Leitsatz (amtlich)
Zum Verhältnis von § 18 Abs. 2, 3 VersAusglG und § 19 VersAusglG.
Ein noch nicht unverfallbares Anrecht mit geringem Ausgleichswert ist bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen im Versorgungsausgleichsverfahren bei der Scheidung nicht auszugleichen; es hat kein Verweis auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich stattzufinden. Das gilt auch dann, wenn die exakte Höhe des Anrechts - mangels Ausgleichsreife - noch nicht abschließend bestimmt werden kann, ein deutliches Unterschreiten der Geringfügigkeitsschwelle des § 18 Abs. 3 VersAusglG jedoch feststeht (Anschluss an: OLG Koblenz FamRZ 2015, 1504).
Normenkette
VersAusglG § 18 Abs. 2-3, § 19
Verfahrensgang
AG Bad Sobernheim (Aktenzeichen 22 F 88/23) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Zusatzversorgungskasse des B. wird der Scheidungsverbundbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bad Sobernheim vom 02.11.2023 unter Ziffer 2. (Versorgungsausgleich) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung R. (Vers. Nr. ...) zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 4,8394 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto ... bei der Deutschen Rentenversicherung B., bezogen auf den 31. 03. 2023, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung R. (Vers. Nr. ...) zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 0,1323 Entgeltpunkten (Grundrentenzuschlag) auf das vorhandene Konto ... bei der Deutschen Rentenversicherung B., bezogen auf den 31. 03. 2023, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung B. (Vers. Nr. ...) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 9,8711 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto ... bei der Deutschen Rentenversicherung R., bezogen auf den 31. 03. 2023, übertragen.
Ein Ausgleich des Anrechts des Antragsgegners bei der S. Zusatzversorgungskasse des B. (Vers. Nr. ...) findet nicht statt.
2. Die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren tragen die beteiligten Ehegatten je zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.350,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Mit dem angefochtenen Scheidungsverbundbeschluss vom 02.11.2023 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Bad Sobernheim auf den am 01.04.2023 zugestellten Scheidungsantrag die am ... geschlossene Ehe der beteiligten Ehegatten geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt.
Neben den wechselseitigen Anrechten der Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung wurde auch eine Anwartschaft in der Zusatzversorgungskasse des B. erworben. Dieses Anrecht ist derzeit noch nicht unverfallbar. Der korrespondierende Kapitalwert der ehezeitlichen Anwartschaft beläuft sich auf 2.003,71 EUR. Nach Abzug der Teilungskosten in Höhe von 40,07 EUR ergibt sich ein Ausgleichswert von 981,82 EUR. Auf die Auskunft vom 13.07.2023 (Bl. 45 ff VA) wird Bezug genommen.
Die S. Zusatzversorgungskasse des B. hat gegen den ihr am 16.11.2023 zugestellten Beschluss bezüglich des ihr bestehenden Anrechts am 27.11.2023 Beschwerde eingelegt. Sie macht darin geltend, dass das bei ihr bestehende Anrecht nach § 18 Abs. 2 VersAusglG wegen Geringfügigkeit nicht auszugleichen sei.
Die übrigen Beteiligten sind der Beschwerde nicht entgegengetreten.
II. Die nach §§ 58 ff, 117, 228 FamFG statthafte und zulässige Beschwerde der Zusatzversorgungskasse des B. ist begründet.
Eine nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechende Durchführung des Versorgungsausgleichs verletzt, soweit ein bei ihm bestehendes Versorgungsanrecht betroffen ist, den Versorgungsträger stets in eigenen Rechten (§ 59 Abs. 1 FamFG). Für die Beschwerdebefugnis eines Versorgungsträgers ist sein rechtliches Interesse an einer dem Gesetz entsprechenden Regelung des Versorgungsausgleichs maßgeblich; nicht entscheidend ist, ob die im Streit stehende Anwartschaft vom Gericht zu hoch oder zu gering bemessen worden ist (BGH FamRZ 2012, 851 m. w. Nachw.; BGH FamRZ 2013, 207). Eine Mindestbeschwer ist nach § 228 FamFG nicht erforderlich.
Der Senat entscheidet über die Beschwerde nach § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG ohne mündliche Anhörung, da zusätzliche Erkenntnisse hiervon nicht zu erwarten sind. Die Beteiligten haben sich mit der beabsichtigten Entscheidung im schriftlichen Verfahren ausdrücklich einverstanden erklärt.
Das bei der Beschwerdeführerin bestehende Anrecht ist nach § 18 Abs. 2 VersAusglG nicht auszugleichen, da es sich dabei um ein einzelnes Anrecht mit einem geringen Ausgleichswert handelt.
Nach der Legaldefinition in § 18 Abs. 3 VersAusglG ist ein Ausgleichswert nach § 18 Abs. 2 VersAusglG gering, wenn er am Ende der Ehezeit bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße höchstens 1 Prozent, in allen anderen Fällen als Kapitalwert höchstens 120 Prozent der monatlichen Bezugsgröße nach § 18...