Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlegungs- und Beweislast bei MRSA - Infektion eines Diabetikers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist nicht gesichert, dass eine MRSA - Infektion ihren Ursprung in einem vom Krankenhaus hygienisch voll beherrschbaren Bereich hatte und bei Einhaltung der Hygieneerfordernisse vermeidbar gewesen wäre, greift zu Gunsten des Patienten keine Beweiserleichterung.

2. Auch die Behauptung, auf erste Anzeichen der Infektion sei eine unverzügliche zielführende Befunderhebung unterblieben, bewirkt keine Beweislastumkehr zu Lasten der Behandlungsseite, wenn ein positives Ergebnis der unterbliebenen Befundung nicht hinreichend wahrscheinlich ist.

 

Normenkette

BGB §§ 249, 253, 276, 278, 280, 611, 823; ZPO § 286

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Urteil vom 08.05.2014; Aktenzeichen 2 O 245/12)

 

Tenor

Die Berufung (Streitwert: 29.000 EUR) des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Mainz vom 08.05.2014 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Dieses Urteil und der hiesige Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die gegen ihn gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht von der Gegenseite Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags gestellt wird.

 

Gründe

Die Entscheidung ergeht gemäß §§ 522 Abs. 2, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Ihre sachlichen Grundlagen ergeben sich aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils, dem Senatsbeschluss vom 14.07.2014 und ergänzend aus dem Inhalt der Gerichtsakten im Übrigen. In dem vorgenannten Beschluss sind die maßgeblichen Erwägungen wie folgt niedergelegt worden:

"" 1. Der Kläger stellte sich am 28.01.2010 mit Hautveränderungen am rechten Fuß im Krankenhaus der Beklagten vor. Dort diagnostizierte man ein diabetisches Syndrom mit nekrotischen Auswirkungen am zweiten Zeh und verordnete eine Antibiose. Tags darauf wurde der Kläger stationär aufgenommen. Am 9.02.2010 kam es zur Amputation des betroffenen Zehs. Der Krankenhausaufenthalt dauerte bis zum 24.02.2010.

Wegen starker Schmerzen im rechten Fuß erfolgte am 2.03.2010 eine erneute stationäre Unterbringung bei der Beklagten. Man machte nunmehr mikrobiologische Abstriche. Deren Auswertung ergab einen Befall mit MRSA, dem man antibiotisch zu begegnen versuchte.

Am 8.04.2010 wurde der Kläger wegen einer anstehenden Bypassoperation in ein anderes Krankenhaus verlegt. Dort ergab sich die Notwendigkeit, den ersten und den dritten Zeh des rechten Fußes zu entfernen.

Für diese Entwicklung hat der Klägerin die Beklagte verantwortlich gemacht. Er hat ihr die Missachtung von Hygienestandards vorgeworfen. In der Folge sei er während seines ersten stationären Aufenthalts mit MRSA infiziert worden. Dies sei dann fehlerhaft übersehen worden, weil man seinerzeit pflichtwidrig keine mikrobiologischen Abstriche gemacht habe. Aufgrund der MRSA-Infektion sei die erweiterte Zehenamputation erforderlich geworden. In deren Folge bedürfe es einer anhaltenden Wundversorgung und Schmerzmitteleinnahme. Vor diesem Hintergrund hat der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines mit mindestens 25.000 EUR zu bezifferndes Schmerzensgelds und zum Ausgleich vorgerichtlicher Anwaltskosten beantragt sowie die Feststellung deren weiter gehender Haftung begehrt.

Dieses Verlangen hat das LG nach der Erhebung von Sachverständigenbeweis abgewiesen. Aus seiner Sicht ist der Beklagten weder ein Behandlungsfehler noch ein Befunderhebungsfehler anzulasten. Außerdem lasse sich nicht feststellen, dass die Infektion des Klägers ihren Ursprung im Krankenhaus der Beklagten genommen habe oder durch die vom Kläger angemahnte Diagnostik hätte erkannt werden können.

Dagegen wendet sich der Kläger in Erneuerung seiner erstinstanzlichen Anträge mit der Berufung. Er erachtet den Verzicht der Beklagten auf einen mikrobiologischen Abstrich während seines ersten Krankenhausaufenthalts für ein gravierendes Versäumnis, das zu seinen Gunsten zu einer Beweislastumkehr führe.

2. Damit vermag der Kläger nicht durchzudringen. Die angefochtene Entscheidung hat Bestand.

a) Eine Verletzung von Hygienestandards durch die Beklagte hat der vom LG befragte Sachverständige Prof. Dr. K. verneint. Der Kläger hat auch insoweit nichts Konkretes aufzuzeigen vermocht. Erleichterungen in der Darlegung und Beweisführung kommen ihm nicht zugute. Dafür wäre nur Raum, wenn gesichert wäre, dass die MRSA-Infektion ihren Ursprung in einem von der Beklagten hygienisch voll beherrschbaren Bereich gehabt hätte und bei Einhaltung der Hygieneerfordernisse vermeidbar gewesen wäre (BGH AHRS 6578/304). Eben das ist jedoch nicht zu erkennen. Wie Prof. Dr K. ausgeführt hat, kann der Befall ohne Weiteres außerhalb des Krankenhauses stattgefunden haben.

b) Auch der vom Kläger erhobene Vorwurf eines Befunderhebungsfehlers deshalb, weil während des ersten stationären Aufenthalts ein mikrobiologischer Abstrich unterblieb, trägt nicht. Prof. Dr. K. hat im Hinblick auf die eingeleitete Antibiose, die rüc...

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