Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein gutgläubiger Eigentumserwerb an einem gestohlenen Kfz. bei Vorlage eines scheinbar echten Fahrzeugbriefs aber sonstigen Auffälligkeiten
Leitsatz (amtlich)
1. Ein gutgläubiger Eigentumserwerb kann ausscheiden, wenn der Verkäufer das veräußerte Fahrzeug unterschlagen hat und sich unter Vorweisen des scheinbar zum Fahrzeug gehörenden Kraftfahrzeugbriefs als der darin bezeichnete Eigentümer ausgibt.
2. Wird ein gestohlenes Wohnmobil im Internet unter Angabe einer Handynummer zum Verkauf angeboten, reicht die Aushändigung eines scheinbar echten Fahrzeugbriefs nicht aus, um Gutgläubigkeit des Erwerbers zu begründen, wenn daneben zahlreiche Indizien darauf deuten, dass der Verkäufer nicht der Eigentümer ist (hier: fehlende Papiere und Schlüssel; Barzahlung eines hohen Betrages auf einem Parkplatz; eklatante Rechtschreibschwäche eines angeblichen Polizisten).
Normenkette
BGB §§ 164, 929, 932, 952, 985; StVZO § 25; StGB §§ 263, 246
Verfahrensgang
LG Bad Kreuznach (Urteil vom 25.06.2010; Aktenzeichen 2 O 335/09) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird die Beklagte unter Änderung des Urteils der 2. Zivilkammer des LG Bad Kreuznach vom 25.6.2010 verurteilt, an den Kläger das Wohnmobil Ford Rimor mit der Fahrzeugidentifizierungsnummer WFO7XXTTF77C70030 herauszugeben.
Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Beklagten zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten ist nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 37.000 EUR abzuwenden, wenn nicht der Kläger Sicherheit in entsprechender Höhe stellt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger vermietete im Rahmen seines Gewerbes am 24.3.2009 ein ihm gehörendes Wohnmobil an eine Frau, die einen auf den Namen Sch, lautenden Personalausweis vorlegte. Wenig später wurde das Fahrzeug, das nach dem Vorbringen des Klägers mindestens 31.000 EUR wert war, im Internet unter Angabe einer Handy-Nummer für 24.500 EUR zum Verkauf angeboten.
Die Beklagte nahm am 1.4.2009 mit dem Anbieter telefonischen Kontakt auf und besichtigte den Wagen am folgenden Abend gemeinsam mit ihrem Ehemann auf einem Moselparkplatz, auf dem weitere Wohnmobile standen. Bei einem zweiten Treffen, das am 3.4.2009 gegen 19.00 Uhr auf einem anderen, nahe gelegenen Parkplatz stattfand, schloss die Beklagte einen schriftlichen Kaufvertrag mit dem Anbieter. Dieser trat dabei, wie bereits zuvor unter dem Namen des Klägers auf. Er hatte mitgeteilt, Polizeibeamter zu sein. Der Kaufpreis wurde mit 24.000 EUR vereinbart. Die Beklagte entrichtete ihn in bar. Sie erhielt einen Satz von Schlüsseln, mit denen sich die Zündung betätigen sowie die Toilette und das Fahrrad-Depot öffnen ließen. Der für den Safe bestimmte Schlüssel passte nicht. Außerdem händigte der Verkäufer eine Zulassungsbescheinigung II (Kfz-Brief) aus, unter deren Vorlage die Beklagte das Fahrzeug dann auf sich ummeldete. Später stellte sich heraus, dass diese Bescheinigung gefälscht war.
Der Kläger hat die Beklagte unter Hinweis auf seine Eigentümerstellung auf Herausgabe des Wohnmobils in Anspruch genommen. Die Beklagte hat gutgläubigen Erwerb eingewandt. Diese Rechtsverteidigung hat das LG für stichhaltig erachtet und das Verlangen des Klägers abgewiesen. Aus seiner Sicht schien der Verkäufer durch die Schlüssel und die Zulassungsbescheinigung II hinlänglich legitimiert.
Dagegen wendet sich der Kläger in Erneuerung seines Begehrens mit der Berufung. Er meint, dass die Beklagte, getrieben von der Vorstellung, ein weit unter dem Marktwert angebotenes Fahrzeug erwerben zu können, außerordentlich unkritisch gehandelt habe. Die ihr übergebenen Schlüssel seien ersichtlich unvollständig gewesen und übliche Dokumente wie die Zulassungsbescheinigung I (Kfz-Schein), das Bordhandbuch und das Wartungsheft hätten überhaupt gefehlt.
II. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zum Zuspruch der Klage. Entgegen der Auffassung des LG hat der Kläger das Eigentum an dem streitigen Fahrzeug nicht an die Beklagte verloren, so dass ihm ein in § 985 BGB begründeter Herausgabeanspruch zusteht.
1. Die erstinstanzliche Entscheidung begegnet bereits in ihrem rechtlichen Ansatz, einen Eigentumserwerb der Beklagten aus § 932 BGB herzuleiten, gewichtigen Zweifeln. Die Vorschrift des § 932 BGB regelt die Veräußerung durch einen Nichtberechtigten. Sie hat die Situation im Auge, in der ein Nichtberechtigter vortäuscht, Eigentümer einer Sache zu sein, und aus dieser Sellung heraus verfügt. Davon weicht der vorliegende Fall ab. Allerdings war der Verkäufer des Wohnmobils nicht zur Eigentumsübertragung befugt, so dass er als Nichtberechtigter handelte. Aber er tat das unter dem Namen des Klägers, indem er vorgab, Bernd W. zu heißen und damit diejenige Person zu sein, auf die die Zulassungsbescheinigung II ausgestellt war. Das gibt dem Fall ein besonderes Gepräge:
Freilich ist die Benutzung eines fremden Namens belanglos, wenn dem Geschäftsgegner der Name gleichgültig ist und es ...