Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Störer- und Schadensersatzhaftung des Oberliegers, von dessen Grundstück Drainagewasser auf das darunter liegende Grundstück fließt
Leitsatz (amtlich)
1. Den Zufluss von Oberflächenwasser, der ausschließlich auf dem natürlichen Geländeprofil beruht, hat der Unterlieger entschädigungslos hinzunehmen. Störer ist jedoch, wer durch eine eigene Handlung oder ein pflichtwidriges Unterlassen den Zufluss von Drainagewasser auf oder in das Grundstück des Unterliegers verursacht. Die willentliche Aufrechterhaltung eines vom Rechtsvorgänger des derzeitigen Eigentümers verursachten schadenstiftenden Zustandes kann ausreichen.
2. § 917 BGB ist nur dann auf Drainageleitungen entsprechend anwendbar, wenn ein Anschluss an die allgemeinen Entwässerungsanlagen begehrt wird.
3. Ein verschuldensunabhängiger Entschädigungsanspruch für die Durchfeuchtung eines Nachbargrundstücks kommt in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB in Betracht, wenn die Beeinträchtigung das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Eigentumsbeeinträchtigung übersteigt und die Versagung jedweder Entschädigung unbillig wäre (hier verneint).
Normenkette
BGB §§ 823, 906, 917, 1004
Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 15 O 332/13) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufungen der Kläger und des Beklagten zu 1. gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig davon überzeugt ist, dass sie offensichtlich ohne Erfolgsaussicht sind, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheit- lichen Rechtsprechung ein Urteil erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Im Einzelnen ist zur Sach- und Rechtslage zu bemerken:
Gründe
I. Die Kläger erwarben 2004 ein mit einem Reihenhaus bebautes Grundstück. Das Terrain grenzt in seinem rückwärtigen Teil an einen Wirtschaftsweg, der im Eigentum der Beklagten zu 2. (Gemeinde) steht. Jenseits des Wirtschaftswegs befindet sich Feldgelände, das dem Beklagten zu 1. gehört und von ihm bewirtschaftet wird.
Das Feldgelände wird seit etwa 90 Jahren über eine verzweigte Drainage entwässert, deren Ableitung in einem den Feldweg und dann das Anwesen der Kläger querenden Strang erfolgt. Dieser Strang war allem Anschein nach ursprünglich an einen Vorfluter im Bereich der vor dem Grundstück der Kläger verlaufenden Straße angeschlossen. Heute endet er davor in einem etwa 1,5 m tief liegenden Kiesbett, wo das Drainagewasser unkontrolliert austritt.
Im Jahr 2011 stellten die Kläger, nachdem es zuvor stark geregnet hatte, anhaltende Feuchtigkeit auf dem roten Verbundsteinpflaster des von der Straße in ihr Anwesen hineinführenden Fußwegs und ihrer Terrasse sowie an ihrer Garage fest. Für diese Erscheinungen macht sie aufsteigendes Drainagewasser verantwortlich, das entweder unmittelbar selbst eingewirkt oder aber die Aufnahmefähigkeit des Bodens so stark vermindert habe, dass die Niederschläge nicht mehr hätten versickern können.
Vor diesem Hintergrund haben die Kläger die Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit darauf in Anspruch genommen, die Zuleitung von "Oberflächen- und Drainagewasser ihrer Grundstücke" auf ihr Anwesen zu unterlassen. Außerdem haben sie einen Zahlungsanspruch i.H.v. 6.940 EUR geltend gemacht. Dieser Betrag sei - unter Berücksichtigung eines Abzugs "neu für alt" - erforderlich, um den Fußweg, die Terrasse und die Garage zu sanieren.
Das LG hat, gestützt auf die Erkenntnisse eines Beweissicherungsverfahrens, dem Beklagten zu 1. verboten, unterirdisch Drainagewasser durch, in oder auf das Grundstück der Kläger zu leiten, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Seiner Ansicht nach stört der Beklagte zu 1. die Kläger in ihrem Eigentum, weil das Erdreich auf deren Grundstück durch die Drainierung seines Felds durchfeuchtet wird und damit nicht mehr hinlänglich für Niederschlagswasser aufnahmefähig ist. Eine Duldungspflicht der Kläger sei nicht zu ersehen.
Demgegenüber gehe von der Beklagten zu 2. keine Störung aus, da der Feldweg nicht auf das Grundstück der Kläger entwässert werde. Schadensersatzansprüche stünden den Klägern nicht zu. Konkrete Schäden seien nicht greifbar. Soweit es in der Vergangenheit Feuchtigkeitseinwirkungen gegeben habe, werde es bei der angeordneten Unterbrechung der Wasserzufuhr zu einer Trocknung kommen.
Gegen diese Entscheidung wenden sich sowohl die Kläger als auch der Beklagte zu 1. mit der Berufung. Damit wird der erstinstanzliche Streit in vollem Umfang weiter ausgetragen.
II. Die Rechtsmittel versprechen insgesamt keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil hat im Ergebnis Bestand:
1. Dem Beklagten zu 1. ist gem. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB zu Recht die Zuleitung von Drainagewasser zum und durch das Grundstück der Kläger untersagt worden. Denn darin liegt eine ihm zurechenbare Eigentumsstörung. Der Wasserfluss saturiert den Boden und behindert das Versickern von Niederschlägen mit der Folge von Feuchtigkeitserscheinungen. Dafür ist der Beklagte zu 1. haftbar, weil das Wasse...