Versagung von Verfahrenskostenhilfe wegen Mutwilligkeit
Wer die Verfahrenskosten für einen beabsichtigten Rechtsstreit nicht aus eigenen Mitteln aufbringen kann, hat die Möglichkeit, bei Gericht Verfahrenskostenhilfe zu beantragen, also eine staatliche Unterstützung, wonach keine Gerichtskosten einzuzahlen sind und die eigenen Anwaltskosten von der Staatskasse übernommen werden. Neben der wirtschaftlichen Bedürftigkeit des Antragstellers ist es erforderlich, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig im Sinne des § 114 Abs. 2 ZPO ist.
Mutwilligkeit bei Geltendmachung von Unterhalt
In einem Verfahren auf Geltendmachung von Trennungsunterhalt hatte sich der BGH mit der Frage der Mutwilligkeit zu befassen. In dem entschiedenen Fall hatte eine Ehefrau nach der Trennung ihren Mann zwecks Geltendmachung von Unterhalt zunächst auf Erteilung von Auskunft über sein Einkommen in Anspruch genommen. Sie reichte einen isolierten Auskunftsantrag ein, ohne im Wege des Stufenantrags den Zahlungsanspruch auf Trennungsunterhalt in das Verfahren einzubeziehen. Für diesen isolierten Antrag begehrte sie keine Verfahrenskostenhilfe. Nachdem ihr Mann die geschuldete Auskunft erteilt hatte, wurde das Verfahren für erledigt erklärt und die Verfahrenskosten dem Ehemann auferlegt.
Isolierte Erhebung eines Auskunfts- und Zahlungsanspruchs
Erst ca. zwei Jahre später reichte sie einen Antrag auf Zahlung rückständigen und laufenden Trennungsunterhalts bei Gericht ein und begehrte hierfür nun Verfahrenskostenhilfe. Das Gericht war der Auffassung, dass ihr Vorgehen mutwillig sei und beschränkte die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe auf einen Teilbetrag. Das Gericht monierte, dass die Antragstellerin durch die verzögerte Geltendmachung des Unterhalts in getrennten Verfahren die Kosten unnötig in die Höhe getrieben hätte. Zum einen fallen in zwei getrennten Verfahren höhere Kosten an, als wenn beide Ansprüche mittels eines Stufenantrags geltend gemacht werden. Zum anderen erhöht sich der Gegenstandswert für das Verfahren durch den aufgelaufenen Unterhaltsrückstand, wenn mit der Antragstellung nach erteilter Auskunft so lange gewartet wird.
Maßstab für Mutwilligkeit
Dies ließ sich die Ehefrau nicht gefallen und hat die Entscheidung mit der Rechtsbeschwerde beim BGH angefochten. Der BGH stellte klar, dass von einer Mutwilligkeit nur dann auszugehen sei, wenn der Antragsteller von mehreren prozessualen Wegen der Rechtsverfolgung den Weg beschreitet, von dem er von vorneherein annehmen muss, dass er für ihn der kostspieligere ist. Dabei kommt es – so der BGH – nicht auf die insgesamt anfallenden Verfahrenskosten an, sondern aus Sicht des Betroffenen auf die Kosten, die ihm entstehen werden.
Keine Mutwilligkeit bei isoliertem Auskunftsanspruch
Vor diesem Hintergrund ist die isolierte Erhebung eines Auskunftsantrags nicht als mutwillig anzusehen, selbst wenn dadurch insgesamt höhere Verfahrenskosten verursacht werden. Der Antragsteller kann bei der isolierten Geltendmachung des Auskunftsanspruchs nämlich damit rechnen, dass seine Verfahrenskosten vom Antragsgegner zu erstatten sind und sein eigenes Kostenrisiko damit überschaubar ist. Wurde der Antragsgegner nämlich vorgerichtlich erfolglos zur Auskunftserteilung aufgefordert und ist die begehrte Auskunft für den Unterhaltsanspruch nicht offensichtlich unerheblich, dann kann damit gerechnet werden, dass der Antragsgegner vom Gericht zur Auskunftserteilung verpflichtet wird und ihm auch die Verfahrenskosten auferlegt werden. Dies gilt jedoch nicht gleichermaßen bei der Erhebung eines Stufenantrags, wo es letztlich darauf ankommt, in welchem Umfang der Antragsgegner tatsächlich zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet wird. Hier enden Verfahren oftmals mit einer Kostenquote, sodass das Kostenrisiko für den Antragsteller höher zu bewerten ist. Es sprechen damit nach Auffassung des BGH gute Gründe dafür, einen isolierten Auskunftsantrag zu stellen, ohne dass der Antragsteller sich dem Vorwurf der Mutwilligkeit aussetzen muss.
Plausible Gründe für Verzögerung der Geltendmachung des Zahlungsanspruchs
Des Weiteren hatte der BGH keine Bedenken, dass die Ehefrau mit der Stellung des Zahlungsantrages mehr als zwei Jahre gewartet hat und durch den aufgelaufenen Rückstand den Verfahrenswert erhöht hat. Hierfür gab es nach Ansicht des BGH nämlich plausible Gründe. Die beteiligten Eheleute hatten parallel Vergleichsgespräche geführt und waren darum bemüht, alle streitigen Verfahren im parallel laufenden Scheidungsverfahren zu klären. Während diese Verhandlungen liefen, war es nachvollziehbar, dass die Ehefrau den Trennungsunterhalt nicht einklagte. Erst als die Verhandlungen gescheitert waren, hat sie den Antrag eingereicht, was aus Sicht des BGH nicht zu beanstanden ist. Liegen – wie hier – nachvollziehbare und billigenswerte Gründe für ein Zuwarten mit der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs vor, dann scheidet Mutwilligkeit aus.
(BGH, Beschluss v. 5.4.2023, XII ZB 2/21)
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