Leitsatz (amtlich)
Dass das Beschwerdegericht aufgrund der in § 68 Abs. 5 Nr. 1 und Nr. 3 FamFG normierten Regelung sowohl das betroffene Kind als auch dessen Eltern persönlich wird anhören müssen, führt nicht ohne Weiteres zur Annahme von hinreichenden Erfolgsaussichten der Beschwerde im Sinne von §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO, sodass auch nicht nur deshalb Verfahrenskostenhilfe fas das Rechtsmittel zu bewilligen ist.
Normenkette
BGB § 1632 Abs. 4, §§ 1666, 1666a; FamFG § 68 Abs. 5 Nrn. 1, 3, § 76 Abs. 1; ZPO § 114 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
AG Trier (Beschluss vom 07.06.2022; Aktenzeichen 9 F 21/22) |
Tenor
Der auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gerichtete Antrag der Kindesmutter vom 20. Juli 2022 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Der zulässige Verfahrenskostenhilfeantrag der Kindesmutter ist unbegründet. Denn die Voraussetzungen der §§ 76 Abs. 1, 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO liegen nicht vor.
Danach erhält ein Beteiligter nur dann Verfahrenskostenhilfe, wenn die von ihm beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran mangelt es vorliegend.
Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Frage der hinreichenden Erfolgsaussicht in einem Sorgerechtsverfahren in der Regel nicht danach beurteilt werden darf, ob der Vortrag des um Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nachsuchenden Beteiligten geeignet ist, das von ihm angestrebte Verfahrensergebnis zu erreichen (vgl. Senat, Beschluss vom 8. August 2022 - 9 UF 291/22 -; Beschluss vom 29. Januar 2021 - 9 UF 599/20 -). Der Grundsatz der Erforderlichkeit einer hinreichenden Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung gilt in Sorgerechts- und Umgangsverfahren nämlich nicht in gleicher Weise wie in Rechtsstreitigkeiten, die sich nach der Zivilprozessordnung richten (vgl. Senat, a.a.O.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Februar 2019 - II-3 WF 134/18 -, juris, Rdnr. 11; Beschluss vom 17. Juli 2013 - II-8 WF 118/13 -, juris, Rdnr. 2; OLG Hamm, FamRZ 2008, 420).
Dies folgt zum einen daraus, dass den Beteiligten teilweise nicht die volle Dispositionsbefugnis über den Verfahrensgegenstand zusteht und sie eine rechtlich verbindliche Regelung nicht ohne eine gerichtliche Entscheidung oder zumindest eine gerichtliche Bestätigung treffen können. Zum anderen ergeben sich Einschränkungen des genannten Grundsatzes auch daraus, dass die Anträge der Beteiligten in diesen Verfahren das Gericht nicht ohne Weiteres binden können, das den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen ermitteln muss und sodann eine Entscheidung zu treffen hat, die zwar die Interessen der Kindeseltern als Verfahrensbeteiligte berücksichtigt, jedoch in erster Linie dem Kindeswohl verpflichtet ist (vgl. zu allem Vorstehenden Senat, a.a.O.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Februar 2019 - II-3 WF 134/18 -, juris, Rdnr. 12; OLG Hamm, FamRZ 2008, 420).
Eine hinreichende Aussicht auf Erfolg für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe (76 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO) ist in einem vom Amtsermittlungsgrundsatz (§ 26 FamFG) beherrschten Sorgerechtsverfahren deshalb bereits dann gegeben, wenn das mit der Sache befasste Gericht auf Grund des eingeleiteten Verfahrens den Sachverhalt zu ermitteln hat, gegebenenfalls eine Regelung treffen muss und sich nicht darauf beschränken kann, dem Begehren des bedürftigen Beteiligten ohne Weiteres, also ohne jede Ermittlung und ohne jede Anhörung der Beteiligten, den Erfolg zu versagen (vgl. Senat, a.a.O.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Februar 2019 - II-3 WF 134/18 -, juris, Rdnr. 12; Beschluss vom 17. Juli 2013 - II-8 WF 118/13 -, juris, Rdnr. 3; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 27. Juli 2018 - 4 WF 98/18 -, juris, Rdnr. 3; OLG Hamm, Beschluss vom 16. August 2016 - II-2 WF 46/16 -, juris, Rdnr. 10; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 15. Dezember 2011 - 9 WF 113/11 -, juris, Rdnr. 2; OLG Karlsruhe, FamRZ 2011, 1528, 1528, m.w.N.; BeckOK Hahne/Schlögel/Schlünder-Weber, FamFG, 43. Edition, Stand: 1. Juli 2022, § 76, Rdnr. 3a; Prütting/Helms-Dürbeck, FamFG, 5. Aufl. 2020, § 76, Rdnr. 22; Groß-Groß, Beratungshilfe/Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe, 14. Aufl. 2018, § 76 FamFG, Rdnr. 13, m.w.N.).
So liegt der Fall hier indes gerade nicht. Denn die Beschwerde der Kindesmutter wird nach dem aktuellen Verfahrensstand voraussichtlich ohne Weiteres - also ohne dass es auf eine weitergehende Sachverhaltsermittlung und eine weitere Anhörung der Beteiligten in entscheidungserheblichem Maße ankommt - zurückzuweisen sein.
Dass der Senat nach §§ 159 Abs. 1, 160 Abs. 1 Satz 2, 68 Abs. 5 Nr. 1 und Nr. 3 FamFG sowohl [...] als auch deren Eltern persönlich wird anhören müssen, ändert daran nichts. Denn von diesen Anhörungen sind in Anbetracht des aktuellen Verfahrensstands keine neuen Erkenntnisse zu erwarten (vgl. insoweit auch Volke/Kriewald, FamRB 2021, 436, 440). Dass die entsprechenden Verfahrenshandlungen dennoch (l...