Leitsatz (amtlich)
Die nach dem Versorgungsänderungsgesetz vom 20.12.2001 innerhalb der auf den 1.1.2003 folgenden nächsten acht Anpassungen der Versorgungsbezüge erfolgende Absenkung des Höchstruhegehaltssatzes von 75 % auf 71,75 % ist bereits jetzt bei der Entscheidung über den Versorgungsausgleich zu berücksichtigen (wie BGH v. 8.7.1982 - I ZR 148/80, MDR 1982, 904 = FamRZ 2004, 256). Der degressive Abschmelzungsbetrag ist ggf. schuldrechtlich auszugleichen.
Dies gilt auch dann, wenn einer der Ehegatten bei Ehezeitende bereits Versorgungsempfänger war und der andere nach dem Ende der Ehezeit, aber vor Entscheidung über den Versorgungsausgleich in den Ruhestand getreten ist.
Aufgrund der nach dem Bundessonderzahlungsgesetz und den entsprechenden Gesetzen der Länder mit Wirkung vom 1.1.2004 eingetretenen Änderungen beim Weihnachtsgeld (Absenkung und Einbeziehung in die Dynamisierung) bedarf es keines besonderen Rechenschrittes mehr zur Berücksichtigung des Anteils des Weihnachtsgeldes an den Versorgungsanwartschaften.
Verfahrensgang
AG Simmern (Urteil vom 31.10.2003; Aktenzeichen 5 F 64/02) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird das Urteil des AG - FamG - Simmern vom 31.10.2003 unter Ziff. II - den Versorgungsausgleich betreffend - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Zu Lasten der bei der Oberfinanzdirektion Koblenz - Zentrale Besoldungs- und Versorgungsstelle - bestehenden Versorgungsanrechte der Antragstellerin werden auf dem zugunsten des Antragsgegners bei der Landesversicherungsanstalt Rheinland-Pfalz bestehenden Versicherungskonto - Vers. Nr.: - Rentenanwartschaften von monatlich 192,30 Euro, bezogen auf den 31.1.2002, begründet. Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte (West) umzurechnen.
Hinsichtlich der Kosten erster Instanz verbleibt es bei der Entscheidung des FamG. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 500 Euro festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien haben am 18.2.1993 geheiratet. Mit einer dem Antragsgegner am 23.2.2002 zugestellten Antragsschrift hat die Antragstellerin die Scheidung der Ehe beantragt, diesen Antrag jedoch im Verhandlungstermin vom 20.10.2003 nicht gestellt. Auf den daraufhin vom Antragsgegner gestellten Antrag hat das FamG durch Urteil vom 31.10.2003 die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Beide Eheleute waren als Beamte im öffentlichen Dienst tätig, der Antragsgegner bezog zum Ende der Ehezeit bereits ein Ruhegehalt (seit Januar 1999), die Antragsstellerin ist mit Ablauf des 31.7.2003 in den Ruhestand getreten. Die in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften hat das FamG unter Zugrundelegung von Auskünften der Oberfinanzdirektion K., Zentralstelle Finanzielles Dienstrecht, vom 14.5.2002 (betreffend den Ehemann, Bl. 12 UA VA) und der Oberfinanzdirektion K., Zentrale Besoldungs- und Versorgungsstelle, vom 4.8.2003 (betreffend die Ehefrau, Bl. 27 f. UA VA) ausgeglichen, die jeweils von einem Höchstruhegehaltsatz von 75 % ausgehen.
Mit ihrer gegen dieses Urteil fristgerecht erhobene Beschwerde macht die Antragstellerin geltend, auf Grund der gesetzlichen Neuregelung der Beamtenversorgung durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 sei der Ruhegehaltssatz auf 71,75 % abgesenkt worden. Hierdurch verringere sich der Unterschiedsbetrag zwischen den von beiden Eheleuten erworben Ruhegehaltsanwartschaften.
II. Die gem. §§ 629a Abs. 2, 621e Abs. 1, 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache Erfolg. Bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs sind die Auswirkungen des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20.12.2001 (BGBl. I, 3926) und darüber hinaus der zum 1.1.2004 in Kraft getretenen Änderungen des Bundessonderzahlungsgesetzes (BGBl. I 2003, 3076) und des Zweiten Gesetzes zur Änderung besoldungs- und versorgungsrechtlicher Vorschriften vom 20.11.2003 (GVBl. Rh. Pf., S. 343) zu berücksichtigen.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist für die Regelung des Versorgungsausgleichs das zur Zeit der Entscheidung geltende Versorgungsrecht anzuwenden, sofern es nach seinem zeitlichen Geltungswillen auch das ehezeitlich erworbene Versorgungsanrecht umfasst. Gesetzesänderungen sind danach auch dann zu berücksichtigen, wenn das Ehezeitende zeitlich vor dem In-Kraft-Treten der Gesetzesänderung liegt, unabhängig davon, ob sie zu einer Erhöhung oder Herabsetzung des Versorgungsanspruchs führen (vgl. BGH, Beschl. v. 26.11.2003 - XII ZB 75/02 = MDR 2004, 335 = BGHReport 2004, 378; vom 28.9.1994 - XII ZB 178/93, MDR 1995, 286 = FamRZ 1995, 27). Durch die Berücksichtigung von bis zur Entscheidung eingetretenen Änderungen durch gesetzliche Neuregelungen wird erreicht, dass die Regelung des Versorgungsausgleichs dem verfassungsrechtlich gebotenen Grundsatz der Halbteilung (vgl. dazu etwa BVerfG v. 28.2.1980 - 1 BvL 17/77, 1 BvL 7/78, 1 BvL 9/78, 1 BvL...