung darin, dass der Geschädigte sich zum Zwecke der Vertragsverhandlungen in den Einflussbereich des anderen Teiles begeben hat und damit redlicher Weise auf eine gesteigerte Sorgfalt seines Vertragspartners vertrauen darf (BGH, a.a.O.). Dies gilt jedoch in gleichem Maße für mögliche Kunden, die einen Kundenparkplatz aufsuchen, den der Betreiber des Geschäfts ihnen zur Befriedigung ihrer Kaufabsichten zur Nutzung zur Verfügung stellt. Für die Annahme einer Vertragsanbahnung genügt grundsätzlich die Eröffnung eines Verkehrs zur Ermöglichung geschäftlicher Kontakte. Die Grundsätze sind danach auch bei einem Unfall mit potentiellen Kunden auf einem Kundenparkplatz anzuwenden, der bestimmungsgemäß den potentiellen Kunden als Zufahrts- und Parkfläche zur Verfügung gestellt wird (OLG Saarbrücken, NJW-RR 2012, 152 ff., [...] Tz. 46 ff.; LG München, Urteil vom 27.05.2008, Az. 8 S 538/08, [...] Tz. 7; vgl. auch: OLG Brandenburg, Urteil vom 01.04.2008, Az. 11 U 147/07, zit. nach www.lexisnexis.com; LG Bonn, Schaden-Praxis 2010, 8, [...] Tz. 12; LG Aachen, ZfSch 1989, 190; a. A. LG Bielefeld, Urteil vom 20.06.2007, Az. 5 O 161/07, [...] Tz. 34).
b) Diese Voraussetzungen lagen hier nach den Ausführungen des Landgerichts vor. Danach haben die Klägerin und ihr Ehemann auf dem Parkplatz mit ihrem Kfz geparkt, um das von der Beklagten betriebene Ladenlokal in Kaufabsicht aufzusuchen. Daher ist bereits zu...