Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe im Zugewinnausgleichsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

  • Der Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Geltendmachung eines Zugewinnausgleichsanspruches steht nicht entgegen, dass
  • der Antragsteller im Besitz eines Pkws ist, wenn er diesen für Fahrten mit seinem Kind benötigt und die Anschaffung eines kleineren Ersatzfahrzeugs unwirtschaftlich ist;
  • der Anspruch nicht als Folgesache im Scheidungsverbund erhoben worden ist.
 

Verfahrensgang

AG Linz (Beschluss vom 27.11.2003; Aktenzeichen 4 F 442/03)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - FamG - Linz vom 27.11.2003 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AG zurückverwiesen; dieses wird angewiesen, Prozesskostenhilfe nicht aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zu verweigern.

 

Gründe

Die Parteien sind seit Dezember 2001 rechtskräftig geschieden. Im vorliegenden Verfahren begehrt die Antragstellerin Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage auf Zahlung eines Zugewinnausgleichsbetrages von 19.007,41 Euro. Das AG hat Prozesskostenhilfe mit der Begründung versagt, die Antragstellerin könne die Prozesskosten aus eigenen Mitteln aufbringen, da sie gehalten sei, ihren Pkw zu verwerten. Im Übrigen sei die beabsichtigte Prozessführung als mutwillig anzusehen, weil die Antragstellerin es versäumt habe, ihre Zugewinnausgleichsansprüche im Rahmen des Scheidungsverbundes geltend zu machen; im Rahmen dieses Verfahrens hätte die Antragstellerin auch noch vom Antragsgegner Prozesskostenvorschuss verlangen können.

Die in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstandende sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache einen vorläufigen Erfolg.

Der Antragstellerin kann Prozesskostenhilfe nicht mit der Begründung versagt werden, sie könne die Kosten der Rechtsverfolgung aus eigenen Mitteln tragen. Zwar verfügt die Antragstellerin über einen Pkw Mercedes 180 T; dieses Fahrzeug wird nach ihren Angaben jedoch für Fahrten mit ihrem Kind benötigt, so dass eine Verpflichtung zur Verwertung des Pkw schon deshalb nicht besteht. Durch eine Veräußerung des Fahrzeugs und den anschließenden Erwerb eines kleineren Ersatzfahrzeuges würde die Antragstellerin hingegen nennenswerte Erlöse nicht erzielen, da der Pkw Mercedes (Baujahr 1997) nach ihren nicht zu widerlegenden Angaben nur noch einen Wert von 9.700 Euro hat.

Der Antragstellerin kann auch nicht deshalb Prozesskostenhilfe versagt werden, weil sie den behaupteten Zugewinnausgleichsanspruch nicht bereits im Rahmen des Verbundverfahrens rechtshängig gemacht hat. Die Geltendmachung des Zuwinnausgleichsanspruchs im isolierten Familienrechtsverfahren führt nämlich keineswegs zwangsläufig zu höheren Kosten als die Geltendmachung der Ansprüche im Rahmen des Scheidungsverbundes; dies folgt daraus, dass die Kosten der Folgesachen in aller Regel gegeneinander aufgehoben werden, § 93a Abs. 1 S. 1 ZPO, während der Ehegatte, der einen begründeten Zugewinnausgleichsanspruch im isolierten Verfahren geltend macht, keine Kosten zu tragen hat (§ 91 ZPO). Da Prozesskostenhilfe gem. § 114 ZPO nur gewährt wird, sofern die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, kann die Staatskasse die durch die Gewährung von Prozesskostenhilfe entstandenen Kosten ggf. bei dem unterlegenen Gegner geltend machen. Gelingt dies, ist der Prozess auch aus der Sicht der Staatskasse günstiger als die Verfolgung der Ansprüche im Rahmen des Scheidungsverbundes (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 21. Aufl., § 114 Rz. 24, 24a, m.w.N. aus der Rspr.). Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang schließlich auch, dass nach der gesetzlichen Regelung die Geltendmachung der Folgesache Zugewinnausgleich alternativ im Rahmen des Scheidungsverbundes oder als isoliertes Verfahren vorgesehen ist. Die Wahl zwischen diesen Alternativen darf nicht ohne weiteres jeder Prozesskostenhilfe beantragenden Partei genommen werden.

Der Antragstellerin kann im vorliegenden Fall Prozesskostenhilfe auch nicht deshalb versagt werden, weil sie bei Geltendmachung der Ansprüche im Rahmen des Scheidungsverbunds Prozesskostenvorschuss von ihrem nunmehr geschiedenen Ehemann hätte beanspruchen können. Zwar kann es im Einzelfall dann, wenn die Partei vor Rechtskraft des Scheidungsausspruchs auf die Durchsetzung eines ihr möglicherweise zustehenden Anspruchs auf Prozesskostenvorschuss verzichtet, gerechtfertigt sein, Prozesskostenhilfe für die Geltendmachung einer Folgesache im isolierten Verfahren zu versagen, weil die Partei ihre jetzige Vermögenslosigkeit selbst verschuldet hat (vgl. hierzu OLG Zweibrücken v. 10.8.1999 - 5 WF 73/99, OLGReport Zweibrücken 2000, 192 = FamRZ 2000, 757; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 115 Rz. 72). Vorliegend ist jedoch zu berücksichtigen, dass bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Rahmen des Scheidungsverfahrens auf Seiten der Antragstellerin noch eine erhebliche Unsicherheit darüber bestand, ob und in welchem Umfang Zugewinnausgleichsansp...

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