Leitsatz (amtlich)
Bei technischen Störungen der Übermittlung eines elektronischen Dokuments gelten die für die Übermittlung per Telefax entwickelten Grundsätze.
Bleibt bei der Übermittlung eines elektronischen Dokuments die automatisierte Bestätigung des Gerichts über den Zeitpunkt des Eingangs aus, hat ein Anwalt sich um eine Klärung der Ursache zu kümmern und eine erneute Übermittlung, ggf. auf anderem Wege, zu versuchen.
Normenkette
ZPO § 130a Abs. 5, § 233
Verfahrensgang
AG Bad Kreuznach (Aktenzeichen 91 F 145/16) |
Tenor
Der Antrag der Antragstellerin auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beschwerdefrist wird abgelehnt.
Gründe
Die Antragstellerin hat gegen den ihr am 13.09.2019 zugestellten Beschluss über die nachträgliche Aufhebung der Verfahrenskostenhilfe sofortige Beschwerde eingelegt, wobei die Beschwerdeschrift nebst Anlagen ausweislich des Transfervermerks (Bl. 70 d. A.) am 15.10.2019 um 18:03:57 Uhr auf dem Server des Amtsgerichts B. eingegangen ist.
Der Antragstellervertreter macht mit seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand vom 29.10.2019 geltend, dass die Versendung mittels des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) bereits am 14.10.2019 um 15:33 Uhr erfolgt sei (Sendebericht Bl. 76 d. A.).
Der nach § 233 S. 1 ZPO statthafte Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beschwerdefrist nach § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO - eine Notfrist - hat in der Sache keinen Erfolg.
Der vorgelegte Nachweis ist für die Gewährung der Wiedereinsetzung nicht ausreichend, denn maßgeblich ist nicht die fristgerechte Absendung der Beschwerdeschrift, sondern der tatsächliche Eingang beim Beschwerdegericht. Dabei gilt ein elektronisches Dokument nach § 130a Abs. 5 ZPO als eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist. Dem Absender ist dabei eine automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs zu erteilen.
Entscheidend ist mithin der Zeitpunkt der Speicherung auf der Empfangseinrichtung des Gerichts. Der Absender erhält hierüber eine automatische Bestätigung. Bleibt diese aus, hat er sich um eine Klärung der Ursache zu kümmern und eine erneute Übermittlung, ggf. auf anderem Wege, zu versuchen (vgl. Zöller-Greger, ZPO 33. Aufl. 2020, § 130a Rn. 14 und § 233 Rn. 23.15).
Den Anwalt trifft in diesem Zusammenhang die Pflicht, den Büroablauf in seiner Kanzlei so zu organisieren, dass jedenfalls für fristwahrende Schriftsätze stets eine Prüfung des Erhalts der Eingangsbestätigung des Gerichts durchgeführt wird (vgl. BRAK-Nachrichten Nr. 9/2018 vom 08.05.2018). Die für die Übermittlung von Schriftsätzen per Telefax entwickelten Sorgfaltsanforderungen gelten insoweit entsprechend (BayLSG AnwBl. 2018, 421).
Der Antragstellervertreter hat im Rahmen seiner Beschwerdebegründung jedoch keine automatisierte Eingangsbestätigung, sondern lediglich ein von ihm als "Sendebericht" bezeichnetes Dokument vorgelegt. Die automatisierten Eingangsbestätigungen sehen nach dem hierzu herausgegebenen Newsletter der Bundesrechtsanwaltskammer völlig anders aus (vgl. beA-Newsletter Nr. 13/2019 vom 04.04.2019). Das beA bietet dem Rechtsanwalt dabei nicht nur die Möglichkeit, sich den Zeitpunkt des Zugangs bescheinigen zu lassen, sondern auch den Übermittlungsstatus ("erfolgreich" bzw. "kein Fehler"). Demzufolge kann aus dem vorgelegten Dokument nicht auf die rechtzeitige und fehlerfreie Übermittlung der Beschwerdeschrift an das Amtsgericht Bad Kreuznach geschlossen werden, so dass die Antragstellerin einen Wiedereinsetzungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht hat.
Anm. des Einsenders:
Vgl. auch den beA-Newsletter Nr. 31/2019 der BRAK vom 17.10.2019
Fundstellen
Haufe-Index 13775173 |
NJW 2020, 1823 |
NJW 2020, 8 |
FamRZ 2020, 1284 |
FuR 2020, 713 |
ITRB 2020, 125 |