Entscheidungsstichwort (Thema)
Verauslagte Gerichtskosten als Masseverbindlichkeit
Leitsatz (amtlich)
Masseverbindlichkeit sind die vom Kläger gezahlten Gerichtsgebühren auch dann, wenn der beklagte Verwalter im zunächst durch die Insolvenz unterbrochenen Verfahren mit den gesamten Kosten des Rechtsstreits belastet wird. Die Kostengrundentscheidung ist auch in diesem Fall bindend und kann nicht dahin ausgelegt werden, bei den vor der Insolvenzeröffnung gezahlten Gerichtskosten handele es sich um eine einfache Insolvenzforderung.
Normenkette
ZPO §§ 91-92, 103-104, 240, 308 Abs. 2; InsO §§ 55, 86, 174, 180 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Trier (Beschluss vom 08.04.2008; Aktenzeichen 6 O 331/06) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des beklagten Insolvenzverwalters gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Trier vom 8.4.2008 wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Beschwerdewert beträgt 1.668 EUR.
Gründe
Die Klägerin nahm die ursprüngliche Beklagte auf Zahlung von 58.000 EUR nebst Zinsen in Anspruch. Über deren Vermögen wurde sodann das Insolvenzverfahren eröffnet. Das unterbrochene Verfahren hat die Klägerin aufgenommen und gegen den nunmehr beklagten Insolvenzverwalter obsiegt. Das LG hat ihm die gesamten Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Der im vorliegenden Verfahren angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss verhält sich u.a. über 1.668 EUR Gerichtskosten, die von der Klägerin bei Prozessbeginn gezahlt wurden (§ 12 Abs. 1 Satz 1 GKG). Der beklagte Insolvenzverwalter meint mit seiner sofortigen Beschwerde, Gerichtskosten hätten nicht festgesetzt werden dürfen, weil die Klägerin diese Kosten vor der Insolvenzeröffnung an die Landesjustizkasse geleistet habe. Daher handele es sich lediglich um eine Insolvenzforderung.
Dem kann nicht gefolgt werden. Der Rechtspfleger hat zu Recht die gesamten Kosten der Klägerin gegen den beklagten Insolvenzverwalter festgesetzt und nicht differenziert, ob die Kosten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach Aufnahme des Rechtsstreits entstanden sind.
Die Klägerin hat das Verfahren nach §§ 180 Abs. 2, 86 InsO gegen den Beklagten als Insolvenzverwalter aufgenommen. In einem derartigen Fall ist eine Kostenentscheidung gegen den unterlegenen Insolvenzverwalter durch § 86 Abs. 2 InsO nicht ausgeschlossen. Richtig ist allerdings, dass die gegen den Insolvenzverwalter gerichtete Kostenerstattungsforderung unterschiedlich qualifiziert wird:
a) Nach einer Ansicht ist der Anspruch als einheitlicher zu behandeln; er umfasse sowohl vor als auch nach der Insolvenzeröffnung entstandene Ansprüche (vgl. Hefermehl in Münchener - Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Aufl. Rz. 47 zu § 55 InsO mit zahlreichen weiteren Nachweisen unter Fußnote 93).
b) Nach anderer Auffassung soll eine Aufteilung der Kosten nach Zeitabschnitten erfolgen, weil nur die auf die Zeit nach der Verfahrensaufnahme entfallenden Kosten Masseverbindlichkeiten i.S.d. § 55 InsO seien (vgl. Schumacher in Münchener- Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Aufl. Rz. 20 zu § 85 InsO und eingehend Uhlenbruck in ZIP 2001, 1988 f.).
Welcher Meinung zu folgen ist, kann nach Ansicht des Senats dahinstehen. Die von der zweiten Auffassung geforderte Aufteilung der Kosten nach Zeitabschnitten ist der Sache nach eine besondere Form der Quotelung im Rahmen der einheitlichen Kostengrundentscheidung, mit der das Gericht dem Rechtspfleger verbindlich vorgibt, wem die Kosten zur Last fallen. Hiernach hat der Rechtspfleger bei der Kostenfestsetzung nur noch den Betrag der zu erstattenden Kosten anhand der nach dem vollstreckbaren Titel feststehenden Quote zu ermitteln und festzusetzen (in diesem Sinne etwa OLG Hamm ZIP 1994, 1547 f.).
An einer Quotelung in der Kostengrundentscheidung fehlt es hier. Das LG hat die gesamten Kosten des Rechtsstreits ohne jede Differenzierung dem beklagten Insolvenzverwalter auferlegt. Das kann im Kostenfestsetzungsverfahren nicht korrigiert werden, weil es der Sache nach eine Korrektur der bestandskräftigen Kostengrundentscheidung wäre. Dabei wird nicht verkannt, dass in der Literatur die Ansicht vertreten wird, eine Kostengrundentscheidung, die dem Insolvenzverwalter die Kosten auferlegt, könne "differenzierend ausgelegt" werden (vgl. Uhlenbruck, a.a.O., m. w. N).
Diese Auffassung teilt der Senat nicht. Der Rechtspfleger hat die Kostenentscheidung nicht auszulegen oder zu interpretieren, sondern zu vollziehen, indem er betragsmäßig umsetzt, was der Richter in der bindenden Kostengrundentscheidung festgelegt hat. In Anbetracht der eindeutigen Fassung der gerichtlichen Kostengrundentscheidung fehlt es bereits an der wichtigsten Voraussetzung für eine Auslegung, nämlich einer Interpretationsbedürftigkeit oder gar Lücke der Kostengrundentscheidung. Die verlautbarte Entscheidung wird meist darauf beruhen, dass das Gericht bewusst in Kenntnis des Problems die gesamten Kosten als Masseverbindlichkeit angesehen hat und dem Insolvenzverwalter auferlegen wollte. Gegebenenfalls würde die ge...