Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenfestsetzung nach § 128 BRAGO (Beschwerde der Landeskasse)
Verfahrensgang
AG Linz (Beschluss vom 30.10.2000; Aktenzeichen 4 F 355/98) |
Tenor
Die Beschwerde der Landeskasse gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts – Linz/Rhein vom 30.10.2000 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gemäß § 128 Abs. 4 BRAGO zulässige Beschwerde des Bezirksrevisors hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Amtsgericht ist in dem angefochtenen Beschluss mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, davon ausgegangen, dass die von den Kindeseltern vor Gericht getroffene Vereinbarung zum Sorgerecht für die beteiligten Rechtsanwälte eine Vergleichsgebühr gemäß § 23 BRAGO auslöst.
Zwar unterliegt die Sorgerechtsregelung und damit auch die Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechts als eines Teils der elterlichen Sorge nach wie vor nicht der Verfügungsbefugnis der Parteien. Nach der Neuregelung des § 1671 BGB kommt dem übereinstimmenden Vorschlag der Eltern jedoch insoweit eine besondere Bedeutung zu, als das Gericht dem Antrag auf Aufhebung der gemeinsamen Sorge bei Zustimmung des anderen Elternteils stattgeben und dem gemeinsamen Wunsch entsprechen muss (wenn nicht ein bereits 14 Jahre altes Kind widerspricht, was hier nicht der Fall ist). Eine Richtigkeitskontrolle durch das Gericht oder eine Überprüfung der Motive erfolgt bei Vorliegen einer entsprechenden Elternvereinbarung ebenso wenig wie die Überprüfung der Frage, ob die von ihnen getroffene Regelung zur (teilweisen) Aufhebung der gemeinsamen Sorge dem Wohl des Kindes am besten entspricht (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 59. Aufl., § 1671 Rnr. 5 f., 26, 27). Eine am Kindeswohl orientierte inhaltliche Überprüfung der Elternvereinbarung findet nur statt, wenn Anzeichen für eine Gefährdung des Kindeswohls durch Sorgerechtsmissbrauch oder Kindesvernachlässigung bestehen mit der Folge, dass die gemäß § 1671 Abs. 3 BGB bestehende Bindung des Gerichts an den Elternvorschlag entfällt und das Verfahren von Amts wegen in ein solches nach § 1666 BGB übergeleitet werden muss.
Diese in der Neuregelung des § 1671 BGB zum Ausdruck gekommene Stärkung der (Mit-)Bestimmungsrechte der Eltern und die damit einhergehende Einschränkung des gerichtlichen Prüfungsumfanges und seines Entscheidungsspielraumes machen deutlich, dass die Eltern unter bestimmten Voraussetzungen durchaus „verbindliche” Regelungen zum Sorgerecht treffen können, von denen das Gericht in seiner danach zu treffenden Entscheidung nicht abweichen kann. Dies rechtfertigt die Zuerkennung einer Vergleichsgebühr für den Anwalt, der durch seine Bemühungen an der Beilegung eines zuvor bestehenden Streits über das Sorgerecht mitgewirkt hat (vgl. OLG Düsseldorf, JurBüro 2001, 135; OLG Zweibrücken, JurBüro 2001, 134; OLG Stuttgart, FamRZ 1999, 389; Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 14. Aufl., § 23 Rnr. 9, § 36 Rnr. 4). Dass die übrigen Voraussetzungen für einen Vergleich, nämlich die Beilegung des Streits durch gegenseitiges Nachgeben vorliegen, bedarf hier keiner weiteren Erörterung.
Die Beschwerde des Bezirksrevisors ist deshalb zurückzuweisen.
Unterschriften
Hahn, Wolff, Darscheid
Fundstellen
Haufe-Index 1532116 |
FamRZ 2002, 36 |
NJW-RR 2001, 1377 |
JurBüro 2001, 525 |
MDR 2001, 1017 |
AGS 2002, 29 |