Leitsatz (amtlich)

Führt die „lackschadenfreie Ausbeultechnik bei Hagel-/Kastanien- und Parkbeulen” bei einem Kfz zur Naturalrestitution, besteht jedenfalls dann kein Anspruch auf die Kosten der herkömmlichen Ausbeulung mit nachfolgender Lackierung gemäß dem Kostenvoranschlag einer Fachwerkstatt, wenn diese auch die Ausbeultechnik anbietet.

 

Normenkette

BGB § 249 Abs. 2 S. 1, § 249 S. 2 a.F.

 

Verfahrensgang

AG Freiburg i. Br. (Urteil vom 04.03.2003; Aktenzeichen 2 C 3424/02)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des AG Freiburg vom 4.3.2003 abgeändert:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 165 Euro nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 8.8.2002 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Der Kläger hat 3/4, die Beklagten haben 1/4 der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt Schadenersatz, weil die Beklagte zu 2) mit ihrer Autotüre das daneben geparkte Fahrzeug des Klägers beschädigt habe.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe auch wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens verwiesen wird, hat das AG Freiburg der Klage auf Zahlung von 610,94 Euro stattgegeben.

Mit ihrer Berufung verfolgen die Beklagten ihr Klagabweisungsbegehren weiter. Sie halten nicht für ausreichend festgestellt, dass die Tür des klägerischen Fahrzeugs durch eine willentliche Handlung der Beklagten zu 2) (im Folgenden nur: die Beklagte) herbeigeführt worden sei. Tatsächlich habe der Kläger die Türe gegen die Beklagte geschlagen. Von dieser sei allenfalls eine reflexartige Gegenbewegung ausgegangen, die nicht zu einer Haftung der Beklagten führen könne. Schließlich könne nicht mehr als 165 Euro Sehadensersatz verlangt werden. Der vom Kläger eingereichte Kostenvoranschlag über 565,94 Euro sei weit übersetzt. Nach Angaben des Kfz-Sachverständigen im Termin des AG vom 18.2.2003 könne der Schaden durch eine sehr moderne Reparaturmethode für höchstens 120 Euro repariert werden. Zu Unrecht habe das AG Freiburg angenommen, der Kläger müsse sich auf diese günstigere Reparaturmethode unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderung deshalb nicht verweisen lassen, weil diese noch nicht besonders verbreitet sei. Denn wie Nachforschungen ergeben hätten, sei insb. das Autohaus E. in S., nach dessen Kostenvoranschlag der Kläger seinen Reparaturschaden beziffert habe, in der Lage, den Schaden am klägerischen Fahrzeug nach dieser Methode, der sog. „lackschadensfreien Ausbeultechnik bei Hagel-/Kastanien- und Parkbeulen” zu beseitigen. Neben dem Autohaus E. würden auch zwei, drei große andere Autowerkstätten in S. diese Reparaturtechnik beherrschen. Der Einwand sei nicht verspätet, da der Kostenvoranschlag der Firma E. dem Kläger erst in der mündlichen Verhandlung erster Instanz zugänglich gemacht worden sei. Ohne Kenntnis des Kostenvoranschlags und der Reparaturmethode hätten keine substantiierten Einwendungen rechtzeitig vorgebracht werden können.

Die Beklagten beantragen, das Urteil des AG Freiburg vom 4.3.2003 – 2 C 3424/02 – aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt mit seinem – nach Ablauf der gem. § 521 Abs. 2 ZPO bis 16.7.2003 gesetzten Berufungserwiderungsfrist eingegangenen – Schriftsatz vom 29.7.2003 die angefochtene Entscheidung. Die Beklagte habe aktiv und bewusst die Türe zurückgestoßen. Der Kläger müsse sich auch nicht auf eine andere Reparaturmethode verweisen lassen, da diese nicht sicher zu einer 100 %igen Schadensbeseitigung führe. Das von den Beklagten genannte Autohaus L. würde die Reparaturmethode nicht anwenden. Auch bestehe bei der Reparaturmethode die Gefahr, dass ein mit bloßem Auge nicht sichtbarer Haarriss im Lack entstehe. Es werde bestritten, dass die Firma H. eine derartige Reparaturmethode ausführe. Zu Recht sei das Gericht deshalb davon ausgegangen, dass sich der Kläger nicht auf die relativ neue und auch noch nicht weit verbreitete Reparaturmethode einlassen müsse.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat war, Bezug genommen. Der Senat hat Beweis erhoben durch ein ergänzendes mündliches Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. K.-H. S.

II. 1. Die Berufung ist zulässig.

Das OLG ist gem. § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG i.d.F. des Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27.7.2001 zur Entscheidung berufen, da die Beklagte zu 2) ihren allgemeinen Gerichtsstand im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit erster Instanz in der Schweiz hatte (vgl. BGH, Urt. v. 13.5.2003 – VI ZR 430/02, BGHReport 2003, 892).

2. Die Berufung hat überwiegend Erfolg.

a) Die Beklagte zu 2) haftet – entspr. dem gem. Art. 40 Abs. 1 EGB...

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