Entscheidungsstichwort (Thema)
Anleger- und anlagegerechte Beratung bei Unternehmensbeteiligungen; Anforderungen an einen Güteantrag zur Verjährungshemmung
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Unternehmensbeteiligung an einem Hotelbetrieb ist als spekulative Anlageform einzuschätzen. Im Rahmen anlagegerechter Beratung ist auf ein Totalverlustrisiko des eingesetzten Kapitals hinzuweisen.
2. Eine Beteiligung an einem geschlossenen Immobiilienfonds kann anlegergerecht sein. Eines Hinweises auf einen möglichen Totalverlust des eingesetzten Kapitals bedarf es nicht in jedem Fall.
3. Ein Güteantrag vermag die Verjährung eines vertraglichen Schadensersatzanspruchs bereits dann zu hemmen, wenn die Vertragsparteien, das Vertragsverhältnis, die Pflichtverletzung und das Begehren hinreichend zu erkennen sind. Einer Bezifferung des geltend gemachten Anspruchs bedarf es ebenso wenig wie eines detaillierten Sachvortrags
Verfahrensgang
LG Konstanz (Urteil vom 15.11.2013; Aktenzeichen 5 O 9/13 M) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Konstanz vom 15.11.2013 - 5 O 9/13 M - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:
I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag i.H.v. 40.284,82 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 18.1.2013 zu zahlen.
II. Die Verurteilung gem. Ziff. I erfolgt Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche des Klägers aus dem Treuhandvertrag mit der Treuhandgesellschaft J & P GmbH hinsichtlich der Beteiligung am Fonds Fundus 34 (Grand Hotel Heiligendamm GmbH & Co KG), an die Beklagte.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Beklagte trägt 55 %, der Kläger 45 % der Kosten beider Instanzen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird hinsichtlich der Anforderungen an einen die Verjährung unterbrechenden Güteantrag zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aus einer fehlerhaften Anlageberatung geltend.
Der Kläger zeichnete nach Beratung durch einen Mitarbeiter der Beklagten am 14.8.1996 eine Beteiligung an der J. Hotel Adlon Fundus Fond 31 KG und am 20.4.2001 an der Grand Hotel Heiligendamm GmbH & Co KG - Fundus Fond 34 - mit jeweils 50.000 DM zzgl. 5 % Agio. Der Kläger macht geltend, er sei über die Risiken und Nachteile der Anlage nicht hinreichend aufgeklärt worden.
Mit Schreiben vom 22.12.2011 reichte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten, der auch eine Vielzahl weiterer Anleger vertritt und in deren Fälle ebenso verfuhr, einen Güteantrag bei einer staatlich anerkannten Gütestelle ein. Der Güteantrag wurde der Beklagten aufgrund einer Überlastung durch die Vielzahl der anhängigen Verfahren erst im April 2012 zugestellt. Am 25.7.2012 ging dem Bevollmächtigten des Klägers der Bescheid der Gütestelle über das Scheitern des Güteverfahrens zu. Die Klage ging am 14.1.2013 beim LG Konstanz ein und wurde am 18.1.2013 der Beklagten zugestellt.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil des LG Konstanz vom 15.11.2013 Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG hat die Klage abgewiesen. Zwar sei von einer Beratungspflichtverletzung auszugehen, ein etwaiger Anspruch des Klägers sei jedoch (absolut) verjährt, weil der Güteantrag eine Verjährungshemmung nicht habe herbeiführen können. Der Güteantrag habe den geltend gemachten Anspruch nicht hinreichend genau bezeichnet. Dafür wäre eine Individualisierung des streitgegenständlichen Lebenssachverhaltes notwendig, die zumindest die Angabe des Zeichnungsdatums, des Zeichnungsort und der Zeichnungssumme der Beteiligungen des Klägers voraussetze.
[...]
II. Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
Sie hat nur zum Teil Erfolg. Entgegen der Auffassung des LG steht dem Kläger ein Schadensersatzanspruch i.H.v. insgesamt 40.284,82 EUR sowie Rechtshängigkeitszinsen aus diesem Betrag aus einer Verletzung des zwischen den Parteien geschlossenen Anlageberatungsvertrages (pVV) und § 291 BGB i.V.m. Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB Zug um Zug gegen Übertragung aller Ansprüche des Klägers gegen die Treuhandgesellschaft J. & Partner Steuerberatungsgesellschaft mbH wegen der Beteiligung an der Grand Hotel Heiligendamm GmbH & Co KG (im Folgenden: Heiligendamm KG) an die Beklagte zu. Weitere Ansprüche des Klägers bestehen nicht.
1. Die Beklagte ist aufgrund einer Beratungspflichtverletzung ihres Anlageberaters W. verpflichtet, den Schaden des Klägers hinsichtlich der Beteiligung am Objekt Grand Hotel ...