Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeitskontrolle bei Ausschluss des Versorgungsausgleichs

 

Normenkette

VersAusglG § 8 Abs. 1; BGB § 138 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Mainz (Beschluss vom 20.03.2015; Aktenzeichen 32 F 312/13)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen Ziff. 2 des Beschlusses des AG - Familiengericht - Mainz vom 20.03.2015 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 10.560,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die beteiligten Eheleute, die am 19.06.1992 die Ehe schlossen, sind seit dem 20.03.2015 rechtskräftig geschieden (Ziff. 1. des in Ziff. 2 [VA] angefochtenen Verbundbeschlusses) und streiten um die Wirksamkeit des notariellen Ausschlusses des Versorgungsausgleichs.

Drei Tage vor der Eheschließung schlossen sie in einem notariellen Vertrag (Bl. 5 ff. GA) Versorgungsausgleich und nachehelichen Unterhalt - auch für den Fall der Not - aus.

Die Ehefrau war zum Zeitpunkt der Eheschließung 26, der Ehemann 29 Jahre alt.

Die Ehefrau hatte die Hauptschule absolviert und war zur Zeit der Eheschließung als Verwaltungsangestellte beim heutigen ... [E]amt tätig. Anlässlich der Geburt der Tochter am ... 1996 widmete sie sich wie vor der Eheschließung vereinbart der Kinderbetreuung - auch des am ... 1998 geborenen Sohnes. Ab dem 01.11.2001 nahm sie ihre Berufstätigkeit teilweise (50 %) wieder auf (Bl. 79R VA). Kindererziehungszeiten sind ihr vom 12.04.1996 bis 11.04.2006 gutgeschrieben (Bl. 80 VA). Zum Zeitpunkt der Trennung betrug ihr monatliches Nettoentgelt, das sie aus einer Teilzeittätigkeit (75 % seit Sommer 2012) erzielte, 1.400,00 EUR.

Der Ehemann, Informatiker, der seit der Trennung die Kinder versorgt, verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von rd. 3.000,00 EUR.

In einem Vergleich vor dem AG am Tag des Erlasses des angefochtenen Beschlusses hat sich der Ehemann zur Übernahme der der Ehefrau gehörenden Hälfte der ehegemeinsamen Immobilie, die die Eheleute am 24.11.1995 von dritter Seite unter gleichzeitiger Schenkung der Eltern des Antragstellers in Höhe von 250.000,00 DM - unter Vorbehalt einer Rückforderung für den Fall einer Scheidung - erworben hatten (Bl. 44 ff. [52] GÜ) für 150.000,00 EUR und zur Unterhaltsabgeltung in Höhe von 40.000,00 EUR verpflichtet.

In der mündlichen Verhandlung vor dem AG haben die Eheleute erklärt, sie gingen davon aus, dass der Versorgungsausgleich durchgeführt werden müsse (Bl. 67 GA). Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG die Ehe geschieden und zugunsten der Ehefrau ein Versorgungskapital in Höhe von rund 120.000,00 EUR übertragen (Bl. 71 GA).

Hiergegen wendet sich der Ehemann mit seiner Beschwerde. Unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags ist er der Auffassung, die Antragsgegnerin habe durch den Erlös für ihren Hausanteil eine hinreichende Kompensation für die notariell ausgeschlossenen Ansprüche erhalten. Das AG habe die Frage des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs nicht thematisiert. Die Antragsgegnerin habe ihre Entscheidung in Kenntnis der Bedeutung des Ausschlusses autonom getroffen.

Sie habe es absprachewidrig versäumt, nach der zweiten "Babypause" sofort halbschichtig zu arbeiten und nach Einschulung der Kinder ihre Arbeitszeit auf mindestens 75 % aufzustocken, obwohl ihr hätte bewusst sein müssen, dass dies wegen des Anspruchsausschlusses notwendig gewesen sei.

Er beantragt, den Beschluss des AG Mainz vom 20.03.2015 in Ziff. 2. aufzuheben und den Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs zurückzuweisen, hilfsweise den festgesetzten Versorgungsausgleich auf ein Viertel herabzusetzen.

Die Ehefrau beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt die amtsgerichtliche Entscheidung. Sie habe anders als vom Ehemann vorgetragen, keine Gelegenheit gehabt, den Vertragsentwurf vor Unterzeichnung zu lesen und zu verstehen.

II. Die nach § 58 Abs. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Ein vor Erlass der Entscheidung ohnehin unzulässiger Rechtsmittelverzicht liegt in der Erklärung des Antragstellers, er gehe davon aus, dass der Versorgungsausgleich durchgeführt werden müsse nicht. Das AG hat die Frage des Ausschlusses des Versorgungsausgleich § 28 Abs. 1 FamFG entsprechend - anders als der Beschwerdeführer meint - erörtert (vgl. Seite 4 der Sitzungsniederschrift vom 20.03.2015 = Bl. 67 GA); ihre Argumente haben die beteiligten Eheleute bereits in erster Instanz ausgetauscht.

Der kompensationslos erfolgte Ausschluss des Versorgungsausgleichs hält schon einer Wirksamkeitskontrolle nach § 8 Abs. 1 VersAusglG nicht statt (1.). Die Durchführung des Versorgungsausgleichs ist auch nicht nach § 27 VersAusglG (teilweise) grob unbillig (2.).

(1.) Die Scheidungsfolgen sind zwar grundsätzlich disponibel. Diese grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen darf aber nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Das ist der Fall, wenn dadurch ein...

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