Leitsatz (amtlich)
1. Hat der Schuldner im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren eine Forderung bestritten, so kann der Gläubiger Klage auf Feststellung der Forderung gegen den Schuldner erheben. Die Feststellungsklage kann auch bei einem allein auf den Rechtsgrund der vorsätzlichen unerlaubten Handlung beschränkten Widerspruch erfolgen (in Anknüpfung an OLG Koblenz, Urt. v. 15.11.2007 - 6 U 537/07 - NZI 2008, 117 ff.)
2. Liegt eine Tathandlung i.S.d. § 263 StGB vor, ist für eine gleichzeitige Anwendung des § 266a Abs. 1 StGB kein Raum, wenn lediglich derjenige Teil des Arbeitnehmeranteils vorenthalten wird, der schon aufgrund der Täuschungshandlung zu niedrig bestimmt ist. Da der Betrug sich als die wegen ihrer erweiterten Qualifizierungstatbestände schärfere Strafnorm darstellt, tritt § 266a Abs. 1 StGB insoweit zurück. Eine Strafbarkeit nach § 266a Abs. 1 StGB kommt dann in Betracht, wenn zwar die jeweiligen Arbeitnehmer zutreffend gemeldet, aber die einzelnen Beiträge nicht oder zumindest nicht vollständig abgeführt wurden.
3. Der geschäftsführungsbefugte und vertretungsberechtigte Gesellschafter einer GbR bzw. OHG kann sich seiner Pflicht, für die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge zu sorgen, nicht durch Delegation auf andere Personen gänzlich entledigen. Es bestehen stets Überwachungs- und Einschreitungspflichten, insbesondere wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Erfüllung der der Gesellschaft obliegenden Aufgaben durch die mit diesen Aufgaben betraute Personen nicht mehr gewährleistet wird.
Normenkette
InsO §§ 184, 177, 178 Abs. 1, § 201 Abs. 2; SGB IV § 28a; BGB § 823 Abs. 2 i.V.m. § 263 StGB; StGB § 266a Abs. 1-2
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 22.01.2009; Aktenzeichen 1 O 84/08) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten zu 2) gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des LG Koblenz - Einzelrichterin - vom 22.1.2009 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte zu 2) hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Gründe
Die Berufung ist nicht begründet.
Der Senat hat gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO mit Hinweisverfügung des (stellvertretenden) Vorsitzenden (GA 194 RS) vom 27.1.2010 und nochmals mit Hinweisverfügung des Vorsitzenden vom 31.3.2010 (GA 226) darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Die Berufung ist durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückweisen, wenn die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern. Die Erfolgsaussichten der Berufung sind verneint worden. Der Senat hat in seinem die Gewährung von Prozesskostenhilfe verweigernden Beschluss vom 20.1.2010 die Gründe für die fehlende Erfolgsaussicht der Berufung des Beklagten zu 2) dargelegt (GA 195 ff.). Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Senatsbeschluss vom 20.1.2010 (GA 195 ff.) Bezug. Der Senat hat ferner durch Beschluss vom 22.2.2010 (GA 220 ff.) die Gegenvorstellung des Beklagten zu 2) zurückgewiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 22.2.2010 (GA 220 ff.) verwiesen. Im Einzelnen:
I. Die Klägerin ist gesetzlicher Krankenversicherungsträger gem. §§ 29 SGB IV, 143 SGB V und Einzugsstelle für die Gesamtsozialversicherungsbeiträge der bei ihr versicherten Arbeitnehmer.
Die Beklagten sind Eheleute und waren Gesellschafter der Firma E. und W. P. GbR. Zudem war der Beklagte zu 2) Komplementär der S. & Co. Transport OHG. Im Jahre 1999 gerieten die Firmen in erhebliche Liquiditätsprobleme.
Bei dem Versuch, die Unternehmen zu retten, stellte die Volksbank K. dem Beklagten zu 2) den erheblich im Bereich der Vermögensdelikte strafrechtlich in Erscheinung getretenen Zeugen S, als professionellen Firmensanierer vor. Ab der Jahresmitte 2000 fand sich der Zeuge S. mindestens zweimal wöchentlich im Firmensitz der Gesellschaften ein. Er fertigte im Auftrag der Volksbank verschiedene Gutachten, führte z.B. Mietverhandlungen, prüfte die Frachtauslastung und riet dazu, statt Fahrzeuge zu leasen, eine Langzeitmiete vorzunehmen. Zum Jahresende 2000 begann der Zeuge S. Personal einzustellen. Eignungsgespräche führte dabei der Beklagte zu 2), kaufmännische Angelegenheiten wurden von Beginn an und ausschließlich von Herrn S. erledigt. Im August 2001 führte der Zeuge S. schließlich GbR und OHG durch einen Gesellschaftsvertrag zusammen.
Während die Beklagte zu 1) in diesem Zusammenhang als Gesellschafterin ausschied, installierte sich der Zeuge S. als stiller Gesellschafter und gab sich als Justiziar der Gesellschaft aus; weitere Mitarbeiter wurden eingestellt.
Die Lohnabrechnung der bei den Gesellschaften beschäftigten Mitarbeiter gestaltete sich hierbei dergestalt, dass der Zeuge S. sich jeweils zur Monatsmitte an den Beklagten zu 2) wandte und diesem mitteilte, welche Auszahlungssumme er benötige. Diese Summe wurde dann von beiden Herren gemeinsam bei der Volksbank Koblenz in bar abgeholt, ...