Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung gezahlter Gerichtskosten bei späterer PKH - Bewilligung
Leitsatz (amtlich)
Enthält der PKH - Beschluss keine Zeitbestimmung, gilt die Bewilligung nicht ab Antragstellung, sondern ab Bewilligungsreife.
Dass die bedürftige Partei trotz PKH - Antrages Gerichtskosten bereits gezahlt hat, steht weder der PKH - Bewilligung noch der Rückforderung der Zahlung entgegen. Vor Vollendung der bereicherungsrechtlichen Verjährung kommt eine Verwirkung des Rückerstattungsanspruchs nur ausnahmsweise in Betracht.
Ist der Gesamtinhalt einer Prozesserklärung perplex, kann in einem isoliert gewürdigten Satz keine Antragsrücknahme gesehen werden.
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 06.09.2004; Aktenzeichen 3 O 41/99) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des LG Koblenz v. 6.9.2004 aufgehoben:
Der Erinnerung der Klägerin gegen den Gerichtskostenansatz für das Prozessverfahren erster Instanz (1210 KV zu § 11 GKG a.F.) wird stattgegeben. Die Landesjustizkasse wird angewiesen, der Klägerin die gezahlten Gerichtskosten von 590,54 Euro zurückzuerstatten.
2. Die Beschwerdeentscheidung ergeht gerichts- gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die minderjährige Klägerin begehrt wegen der ihr bewilligten Prozesskostenhilfe die Erstattung zuvor gezahlter Gerichtskosten. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die Klage v. 30.12.1998 war mit einem Prozesskostenhilfeantrag verbunden. Wegen eines denkbaren Anspruchs der Klägerin auf Prozesskostenvorschuss gegen ihre Eltern wurde über den PKH - Antrag zunächst nicht entschieden. Die Klägerin zahlte den Gerichtskostenvorschuss im März 1999. Mit Schriftsatz v. 12.4.1999 teilte sie dem Gericht folgendes mit (Bl. 21 GA):
"In pp. bitten wir über das PKH - Gesuch zunächst nicht zu befinden. Es wird geprüft, ob ggf. das PKH - Gesuch noch einmal wiederholt wird. Da der Vorschuß jedoch eingezahlt worden ist, kann das Klageverfahren zunächst auch ohne Entscheidung über das PKH - Gesuch seinen Lauf nehmen."
Im Juni 1999 bat die Klägerin, über den PKH - Antrag doch noch zu entscheiden, worauf das LG der Klägerin am 8.7.1999 Prozesskostenhilfe bewilligte.
Im Hinblick darauf meint die Klägerin, der Prozesskostenvorschuss sei zurückzuerstatten. Die dahin zielende Erinnerung hat das LG durch den angefochtenen Beschluss mit der Begründung zurückgewiesen, die PKH - Bewilligung v. 8.7.1999 wirke nicht zurück.
Dagegen wendet sich die statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde (§ 66 Abs. 2 S. 1 GKG) mit Erfolg.
Für die zeitliche Geltung einer PKH - Bewilligung innerhalb des Rechtszuges ist in erster Linie der richterliche Bewilligungsbeschluss maßgebend (§ 122 Abs. 1 ZPO). Hier enthält der Bewilligungsbeschluss v. 8.7.1999 (Blatt 41 GA) keine Zeitbestimmung. Der Auffassung der Beschwerde, damit wirke die Bewilligung automatisch auf den Zeitpunkt der ersten Antragstellung zurück, kann in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Richtig ist zwar, dass die Bewilligung für den ganzen Rechtszug gilt, jedoch immer erst ab Vorlage eines bewilligungsfähigen Antrages. Zu Letzterem hat das LG gemeint, die Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eltern der Klägerin seien erst später nachgetragen worden. Das ist indes unzutreffend. Allerdings hat das LG zu Recht darauf hingewiesen, die Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Klägerin im PKH - Formular v. 18.9.1998 seien mit blauem Kugelschreiber erfolgt. Die anschließende Mutmaßung, die mit schwarzem Kugelschreiber erfolgten Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eltern der Klägerin seien später nachgetragen worden, ist jedoch unzutreffend. Die Mutter der Klägerin hatte ersichtlich den Antrag mit blauem Kugelschreiber unvollständig ausgefüllt und unterzeichnet, worauf der Vater der Klägerin mit schwarzem Kugelschreiber die fehlenden Angaben ergänzte und seinerseits unterschrieb. Derart wurde der Antrag mit der Klage im Dezember 1998 dem LG vorgelegt. Eine spätere Ergänzung des Antragsformulars ist auch deshalb ausgeschlossen, weil das bei den Gerichtsakten gesondert geführte PKH - Heft zwischen Dezember 1998 (Eingang der Klage) und Juli 1999 (Bewilligung der PKH) weder den Prozessbevollmächtigten noch den Eltern der Klägerin zugänglich war.
Lag demnach im Dezember 1998 ein PKH - Antrag vor, dem das LG in dieser Form, wenn auch erst Monate später, stattgeben hat, bleibt es bei dem Grundsatz, dass bei fehlender Zeitangabe im Bewilligungsbeschluss die PKH - Entscheidung auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife zurückwirkt.
Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin ihren der Klage beigefügten PKH - Antrag im zweiten Satz des Schriftsatzes v. 12.4.1999 scheinbar zurückgenommen hat. Der erste Satz dieses Schriftsatzes ("zunächst nicht zu befinden") deutet nämlich darauf, dass der PKH - Antrag bestehen bleiben, aber ruhen sollte. Da beide Sätze nicht isoliert gewürdigt werden dürfen, ist der Gesamtinhalt des Schriftsatzes zumindest perplex. Dann verbietet sich je...