Entscheidungsstichwort (Thema)

Bürgschaft: Anspruch aus einer Vertragserfüllungsbürgschaft; Wirksamkeit der Kündigung eines Bauvertrages

 

Normenkette

BGB §§ 307, 768, 770 Abs. 2, § 771; HGB § 349; VOB/B § 5 Abs. 4, § 8 Abs. 2 Nrn. 1-2; ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 4; InsO §§ 103, 119

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 01.02.2013; Aktenzeichen 8 O 49/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Koblenz vom 1.2.2013 wie folgt abgeändert:

Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

Zur Entscheidung über die Höhe des Anspruchs und über die Kosten der Berufung wird die Sache an das LG Koblenz zurückverwiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Mit ihrer Klage macht die Klägerin gegen die Beklagte Zahlungsansprüche aus einer der Klägerin von der Rechtsvorgängerin der Beklagten überlassenen Vertragserfüllungsbürgschaft geltend. Mit Bauvertrag vom 28.02./8.5.2006 erteilte die Klägerin der Firma ... [A] Ingenieurbau GmbH den Auftrag zur Herstellung einer Wanne und EÜ-Überführung im Bereich der Bundesstraße 9 ... [Z]. Mit Schreiben vom 14.3.2006 stellte die Firma ... [A] Ingenieurbau GmbH der Klägerin gemäß den vertraglichen Abmachungen eine Bürgschaft der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der ... [B], Garantie, zur Verfügung. In der Bürgschaftsurkunde vom 10.3.2006 heißt es u.a.:

"... übernimmt hiermit für den Auftragnehmer die selbstschuldnerische Bürgschaft nach deutschem Recht und verpflichtet sich, jeden Betrag bis zu einer Gesamthöhe von 155.600 EUR an den Auftraggeber zu zahlen. Auf die Einreden der Anfechtung und der Aufrechnung sowie der Vorausklage gem. §§ 770, 771 BGB wird verzichtet." Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die in der Gerichtsakte befindliche Bürgschaftsurkunde (Anlage K 2) Bezug genommen. Während der Baumaßnahme meldete die ... [A] Ingenieurbau GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin genannt) Insolvenz an. Die ihr gemäß dem Bauvertrag vom 28.02./8.5.2006 obliegenden Werkleistungen hatte sie zu diesem Zeitpunkt erst teilweise erbracht. Nachdem der vorläufige Insolvenzverwalter die Absicht erklärt hatte, die noch ausstehenden Arbeiten der Insolvenzschuldnerin fertigzustellen, erfolge eine Fertigstellung in der Folgezeit nicht. Nachdem daraufhin die Klägerin die Kündigung des Bauvertrages vom 28.02./8.5.2006 erklärte, wurden die noch offenstehenden Leistungen der Insolvenzschuldnerin von der Firma ... [C] fertiggestellt. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Erstattung von behaupteten Mehrkosten, die durch die Beauftragung der Firma ... [C] entstanden sein sollen. Weiterhin begehrt sie den Ersatz von behaupteten Mängelbeseitigungskosten, so u.a. im Zusammenhang mit einer fehlerhaften Herstellung des beauftragten Radtroges.

Die Parteien streiten insbesondere darüber, ob die Bürgschaft vom 10.3.2006 wirksam erteilt worden ist.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 119.535,86 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.11.2011 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Mit seinem am 1.2.2013 verkündeten Urteil hat das LG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die der Bürgschaft zugrunde liegende Sicherungsabrede zwischen der Klägerin und der Beklagten unwirksam sei. Es läge eine unangemessene Benachteiligung der Insolvenzschuldnerin und damit auch der Beklagten vor. Eine geltungserhaltende Auslegung der Bürgschaftsurkunde sei nicht möglich.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin.

Die Klägerin beantragt, unter teilweiser Abänderung des Urteils der 8. Zivilkammer des LG Koblenz vom 1.2.2013 - 8 O 49/12 - die Beklagte zu verurteilen, an sie 119.535,86 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.11.2011 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen und die Revision zuzulassen. Beide Parteien beantragen den Erlass eines Grundurteils und wegen der Höhe des Anspruchs die Sache an das LG zurückzuverweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Urkunden und auf das angefochtene Urteil verwiesen.

II. Die Berufung der Klägerin hat insoweit Erfolg, als ihr aus der Bürgschaft vom 10.3.2006 dem Grunde nach ein Anspruch gegen die Beklagte zusteht.

Anders als das LG geht der Senat von der Wirksamkeit der streitgegenständlichen Vertragserfüllungsbürgschaft vom 10.3.2006 aus. Nach der Überzeugung des Senats ist das Vertragsverhältnis der Parteien von der Klägerin gem. § 8 Abs. 2 VOB/B wirksam gekündigt worden. Weiter besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit (s. insoweit Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 538 Rz. 45), dass der Klägerin im nachfolgenden Betragsverfahren die geltend gemachten Mehrkosten bzw. Mängelbeseitigungskosten zumindest teilweise zuerkannt werden. Da schließlich der Streit über den Betrag des Anspruchs nicht zur Entscheidung reif ist, vielmehr die Durchführung einer umfangreichen Beweisa...

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