Leitsatz (amtlich)
1. Anders als die gesetzliche Unterlassungsverpflichtung geht die vertragliche Unterlassungsverpflichtung auf den Gesamtrechtsnachfolger nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG über.
2. Die Wiederholungsgefahr entfällt beim Übergang einer vertraglichen Unterlassungsverpflichtung auf den Rechtsnachfolger nur dann, wenn die versprochene Verpflichtung geeignet erscheint, den Rechtsnachfolger wirklich und ernsthaft von Wiederholungen der Verletzungshandlung abzuhalten und der Rechtsnachfolger sich auf den Rechtsübergang beruft und dadurch zu erkennen gibt, dass das Vertragstrafeversprechen auch diesen Streit regelt.
3. Im Hauptsacheverfahren ist eine Widerklage mit dem Antrag auf Aufhebung einer einstweiligen Verfügung gem. § 927 ZPO nicht zulässig.
4. Anders als im Widerspruchsverfahren nach § 924 f. ZPO ist im Aufhebungsverfahren nach § 927 ZPO eine durch das Erstgericht zu Unrecht aufgehobene einstweilige Verfügung im Berufungsverfahren jedenfalls dann nicht erneut zu erlassen, wenn sie nicht aus einem Grund aufgehoben wurde, der ihre ursprüngliche Fehlerhaftigkeit ergab.
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 14.07.2010; Aktenzeichen 15 O 46/09) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Karlsruhe - IV. Kammer für Handelssachen - vom 14.7.2010 - Az. 15 O 46/09 KfH IV - wird zurückgewiesen.
II. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Karlsruhe - IV. Kammer für Handelssachen - vom 14.7.2010 - Az. 15 O 46/09 KfH IV- im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes i.H.v. bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft - zu vollstrecken an ihren Geschäftsführern - zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Rahmen der Akquise von Aufträgen der Beklagten
a) Werber als Mitarbeiter der Klägerin auszugeben und/oder ausgeben zu lassen;
und/oder
b) zu behaupten und/oder behaupten zu lassen, der Werber müsste im Auftrag der Klägerin die letzten Rechnungen des Kunden prüfen;
und/oder
c) Kunden dazu aufzufordern und/oder auffordern zu lassen, ein Auftragsformular der Beklagten zu unterzeichnen, wenn dies mit der Behauptung geschieht, der Kunde müsse mit der Unterschrift eine vorausgegangene Beratung bestätigen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.162,55 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB aus einem Teilbetrag i.H.v. 1.335, 15 EUR seit dem 3.3.2009 und einem weiteren Teilbetrag i.H.v. 827,40 EUR seit dem 27.4.2009 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage hinsichtlich des weiter gehenden Zahlungsantrags abgewiesen.
4. Die Widerklage wird - soweit über sie noch zu entscheiden war - als unzulässig verworfen.
5. Hinsichtlich des Klageantrags Ziff. 1c) wird die Klägerin des Rechtsmittels der Berufung für verlustig erklärt.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits in der ersten Instanz trägt die Klägerin 17 % und die Beklagte 83 %. Von den Kosten des Rechtsstreits in der zweiten Instanz trägt die Klägerin 20 % und die Beklagte 80 %.
IV. Das Urteil ist hinsichtlich Ziff. I.1 bis 3. und Ziff. III. vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gem. Ziff. II.1. gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 100.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Hinsichtlich der Zahlungsaussprüche kann die Beklagte die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien stehen im Wettbewerb beim Angebot von Telekommunikationsdienstleistungen. Die Klägerin begehrt von der Beklagten in erster Linie die Unterlassung von Werbung mit irreführenden Angaben, teilweise stützt sie die Ansprüche hilfsweise auf Namensrecht (Anträge 1a und 1b). Darüber hinaus macht die Klägerin Ansprüche auf Ersatz von Abmahnkosten und der Kosten für ein Abschlussschreiben geltend. Die Beklagte begehrt im Wege der Widerklage Aufhebung einer einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände und Schadensersatz.
Am 18.5.2006 schlossen die Klägerin und die A. AG & Co. KG (fortan: A.) eine Vereinbarung mit folgendem Inhalt (vgl. Anlage rop 10, AH I AS 383):
"A. hat zwei strafbewehrte Unterlassungserklärungen gegenüber T. [der Klägerin] abgegeben:
- Hinsichtlich der Aussage von Werbern im Rahmen der Akquisition von Pre-Selection-Kunden "Ich komme im Auftrag der (...) Klägerin" hat A. mit Datum vom 16.3.2000 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung nach Hamburger Brauch (Anlage 1) abgegeben.
- In Bezug auf den Umstand, dass A.-Mitarbeiter sich als Mitarbeiter der Klägerin ausgeben, hat A. am 26.5.2000 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung über 10.225,84 EUR (20.000 DM, Anlage 2) abgegeben. (...)
1. A. verpflichtet sich nunmehr, in Bezug auf die in Anlage 1 beschriebene Handlung eine auf 7.500 EUR erhöhte Vert...