Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtigkeit eines Kaufvertrages über Lieferung nicht zugelassener Arzneimittel aus dem Ausland
Leitsatz (amtlich)
Ein Kaufvertrag über die Lieferung von nicht zugelassenen, jedoch zulassungspflichtigen Arzneimitteln aus dem Ausland ins Inland ist nach § 134 BGB nichtig.
Normenkette
BGB § 134; AMG § 21 Abs. 1 S. 1, § 73 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 10 O 32/00) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des LG Freiburg – 1. Kammer für Handelssachen – vom 18.12.2000 abgeändert. Die Klage wird i.H.v. 44.000 DM nebst 10 % Zinsen hieraus seit dem 15.11.1999 (Lieferung von 440 Flaschen Rowland Formule am 12.10.1999) abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
4. Die Beschwer der Klägerin übersteigt 60.000 DM nicht.
Tatbestand
Die Klägerin, die ihren Sitz in den Niederlanden hat, vertreibt Präparate zur Prophylaxe und Therapie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Durchblutungsstörungen. Mit den Beklagten steht sie seit mehreren Jahren in Geschäftsbeziehung.
Streitgegenständlich sind Ansprüche wegen Lieferungen des Mittels „Rowland Formule” aus dem Jahre 1999, die die Klägerin mit Rechnungen vom 15.6.1999 über 79.600 DM und vom 15.10.1999 über 78.300 DM zusammengefasst hat.
Die Klägerin hat beantragt:
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 157.900 DM nebst 10 % Zinsen aus 79.600 DM seit dem 15.7.1999 und aus 78.300 DM seit dem 15.11.1999 zu bezahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben vorgetragen, sie hätten die den beiden Rechnungen zugrunde liegenden Sendungen nicht erhalten. Außerdem haben sie eingewandt, das Mittel sei nach deutschem Recht als Arzeimittel zu bewerten und deshalb unter Verstoß gegen § 73 Abs. 1 Nr. 1 AMG nach Deutschland verbracht worden. Die Lieferverträge seien nach § 134 BGB nichtig.
Schließlich haben sie behauptet, das Mittel habe nicht die zugesicherte Wirkung und sei deshalb fehlerhaft. Insoweit hat sich die Klägerin auf Verjährung berufen.
Das LG hat der Klage mit dem angefochtenen Teilurteil hinsichtlich einer Lieferung von 440 Flaschen „Rowland Formule” zum Preis von insgesamt 44.000 DM, die auf einem einheitlichen und selbstständigen Vertrag beruht und am 12.10.1999 erfolgt ist, stattgegeben. Es hat die Entgegennahme der Leistung durch die Beklagten für erwiesen erachtet. Es hat unterstellt, dass es um Arzneimittel i.S.d. AMG gehe, jedoch einen zur Nichtigkeit des Vertrages führenden Verstoß gegen die Vorschriften des genannten Gesetzes verneint. Normadressat des Einfuhrverbots nach § 73 AMG sei lediglich die Klägerin. Dass die Beklagten die Ware rechtswidrig weiterveräußern wollten, sei nicht Gegenstand des Vertrages, aus dem die Klägerin ihren Anspruch herleite. Mängelgewährleistungsansprüche könnten wegen Verjährung nach § 477 BGB nicht mehr geltend gemacht werden.
Mit der Berufung wiederholen und vertiefen die Beklagten ihre bereits erstinstanzlich erhobenen Einwendungen.
Sie beantragen:
Unter Aufhebung des Teilurteils 10 O 32/00 des LG Freiburg vom 18.12.2000, die Klage abzuweisen,
hilfsweise den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Ein Anspruch auf den Kaufpreis besteht nicht, da der Kaufvertrag nach § 134 BGB nichtig ist.
1. Die Rechte und Pflichten der Parteien bestimmen sich in erster Linie nach dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (Art. 1 Abs. 1 Buchst. a CISG). Allerdings enthält das Übereinkommen keine Bestimmungen über die Gültigkeit von Verträgen (Art. 4 S. 2 Buchst. a CISG). Insoweit ist das maßgebliche Recht nach den internationalprivatrechtlichen Vorschriften des Forumsstaates zu ermitteln (vgl. Schlechtriem/Ferrari, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht 3. Aufl., Art. 4 Rz. 6). Die Parteien haben sich in erster Instanz übereinstimmend auf die Geltung deutscher Rechtsvorschriften berufen und damit konkludent deutsches Recht vereinbart (BGH v. 9.12.1998 – IV ZR 306/97, NJW 1999, 950 [951]). Danach verstößt der Vertrag gegen das gesetzliche Verbot, Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung unterliegen, ohne derartige Zulassung in den Geltungsbereich des AMG zu verbringen (§ 73 Abs. 1 Nr. 1 AMG), und ist damit nichtig (§ 134 BGB).
2. Dass es sich vorliegend um Arzneimittel handelt, kann der Senat – i.Ü. in Übereinstimmung mit dem bestandskräftigen Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 6.11.2000 (25–5482.9), mit dem das In-Verkehr-bringen der Ware untersagt worden ist – selbst feststellen, ohne dass es der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedürfte.
Für die Beantwortung der Fr...