Entscheidungsstichwort (Thema)
Reisekosten eines auswärtigen PKH-Anwalts
Leitsatz (amtlich)
Ordnet das Prozessgericht der bedürftigen Partei ohne einschränkenden Zusatz einen auswärtigen Rechtsanwalt bei, sind dessen Reisekosten von der Staatskasse zu erstatten.
Normenkette
BRAGO §§ 28, 126; ZPO § 121 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 2 O 22/00) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Vertreters der Landeskasse gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Koblenz vom 13.6.2001 wird zurückgewiesen.
2. Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Das LG Koblenz hatte dem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt und einen Rechtsanwalt mit Kanzleisitz in Frankfurt/Main beigeordnet.
Dessen Antrag auf Erstattung von Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld (Reise zum Gerichtstermin nach Koblenz und zurück) hat die Rechtspflegerin abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, nach § 126 BRAGO seien solche Kosten nicht von der Staatskasse zu tragen.
Die dagegen erhobene Erinnerung des Prozessbevollmächtigten hatte Erfolg. Durch die nunmehr angefochtene Entscheidung vom 13.6.2001 hat das LG die Fahrtkosten und das Abwesenheitsgeld zuzüglich Mehrwertsteuer antragsgemäß zur Auszahlung durch die Staatskasse festgesetzt. Der beigeordnete Anwalt sei weder bei dem Prozessgericht noch bei einem Gericht zugelassen, das sich an demselben Orte wie das Prozessgericht befinde (§ 126 Abs. 1 S. 2 – letzter Halbsatz – BRAGO).
Dagegen wendet sich der Vertreter der Landeskasse ohne Erfolg.
Sein Einwand, im PKH – Beschl. v. 20.12.2000 (Blatt 20 GA) sei nicht bestimmt, dass die durch Beiordnung des auswärtigen Anwaltes entstehenden Mehrkosten von der Staatskasse erstattet werden müssten, ist nicht stichhaltig.
Richtig ist allerdings, dass der Frankfurter Anwalt nur mit der Maßgabe hätte beigeordnet werden dürfen, dass „dadurch weitere Kosten nicht entstehen” (§ 121 Abs. 3 ZPO). Einen solchen einschränkenden Zusatz enthält der PKH-Beschluss nicht. Der Senat teilt die in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretene Auffassung nicht, im Anwaltsprozess verstehe sich diese Einschränkung auch ohne ausdrücklichen Ausspruch von selbst (vgl. OLG Brandenburg, Rpfleger 2000, 279 f. m.w.N.).
Der Inhalt gerichtlicher Entscheidungen ergibt sich aus dem tatsächlich Verlautbarten. Danach ist hier der Frankfurter Rechtsanwalt ohne jede Einschränkung beigeordnet worden. Sähe man das anderes, könnte jede gerichtliche Fehlentscheidung durch „Auslegung” in ihr Gegenteil verkehrt werden. Denn jeder Richter will gesetzeskonform entscheiden. Trifft er gleichwohl eine davon abweichende Entscheidung, ist sie nicht deshalb unwirksam oder unbeachtlich, weil nach den maßgeblichen Vorschriften anders hätte entschieden werden müssen.
Der Senat kann dem Brandenburgischen OLG auch nicht darin folgen, dem antragstellenden Anwalt sei klar, dass er wegen der gesetzlichen Regelung in §§ 121 Abs. 3 ZPO, 126 Abs. 1 S. 2 – erster Halbsatz – BRAGO Fahrtkosten nie aus der Staatskasse erstattet bekomme.
Dem wirtschaftlich denkenden auswärtigen Anwalt wird es im Gegenteil darauf ankommen, sämtliche Geschäftskosten, mithin auch die Fahrtkosten und das Abwesenheitsgeld erstattet zu bekommen. Da es dafür in §§ 126 Abs. 1 S. 2 – zweiter Halbsatz – auch eine Rechtsgrundlage gibt, kann der einschränkungslos beigeordnete auswärtige PKH – Anwalt die gerichtliche Entscheidung nur dahin verstehen, dass ihm seine Reisekosten nach der genannten Bestimmung aus der Staatskasse erstattet werden.
Das LG hat demnach richtig entschieden. Einem gerichtlichen Fehler (Verstoß gegen § 121 Abs. 3 ZPO) sollte kein zweiter hinzugefügt werden.
Der vom Rechtspfleger ergänzend bemühten Entscheidung des OLG Celle (OLG Celle JurBüro 2000, 480 = FamRZ 2000, 1387) liegt ein anderer Sachverhalt zugrunde. Auch das hat das LG richtig erkannt (vgl. zum Strafverfahren neuerdings auch BVerfG Rpfleger 2001, 198 m.w.N).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 Abs. 5 BRAGO.
Dr. Menzel Weller Darscheid
Fundstellen
Haufe-Index 1107626 |
FamRZ 2002, 892 |
NJW-RR 2002, 420 |
JurBüro 2002, 84 |
MDR 2002, 175 |
AGS 2002, 67 |
KammerForum 2002, 189 |