Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer Gewinnmitteilung
Leitsatz (amtlich)
1. Wird mit einem Prozesskostenhilfegesuch der Entwurf einer beabsichtigten Klage eingereicht, so gilt die Klage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung als eingereicht, wenn der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung auf die im Klageentwurf enthaltenen Anträge Bezug nimmt und dadurch eindeutig zu erkennen gibt, dass er den eingereichten Entwurf nunmehr als Klageschrift behandelt sehen will (Anschluss an BGH NJW 1972, S. 1373 f., = Rpfleger 1972, S. 304 f.).
2. Zur Frage, ob eine Gewinnmitteilung nach Inhalt und Gestaltung geeignet ist, beim Empfänger den Eindruck zu erwecken, er habe einen bestimmten Preis bereits gewonnen.
Normenkette
ZPO § 253 Abs. 2; BGB § 295 Abs. 1, § 461 Abs. 1, § 661a
Verfahrensgang
LG Offenburg (Urteil vom 27.11.2007; Aktenzeichen 2 O 203/07) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des LG Offenburg vom 27.11.2007 - 2 O 203/07 - dahin abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird.
2. Der Kläger trägt die Kosten beider Instanzen.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann jedoch die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in dieser Höhe Sicherheit leistet.
4. Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 50.000 EUR festgesetzt.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht einen Zahlungsanspruch aufgrund einer von ihm als Gewinnzusage angesehenen Mitteilung der Beklagten geltend.
1. Der Kläger ist Abonnent der vom B.-Verlag herausgegebenen Wochenzeitschrift "F.". Die einzelnen, mit entsprechenden Adressenaufklebern versehenen Hefte erhält er per Post. Das ihm am 4.6.2007 übersandte Exemplar der Ausgabe 23/07 enthielt als Beilage eine gefaltete vierseitige Briefkarte (vgl. I 67 und I 69/73). Zum Aufklappen musste sie an der dem Falz gegenüberliegenden Seite aufgetrennt werden.
Auf der - offenen - ersten Seite heißt es unter den Überschriften
"fuer f.-Leser" und "Ihre persönliche 10 Jahre Sofort-Rente" u.a.: "... Mit dieser Einladung haben Sie die einmalige Chance auf eine Sofort-Rente - Monat für Monat 416,67 EUR - 10 Jahre lang. ... Und das Beste: Sie haben bereits gewonnen!.... Wir halten für Sie einen exklusiven Garantie-Gewinn bereit ...." - Auf der ersten Innenseite steht u.a.: "Sichern Sie sich die exklusive Möglichkeit auf Ihre persönliche 10 Jahre Sofort-Rente! Rufen Sie unter der kostenlosen Hotline .... an und nennen Sie uns Ihre Berechtigungs-Nr. Ihre 10 Jahre Sofort-Rente von monatlich 416,67 EUR oder einmalig 50.000 EUR in bar warten auf Sie. ..."
Der Kläger vertritt die Auffassung, der genannte und der weitere Text der Briefkarte erweckten den Eindruck, er habe einen Preis i.H.v. 50.000 EUR gewonnen, den die Beklagte gem. § 661a BGB an ihn zu leisten habe.
2. Mit als "Prozesskostenhilfegesuch für Klage" bezeichnetem Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 25.6.2007 beantragte der Kläger beim LG Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte und in dem Schriftsatz mit Antrag und Begründung formulierte Klage auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 50.000 EUR nebst Zinsen an den Kläger. Die Beklagte, welcher der Schriftsatz vom 25.6.2007 formlos zur Stellungnahme übersandt worden war (Verfügung vom 26.6.2007), trat dem Prozesskostenhilfeantrag mit Anwaltschriftsatz vom 10.7.2007 entgegen. Mit Beschluss vom 11.10.2007 hat das LG antragsgemäß Prozesskostenhilfe gewährt. Mit Verfügung ebenfalls vom 11.10.2007 hat das LG Termin zur Güteverhandlung und zur mündlichen Verhandlung auf den 30.10.2007 bestimmt. Eine Klageschrift wurde nicht eingereicht. In der richterlichen Niederschrift über die später auf den 14.11.2007 verlegte öffentliche Sitzung heißt es: "Der Klägervertreter stellt den Antrag aus dem Schriftsatz vom 25.6.2007 (AS 3). Der Beklagtenvertreter beantragt Klageabweisung".
3. Mit Urteil vom 27.11.2007, in dessen Rubrum die Parteien als "Antragsteller" und "Antragsgegner" bezeichnet sind und auf das wegen weiterer Einzelheiten des vom Kläger verfolgten Anspruchs, des zugrundeliegenden Sachverhalts sowie des Parteivorbringens Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 ZPO), hat das LG die Beklagte verurteilt, an den Kläger 50.000 EUR nebst Zinsen zu bezahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Durch Text und Gestaltung der dem Kläger als Beilage zu der an ihn adressierten Zeitschrift übersandten Karte, von der er sich auch habe angesprochen fühlen können, sei beim durchschnittlichen Leser der Eindruck erweckt worden, er sei Gewinner der darin genannten Rente oder - alternativ hierzu - eines Barpreises von 50.000 EUR geworden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
4. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, die ihren bisherigen Vortrag im Wesentlichen wiederholt und vertieft.
Sie beantragt, die Klage unter Auf...