Entscheidungsstichwort (Thema)

Verrechnung von Mandantenzahlungen bei der Kostenfestsetzung nach § 19 BRAGO

 

Leitsatz (amtlich)

1. Vom Anwalt verauslagte Gerichtskosten können nicht nach § 19 BRAGO festgesetzt werden. Von einem Antrag auf Festsetzung von Gerichtkosten ist auch dann auszugehen, wenn der Rechtsanwalt erstmals im Beschwerdeverfahren behauptet, Mandantenzahlungen seien nicht auf die anwaltliche Gebührenforderung, sondern auf Gerichtskosten zu verrechnen.

2. Schweigt der Antragsgegner im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 19 BRAGO, kann das Vorbringen des Antragstellers nicht als zugestanden behandelt werden, wenn es zunächst unschlüssig war und später widersprüchlich wird.

 

Normenkette

BRAGO § 19; ZPO §§ 104, 138; BGB §§ 366, 675

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Beschluss vom 19.08.2003; Aktenzeichen 2 O 117/99)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den eine weitere Kostenfestsetzung ablehnenden Beschluss des LG Mainz vom 19.8.2003 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Beschwerdewert beträgt 517 Euro.

 

Gründe

Der antragstellende Rechtsanwalt begehrt die Festsetzung seiner Vergütung nach § 19 BRAGO. Für die im März 1999 für den Antragsgegner erhobene Klage zahlte der Antragsteller aus eigenen Mitteln einen Gerichtskostenvorschuss von 975 DM. Zuvor hatte er am 28.10.1998 vom Antragsgegner 687,29 DM erhalten. Am 30.3.1999 leistete der Antragsgegner eine Zahlung von 1.228 DM. Einschließlich späterer Zahlungen ergibt sich ein Gesamtbetrag von 5.070,70 DM (Bl. 163 GA), den der Antragsteller als getilgt abgesetzt hat (§ 19 Abs. 1 S. 2 BRAGO). Der Kostenfestsetzungsantrag umfasst neben den verbleibenden anwaltlichen Gebühren des Prozessbevollmächtigten auch den von ihm verauslagten Gerichtskostenvorschuss von 975 DM.

Die Festsetzung von Gerichtskosten hat die Rechtspflegerin abgelehnt. Dabei handele es sich nicht um die gesetzliche Vergütung des Anwalts.

Mit seiner sofortigen Beschwerde trägt der Antragsteller vor, die geleisteten Zahlungen habe er vorrangig auf die Gerichtskosten verrechnet. Nur das hiernach noch verbleibende Guthaben des Mandanten dürfe von den gesetzlichen Gebühren abgezogen werden.

Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

Vom Rechtsanwalt verauslagte Gerichtskosten können nicht im Verfahren nach § 19 BRAGO festgesetzt werden. Diese vom Senat seit jeher vertretene Rechtsansicht (vgl. OLG Koblenz v. 14.3.1994 – 14 W 161/94, MDR 1995, 104) ist zwar nicht von allen Obergerichten geteilt worden; die Diskussion hat jedoch durch eine Entscheidung des BGH ein Ende gefunden (vgl. BGH v. 16.7.2003 – XII ZB 193/02, MDR 2003, 1201 = BGHReport 2003, 1114 [1115] = BB 2003, 1812 = FamRZ 2003, 1381 [1382] = NJW 2003, 2834 = AGS 2003, 391 = FuR 2003, 415 [416]). Dagegen wird vom Antragsteller auch nichts erinnert.

Er behauptet jedoch, die beiden ersten Teilzahlungen des Mandanten vom 28.10.1998 und vom 30.3.1999 habe er auf die verauslagten Gerichtskosten von 975 DM verrechnet, nur das Restguthaben schmälere seine anwaltlichen Gebühren.

Ob und in welchem Umfang in einem derartigen Fall die Festsetzung der anwaltlichen Vergütung im vereinfachten Verfahren nach § 19 BRAGO zu erfolgen hat, wird nicht einheitlich beantwortet:

Das OLG München vertritt die Ansicht, eine Festsetzung der Vergütung komme nur in Betracht, wenn der Mandant sich damit einverstanden erklärt habe, gezahlte Beträge auf die vom Rechtsanwalt verauslagten Gerichtskosten zu verrechnen (vgl. OLG München RPfleger 1974, 326 – allerdings Rahmengebühren nach § 19 Abs. 8 BRAGO betreffend).

Das OLG Karlsruhe verlangt eine ausdrückliche Erklärung des Auftraggebers, den Vorschuss auf verauslagte Gerichtskosten zu verrechnen (OLGReport Karlsruhe 1998, 344).

Andere OLG meinen, die vom Rechtsanwalt vorgenommene Verrechnungsbestimmung sei unbeachtlich mit der Folge, dass Zahlungen stets auf die zur Festsetzung angemeldete Vergütung verrechnet werden müssten (vgl. OLG Schleswig SchlHA 1975, 201).

Das Kammergericht vertritt dagegen die Ansicht, die vom Rechtsanwalt behauptete Verrechnungsabrede sei im Festsetzungsverfahren nicht zu überprüfen. Erhebe der Mandant keine Einwendungen, sei die Verrechnung entspr. dem Antragsvorbringen des Rechtsanwaltes hinzunehmen (KG RPfleger 1978, 33 = JurBüro 1978, 534 mit Anm. Mümmler, JurBüro 1978, 536 [537]).

Welcher der widerstreitenden Auffassungen zu folgen ist, kann dahinstehen. Daher besteht auch kein Anlass, die Sache dem Senat in der Besetzung nach dem GVG zu übertragen (§ 568 S. 2 Nr. 2 ZPO), um sodann die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Der vorliegende Fall weist die Besonderheit auf, dass die Antragsschrift und die Beschwerdebegründung einander widersprechen, so dass der Sachvortrag des Antragstellers insgesamt perplex ist. Daher kann die erstmals von der sofortigen Beschwerde behauptete Verrechnungsabrede auch nicht in Anwendung von § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig angesehen werden.

Im Einzelnen: Hätte der Antragsgegn...

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