Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermäßigung des Darlehenszinssatzes auch bei Heilung der Formnichtigkeit nach § 6 Abs. 2 S. 2 VerbrKrG a.F.
Leitsatz (amtlich)
Selbst wenn der Formmangel wegen Fehlens der Einheitlichkeit einer aus getrennten Blättern bestehenden Darlehensvertragsurkunde nach § 6 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG (Empfang des Darlehens) geheilt ist, ermäßigt sich der vereinbarte Zinssatz nach § 6 Abs. 2 S. 2 VerbrkrG auf den gesetzlichen Zinssatz von 4 %, da die Rechtsfolgen dieser Vorschrift auch in jedem Falle der Heilung eines formnichtigen Vertrags eintreten.
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 20.02.2003; Aktenzeichen 3 O 340/02) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Mannheim vom 20.2.2003 – 3 O 340/02 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 4.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entspr. Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin hat von der Beklagten die Rückabwicklung eines Darlehensvertrages begehrt und hilfsweise die Feststellung beantragt, dass die zwischen den Parteien vereinbarten Darlehensverträge mit 4 % zu verzinsen sind. Das LG hat unter Abweisung des Hauptantrages dem hilfsweise geltend gemachten Feststellungsbegehren der Klägerin entsprochen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen. Das Berufungsvorbringen beider Parteien veranlasst eine Änderung oder Ergänzung dieser Feststellungen nicht.
II. Die zulässige Berufung bleibt in der Sache erfolglos. Weder beruht das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die festgestellten Tatsachen eine andere Entscheidung. Mit zutreffenden Ausführungen, auf die Bezug genommen wird, hat das LG dargelegt und im Einzelnen begründet, dass der von den Parteien abgeschlossene Darlehensvertrag dem Schriftformerfordernis des § 4 VerbrKrG nicht genügt und dass sich deshalb gem. § 6 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG der vereinbarte Zinssatz auf den gesetzlichen Zinssatz von 4 % ermäßigt. Die Ausführungen der Beklagten im Berufungsrechtszug veranlassen keine hiervon abw. Beurteilung.
In Übereinstimmung mit dem LG ist auch der Senat der Auffassung, dass der „BauKreditSystem”-Darlehensantrag vom 19.12.1991 und das „Zusatzblatt zum Darlehensantrag „BauKreditSystem” nicht als einheitliche Urkunde gewertet werden können. Nach der Rspr. des BGH zur Wahrung der Schriftform in langfristigen Mietverträgen, die auch auf das Schriftformerfordernis des § 4 VerbrKrG anzuwenden ist, müssen mehrere Blätter einer Urkunde oder mehrere Urkunden, die zusammen einen Vertrag ergeben sollen, grundsätzlich fest zu einer Einheit verbunden sein. Allerdings ist dann zur Einhaltung der erforderlichen Schriftform keine körperliche Verbindung der einzelnen Blätter der Urkunde notwendig, wenn sich deren Einheit aus fortlaufender Paginierung, fortlaufender Nummerierung der einzelnen Bestimmungen, einheitlicher graphischer Gestaltung, inhaltlich im Zusammenhang des Textes oder vergleichbaren Merkmalen zweifelsfrei ergibt (BGH v. 24.9.1997 – XII ZR 234/95, BGHZ 136, 357 = MDR 1998, 31). Sind trotz fehlender Verbindung Unklarheiten ausgeschlossen, so ist es nicht gerechtfertigt, stets an dem Erfordernis einer solchen Verbindung festzuhalten (BGH NJW 1999, 1104 [1105]). Im Streitfall ist, wie das LG zutreffend festgestellt hat, das Erfordernis der Einheit der Urkunde nicht gewahrt. Zwar hat die Beklagte in ihrem Schreiben an die Klägerin vom 28.1.1992 darauf hingewiesen, dass der Klägerin „eine Abschrift des von uns unterschriebenen Darlehensvertrages mit Zusatzblatt” übermittelt werden sollte. Das Zusatzblatt enthält auch den in hervorgehobener Druckschrift gehaltenen Hinweis: „Dieses Zusatzblatt ist wesentlicher Bestandteil des Darlehensvertrages.” In dem Zusatzblatt sind ferner die Klägerin als Darlehensnehmerin und die Kontonummern der Darlehen angegeben. Diese Umstände reichen jedoch, wie das LG zu Recht ausgeführt hat, für die Annahme einer einheitlichen Urkunde nicht aus. Die von der Rspr. hierfür aufgestellten Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Es fehlt an einer fortlaufenden Paginierung oder fortlaufenden Nummerierung der einzelnen Bestimmungen. Eine einheitliche graphische Gestaltung ist nicht gegeben. Zu Recht weist das LG darauf hin, dass gerade das von der Klägerin unterzeichnete Exemplar des Zusatzblattes aus starkem grau-beige gefärbtem Papier besteht, während der Darlehensantrag auf blau-weiß gehaltenem Dünndruckpapier ausgeführt ist. Für den Adressaten ist ein Zusammenhang beider Urkunden aufgrund ihrer äußeren Gestaltung nicht erkennbar. Es fehlt auch an einem zusammenhängenden Text. Schließlich steht der zweifelsfreien Erkennbarkeit eines Zusammenhangs bei der Urkunde auch entgegen, dass sich in dem Darlehensantrag als eigentlicher Darlehensu...